Meldungen vom 18. bis 22.10.2021
Mittwoch, 20.10.2021
Britische Experten beobachten Mutante der Delta-Variante
In Großbritannien beobachten Experten derzeit eine noch weitgehend unbekannte Mutante der Delta-Variante des Coronavirus. Man habe die Mutante namens AY4.2 sehr genau im Blick, hieß es in dieser Woche aus dem Regierungssitz Downing Street. Die Variante weist zwei Mutationen auf, die bereits von anderen Versionen des Coronavirus bekannt seien.
Forscher gehen jedoch bislang nicht davon aus, dass die Variante deutlich ansteckender sein könnte als die bisherige Delta-Variante – die Rede ist ersten Schätzungen zufolge von einer möglicherweise zehn Prozent höheren Übertragbarkeit. Dies könne höchstens eine kleine Anzahl an zusätzlichen Corona-Fällen ausgelöst haben, sagte der Biologe Francois Balloux vom University College London. „Das kann nicht der Grund für den aktuellen Anstieg der Fallzahlen in Großbritannien gewesen sein.“
Die neue Mutante sei nicht mit dem Aufkommen der Alpha- oder Delta-Variante vergleichbar. „In diesem Stadium würde ich dazu raten abzuwarten. Keine Panik“, sagte Balloux. Nach Angaben der britischen Gesundheitsbehörde wurde die Mutante AY4.2 in der Woche Ende September/Anfang Oktober in sechs Prozent aller sequenzierten Corona-Proben nachgewiesen. dpa / vs
Corona-Inzidenz bundesweit wieder über 80
Es ist lange schon vorhergesagt worden: Mit der kühleren Jahreszeit dürfte die Verbreitung von SARS-CoV-2 in der Bevölkerung wieder zunehmen. Die bundesweite Corona-Inzidenz ist nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) erstmals seit rund fünf Wochen wieder über die Marke von 80 gestiegen. Vor einer Woche lag er noch bei 65,4. Ein deutlicher Sprung im Vergleich zum Vorwochenwert ist auch bei den binnen eines Tages übermittelten Neuinfektionen zu beobachten: Damals waren es 11.903, nun sind es 17.015.
Besonders stark gestiegen ist die Inzidenz in Thüringen (von 103 auf 163 binnen sieben Tage). „Grundsätzlich liegt es sicher auch mit an den geringen Impfquoten“, sagte ein Sprecher des Thüringer Gesundheitsministeriums. Zwar könnten sich auch Geimpfte anstecken und das Virus weitergeben, sie seien aber insgesamt deutlich weniger infektiös als Ungeimpfte. Thüringen gehört mit einer Quote von 60 Prozent vollständig Geimpften im bundesweiten Vergleich zu den Schlusslichtern.
Experten gehen von einem vorübergehend dämpfenden Effekt von Herbstferien auf das Infektionsgeschehen aus. Dass die Ansteckungen generell um diese Jahreszeit wieder zunehmen, war von Fachleuten aber seit Monaten erwartet worden. Die Impfquote bundesweit gilt als noch zu niedrig. Außerdem müsse man mit einem gewissen Prozentsatz an Ansteckungen trotz Impfung rechnen, so der ehemalige Präsident der Intensivmediziner-Vereinigung Divi, Uwe Janssens. Quelle: dpa/mia
Ende vieler Corona-Regeln Mitte 2022 möglich?
Der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission (STIKO), Thomas Mertens, geht davon aus, dass die meisten Corona-Einschränkungen Mitte des Jahres 2022 aufgehoben werden können. Das bedeute, „dass wir uns im alltäglichen Leben normal bewegen können“.
Voraussetzung dafür sei vor allem ein guter Schutz von Menschen mit einem hohen Risiko schwerer COVID-19-Erkrankungen, betonte der Virologe. „Das haben wir sehr gut erreicht in Deutschland. Es gibt bei uns kein Massensterben in dieser Gruppe.“ Vor allem die anfängliche Priorisierung von Risikogruppen bei der Corona-Impfung sei dabei „ein durchschlagender Erfolg“ gewesen.
