Rezeptur
Praxiswissen
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Richtig wiegen: Tipps für die Rezepturherstellung

PTA wiegt Creme-Grundlage mit Spatel auf der Waage in eine Spenderkruke ab
Bei der Herstellung von Arzneimitteln in der Apotheke kommt dem richtigen Umgang mit der Waage eine ganz besondere Bedeutung zu. | Bild: Schelbert / PTAheute

Bei der Herstellung von Arzneimitteln in der Apotheke kommt dem richtigen Umgang mit der Waage eine ganz besondere Bedeutung zu. Nur durch eine hohe Genauigkeit bei der Einwaage von Wirk- und Hilfsstoffen können Unter- und Überdosierungen in der fertigen Zubereitung vermieden werden. 

Um verlässliche Wägeergebnisse zu erzielen, müssen beim Wiegen sowie im Vorfeld einige Punkte beachtet werden. 

Auswahl der richtigen Waage

Zunächst ist bei der Herstellung von Arzneimitteln die Auswahl der richtigen Waage entscheidend. Wägungen sollten, wenn technisch möglich, auf 1,0 % genau erfolgen. Dies gilt insbesondere für Wirkstoffe und funktionelle Hilfsstoffe wie Konservierungsmittel. 

Niedrig dosierte Arzneistoffe sollen daher grundsätzlich auf der Analysenwaage (Feinwaage) und nicht auf der Rezepturwaage (Präzisionswaage) abgewogen werden. Wirkstoffmengen unter 100 mg sollten nach Möglichkeit in Form eines Rezepturkonzentrats eingewogen werden, dadurch kann die Wägegenauigkeit erhöht werden.

Unterschied zwischen Mindestlast und Mindesteinwaage beachten

Um eine Einwaage korrekt durchführen zu können, müssen auch die Angaben auf dem Kennzeichnungsschild der Waage beachtet werden. Wichtig sind dabei vor allem die Höchstlast (Max.), die Mindestlast (Min.) sowie der Teilungswert (d). 

Die Höchstlast gibt die maximale Belastung der Waage an und darf nicht überschritten werden. Dabei belasten sowohl die abzuwiegenden Substanzen als auch das ausgewählte Gefäß die Waage. 

Hingegen sollte die Mindestlast mit der Einwaage jedes einzelnen Rezepturbestandteils überschritten werden. Dieser Wert lässt sich auch nicht durch eine Vorlast oder durch Drücken der Tara-Taste umgehen. Außerdem darf die Mindestlast nicht mit der Minimaleinwaage verwechselt werden. 

Unter der Minimaleinwaage oder Mindesteinwaage versteht man die kleinste Masse, mit der ein Stoff genau abgewogen werden kann. Bei einer erwünschten Genauigkeit von 1,0 % stellt die Mindesteinwaage dabei das 100-Fache des d-Wertes dar. Hat also eine Rezepturwaage einen Teilungswert von d = 0,1, dann beträgt die Minimaleinwaage darauf 10 g, für eine Feinwaage mit d = 0,001 g dagegen deutlich weniger, nämlich nur 0,1 g.

Rückwiegen der Wägeunterlage

Eine Waage misst im unteren Wägebereich genauer als im mittleren oder oberen Bereich. Um möglichst in diesem genaueren Bereich zu bleiben, sollten Wirkstoffe daher auf Wägeschälchen oder Kartenblättern und nicht auf schweren Glasgefäßen abgewogen werden. Diese höhere Belastung der Waage lässt sich auch nicht durch eine Betätigung der Tara-Taste aufheben. 

Nach Überführen des Wägeguts in den Rezepturansatz ist dabei ein erneutes Wiegen der Wägeunterlage sinnvoll. Der angezeigte Wert darf dabei nicht höher als 1,0 % der Wirkstoffmasse sein.

Vier-Augen-Prinzip beim Abwiegen vermeidet Fehler

Zur Vorbeugung von Flüchtigkeitsfehlern ist beim Abwiegen von Substanzen das Vier-Augen-Prinzip empfehlenswert: Die Richtigkeit der Einwaage wird dabei von einer zweiten Person überprüft. Dieses Über-die-Schulter-Schauen kann beispielsweise 

  • beim pharmazeutischen Personal in der Ausbildung, 
  • bei stark wirksamen Stoffen und 
  • bei der Einwaage von Wirkstoffen für pädiatrische Rezepturen sinnvoll sein. 

Die zweite Person kann dabei auch die nötigen Berechnungen, die verwendeten Substanzen und die Beachtung von Einwaagekorrekturfaktoren überprüfen.

Rezepturwaagen regelmäßig justieren, kalibrieren und eichen

Mithilfe der Justierung erfolgt die genaue Einstellung der Waage. Vor jeder Herstellung soll dabei zuerst die Bezugslage der Waage und ihr sicherer Stand mithilfe einer Nivelliereinrichtung („Libelle“) überprüft werden. Die Luftblase der Libelle muss hierfür in der Kreismitte stehen. Durch Drehen an den Stellfüßen an der Unterseite kann die Waage entsprechend ausgerichtet werden. 

Danach schließt sich die Justierung im eigentlichen Sinne an. Moderne elektronische Waagen besitzen ein Programm zur internen Justierung (iso-CAL-Funktion). Durch Drücken der entsprechenden Taste legt die Waage eigenständig Justiergewichte auf und korrigiert eventuelle Abweichungen automatisch. 

