Titelbild: Schelbert / DAV
So werden Rezepturen mit Gefahrstoffen gekennzeichnet

Aus einer Apotheke erreichte uns dazu folgende Anfrage:
Wir stellen häufiger eine ethanolhaltige Erythromycin-Lösung 2 % (NRF 11.78.) her, der Ethanolgehalt liegt bei rund 50 % (V/V). Muss das Abgabegefäß mit einem Gefahrenpiktogramm und einem Signalwort gekennzeichnet werden?
Zunächst einmal gehört eine Ethanol-Wasser-Mischung 50 % (V/V) als Chemikalie zu den gefährlichen Gemischen und muss nach europäischer CLP-Verordnung (Classification, labelling and packaging of substances and mixtures) entsprechend gekennzeichnet werden. Es handelt sich um eine entzündbare Flüssigkeit der Gefahrenkategorie 2, zusätzlich besteht die Gefahr schwerer Augenreizungen.
Entsprechende Gefäße sind daher mit folgenden Gefahrenpiktogrammen zu versehen:

Zusätzlich sind das Signalwort „Gefahr“ und die beiden H-Sätze
- H 225 „Flüssigkeit und Dampf leicht entzündbar“ und
- H 319 „Verursacht schwere Augenreizungen“
aufzubringen. Als Sicherheitshinweis muss der P-Satz 210 „Von Hitze, heißen Oberflächen, offenen Flammen sowie anderen Zündquellen fernhalten. Nicht rauchen“ auf dem Etikett stehen.
Zur Erinnerung: Was sind H- und P-Sätze?
H-Sätze geben Hinweise über die gefährlichen Eigenschaften einer Verbindung oder eines Gemisches. Zusammen mit dem Gefahrenpiktogramm und dem Signalwort haben sie eine wichtige Warnfunktion für den Anwender.
Zu jedem H-Satz gehören bestimmte P-Sätze, die Hinweise für den sicheren Umgang mit dem Gefahrstoff geben.
Gelten diese Kennzeichnungsvorschriften auch für Rezepturen?
Gemäß der alten Apothekenbetriebsordnung mussten Rezepturarzneimittel mit bestimmten Gefahrstoffen mit einer Gefahrenkennzeichnung versehen werden. In der Praxis waren davon meist alkoholische Lösungen mit Ethanol oder 2-Propanol betroffen, die ab einer bestimmten Konzentration als leichtentzündlich galten.
Doch seit Inkrafttreten der neuen Apothekenbetriebsordnung im Sommer 2012, müssen in der Apotheke hergestellte Arzneimittel grundsätzlich nicht mehr als Gefahrstoffe gekennzeichnet werden. Es müssen also keine Gefahrenpiktogramme oder Signalwörter bei der Beschriftung berücksichtigt werden.
Hinweise auf Vorsichtsmaßnahmen bei Rezepturen
Bei der Etikettierung von Rezepturarzneimitteln mit bestimmten Gefahrstoffen sind allerdings nötige Hinweise auf besondere Vorsichtsmaßnahmen zu berücksichtigen.
Bei geprüften Rezepturvorschlägen aus dem Neuen Rezeptur-Formularium (NRF) können diese Angaben aus den Hinweisen zur Kennzeichnung übernommen und auch bei ähnlich zusammengesetzten Individualrezepturen eingesetzt werden.
In der folgenden Tabelle sind Vorsichtsmaßnahmen bei Rezepturen anhand ausgewählter Beispiele aufgeführtQuelle: DAC/NRF :
Rezeptur | Hinweise zu Vorsichtsmaßnahmen |
---|---|
Ethanolhaltige Zinkoxidschüttelmixtur (NRF 11.3.) | Brennbar! Von Zündquellen fernhalten! |
Salicylsäure-Aknespiritus 5 % (NRF 11.23.) | Brennbar! Von Zündquellen fernhalten! |
Kaliumpermanganat-Lösungskonzentrat 1 % (NRF 11.82.) | Nicht in Kontakt mit den Augen bringen! Vorsicht ätzend! |