Unbedingt nötig ist eine Justierung immer dann, wenn sich die Umgebungsbedingungen der Waage verändert haben. In der Praxis bedeutet dies, dass eine Justierung bei einer Änderung der Raumtemperatur oder beim versehentlichen Verrutschen der Waage durchgeführt werden muss ansonsten mindestens einmal täglich

Weiterhin ist es sinnvoll, regelmäßig eine Kalibrierung durchzuführen. Dabei wird eine bekannte Prüfmasse auf die Waage aufgelegt und die durch die Justierung erreichte Genauigkeit überprüft. Wenn bei dieser Kontrolle eine unzulässig hohe Abweichung bemerkt wird, kann eine Neueinstellung der Waage durch einen Fachmann nötig sein. 

Ein Spezialfall der Kalibrierung ist die Eichung. Normalerweise müssen Waagen zur Herstellung von Arzneimitteln alle zwei Jahre geeicht werden. Ein Beauftragter des Eichamtes eicht dann mithilfe amtlicher Gewichtsstücke die Waage. 

Gut zu wissen: Richtiges Wiegen leicht gemacht

  • Analysenwaage und Rezepturwaage sollten für kurze Wege möglichst nebeneinander stehen.
  • Richtige Waage unter Beachtung der Mindesteinwaage auswählen.
  • Aufwärmzeiten beachten, Waage möglichst im Stand-by-Modus lassen.
  • Vor jeder Wägung überprüfen, ob die Luftblase der Nivelliereinrichtung („Libelle“) in der Kreismitte steht.
  • Zur automatischen Justierung die iso-CAL-Taste drücken und die Null-Anzeige im Display abwarten.
  • Möglichst kleine Wägegefäße verwenden und Substanzverluste durch Rückwiegen minimieren.
  • Das Wägegut möglichst mittig auf dem Wägeteller aufsetzen.
  • Um Luftströmungen zu verhindern, sollte die Gehäusetür der Feinwaage bei jeder Wägung geschlossen werden.

Welche verschiedenen Wägetechniken gibt es?

Elektronische Waagen bieten verschiedene Möglichkeiten zur Durchführung des Wägevorgangs an. In der Rezeptur wird häufig der Tara-Modus angewendet. Dieser Wägemodus wird auch Additionsmethode genannt. Jede Einwaage wird einzeln durchgeführt und die Endmasse des Ansatzes durch Addition ermittelt. Nach Aufstellen des Ansatzgefäßes wird die Tara-Taste gedrückt. Trotz Belastung durch das Gefäß befindet sich die Waage dadurch in Nullstellung. Nach jeder einzelnen Einwaage wird erneut die Tara-Taste gedrückt und die Einzelmassen werden angezeigt. 

Fehleinwaagen bei einzelnen Stoffen können in diesem Wägemodus leicht nachvollzogen werden. Aufgetretene Verluste durch Verdunstung können hingegen nicht erkannt werden. 

Beim Zuwaage-Modus wird ohne Betätigung der Tasten gearbeitet. Die Tara-Taste wird nur nach Aufstellen des Ansatzgefäßes auf die Waage gedrückt, anschließend nicht mehr. Die Einzelmassen addieren sich somit pro Wägeschritt und es wird jeweils die Summe aller Substanzen angezeigt. 

Beim Zuwaage-Modus kann daher die Endmasse einer Zubereitung überprüft und mögliche Verdunstungsverluste ausgeglichen werden. Eine einzelne Fehleinwaage kann aber durch den nächsten Wägeschritt verdeckt werden. 

Bei längeren Arbeiten wird oft der eher unbequeme Differenz-Modus benutzt. Dabei wird zunächst die Masse des Ansatzgefäßes bestimmt und notiert. Diese Masse muss nun immer vom Anzeigewert abgezogen werden. Mithilfe des Differenz-Modus kann eine unterbrochene Herstellung und die Ergänzung zur vorgegebenen Masse weitergeführt werden, auch wenn zwischenzeitlich die Waage für eine andere Herstellung benötigt wurde.

Gut zu wissen: Gewicht des Ansatzgefäßes notieren 

Grundsätzlich ist es empfehlenswert, das Gewicht des Ansatzgefäßes bei allen drei Wägetechniken zu bestimmen und zu notieren. Dann kann bei Verlust der eingestellten Tara die Zubereitung notfalls im Differenzmodus fertiggestellt werden.

So werden Ausgangsstoffe aus Vorratsgefäßen korrekt entnommen

Grundstoffe zur Arzneimittelherstellung werden aus ihren Verpackungen grundsätzlich nur mit sauberen, desinfizierten Geräten entnommen. Bei der Entnahme zeigt das Vorratsgefäß zur herstellenden Person, so können Verwechslungen leichter vermieden werden. 

Um die Substanzen nicht zu verunreinigen, dürfen einmal entnommene Bestandteile nicht wieder ins Standgefäß zurückgegeben werden. Flüssigkeiten werden möglichst aus dem Standgefäß in das Ansatzgefäß ausgegossen und nach der Entnahme der Ausgussrand sorgfältig gereinigt. 

Bei halbfesten Grundlagen sollen die verbleibenden Reste im Gefäß mit einem Salbenspatel glatt gestrichen werden, dadurch entsteht möglichst wenig Angriffsfläche für Sauerstoff und Keime. Quellen:
- Bergner A. Praxishilfe Rezeptur, Schritt-für-Schritt-Anleitungen für die Apotheke, 2. Auflage, Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 2021.
- DAC/NRF-Werk 2023/1, I.2.9. Wägen in der Apotheke
 

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