Methoxsalen-Badekonzentrat 5 mg/ml (NRF 11.83.) | Brennbar! Von Zündquellen fernhalten! |
Trichloressigsäure-Lösung 35 % (NRF 11.133.) | Stark ätzend! Nur mit Schutzbrille anwenden! |
Auch Hinweise zur Entsorgung von Rezepturen möglich
Falls bei der Entsorgung der Zubereitung die Gefahr einer Verunreinigung der Umwelt besteht, werden zusätzlich Hinweise zur korrekten Entsorgung des Arzneimittels ergänzt. Ob es sich bei der zu verarbeitenden Substanz um einen umweltgefährdenden Stoff handelt, kann aus dem jeweiligen Sicherheitsdatenblatt entnommen werden.
Von den typischen Rezepturgrundstoffen gehört beispielsweise Zinkoxid zu den Stoffen, die die Umwelt schädigen. Ethanolische Lösungen gehören nicht dazu – entsprechende Zubereitungen können über den normalen Hausmüll entsorgt werden.
Ethanolhaltige Erythromycin-Lösung: Wie muss die Rezeptur gekennzeichnet werden?
Eine ethanolhaltige Erythromycin-Lösung 2 % (NRF 11.78.) kommt bei leichter bis mittelschwerer Akne meist in Kombination mit Tretinoin zum Einsatz. Die Lösung enthält neben dem Wirkstoff Erythromycin noch Citronensäure zur Einstellung des pH-Wertes und die Ethanol-Wasser-Mischung als Lösungsmittel.
Die Kennzeichnung erfolgt nach der Apothekenbetriebsordnung. Zusätzlich wird noch die Bezeichnung und Ziffer der NRF-Vorschrift berücksichtigt.
Da es sich um eine leicht entzündbare Lösung handelt, sollten die Vorsichtsmaßnahmen „Brennbar! Von Zündquellen fernhalten!“ berücksichtigt werden. Zusätzlich muss bei Rezepturen mit Ethanol eine Besonderheitenliste des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) beachtet werden. Darin sind Hilfsstoffe aufgeführt, bei denen neben der Angabe der Art weitere Pflichtangaben notwendig sind. Bei Zubereitungen mit Ethanol muss folgende Angabe auf das Etikett geschrieben werden:
„Enthält x mg Alkohol (Ethanol) pro Dosiereinheit/Dosiervolumen entsprechend x mg/Gewicht bzw. Volumen (y % w/w bzw. v).“
Da bei Dermatika in der Regel keine definierte Dosis angegeben werden kann, wird in solchen Fällen die Menge an enthaltenem Ethanol in Milligramm pro Gramm oder Milliliter des Arzneimittels angegeben.
Welche Haltbarkeit hat das Rezepturbeispiel?
Bei der Festlegung der Haltbarkeit begrenzt die Stabilität des Wirkstoffs die Dauer der Lagerung. Erythromycin hat bei pH 8 bis 8,5 ein Stabilitätsoptimum und zersetzt sich bei abweichendem pH-Wert relativ schnell. Die Aufbrauchsfrist der Lösung beträgt daher lediglich 3 Monate.
Eine Lagerung im Kühlschrank – zur Verlängerung der Haltbarkeit – ist nicht möglich, da Erythromycin dann auskristallisiert.
Vorschlag zur Kennzeichnung:

Quellen:
- Bergner A.: Praxishilfe Rezeptur, Schritt-für-Schritt-Anleitungen für die Apotheke, 2. Aufl., Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 2021.
- Milek I.: Das große PTAheute Handbuch, Praxiswissen für die Apotheke, 3. Aufl., Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 2023.
- https://www.morphisto.de/uploads/tx_aimeos/SDB/MSDS_Ethanol_50_11575_DE.pdf