Gesundheitsämter senden massenhaft Corona-Warnmeldungen
Nach einer Funktionserweiterung der Luca-App nutzen inzwischen etliche Gesundheitsämter in Deutschland das Luca-System, um viele Nutzer auf ein erhöhtes individuelles Corona-Infektionsrisiko hinweisen. Allein in den vergangenen 14 Tagen seien über 51.000 Risiko- und Warnmeldungen durch die Gesundheitsämter ausgespielt worden.
Die höchste Warnstufe mit der Empfehlung, sich einem Test zu unterziehen, hätten in dem Zeitraum knapp 16.000 Menschen erhalten, teilte das Unternehmen weiter mit. „Wir sehen das seit Herbst wieder verstärkte Infektionsgeschehen klar in unseren Daten“, sagte Patrick Hennig, CEO der Luca-Betreiber Culture4life. „Wir danken den inzwischen 36 Millionen Nutzerinnen und Nutzern unserer App, die damit einen aktiven Beitrag leisten, Infektionsketten zu stoppen.“ Quelle: dpa/mia
Mehrheit für Ende von bundesweiter Corona-Notlage
Die Mehrheit der Bevölkerung ist einer Umfrage zufolge dafür, den seit eineinhalb Jahren geltenden bundesweiten Corona-Ausnahmezustand auslaufen zu lassen – aber gleichzeitig Schutzmaßnahmen weiter aufrechtzuerhalten. 57 Prozent würden es laut einer repräsentativen Yougov-Befragung befürworten, wenn die sog. epidemische Lage nationaler Tragweite ab Ende November unter fortbestehender Einhaltung von 3G-, Hygiene- und Abstandsregeln nicht mehr verlängert würde. 27 Prozent würden das ablehnen, 16 Prozent machten keine Angabe.
Die Zustimmung für ein Auslaufen der „epidemischen Lage“ liegt bei jungen Erwachsenen zwischen 18 und 24 Jahren am höchsten (79 Prozent). Männer sind eher für ein Ende des bundesweiten Ausnahmezustands (62 Prozent) als Frauen (51 Prozent). Quelle: dpa/mia
Infektiologe mahnt zur Vorsicht: Noch Millionen Ungeimpfte
Der Düsseldorfer Infektiologe Tom Lüdde hat in der Debatte um eine Beendigung der Corona-Notlage in Deutschland zur Vorsicht gemahnt. Es gebe noch Millionen von Ungeimpften, darunter drei bis vier Millionen Menschen mit Risikofaktoren für einen schweren Verlauf, sagte der Direktor der Klinik für Infektiologie an der Uniklinik Düsseldorf. Durch saisonale Effekte in Herbst und Winter begünstigt, könne eine rasch ablaufende COVID-19-Welle zu zahlreichen Toten führen und die Krankenhäuser erneut an ihre Grenzen bringen.
Für einen „Freedom Day“ wäre es jedenfalls zu früh, betonte der Mediziner. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will die sogenannte epidemische Lage nationaler Tragweite – Grundlage für Verordnungen und zentrale Corona-Maßnahmen – Ende November auslaufen lassen. Es soll aber bei Maßnahmen wie Abstands- und Hygieneregeln bleiben und handelt sich nicht um einen „Freedom Day“. Der Begriff stammt aus England, wo am 19. Juli die Corona-Maßnahmen weitgehend aufgehoben worden waren. Einige Experten warnen allerdings, dass die Bevölkerung das Auslaufen der bundesweiten Corona-Notlage als „Freedom Day“ verstehen könnte.
Lüdde sagte, es sei zu früh, COVID-19 „freien Lauf“ zu lassen. Durch die Delta-Variante sei das Risiko für Ungeimpfte noch gestiegen. Die wachsende Zahl von Impfdurchbrüchen sei nicht überraschend. Schwere Verläufe gebe es ganz überwiegend bei schwer vorerkrankten, hochaltrigen oder immungeschwächten Menschen. Impfungen verhinderten mit hoher Wahrscheinlichkeit schwere Verläufe. Quelle: dpa/mia
Es braucht höhere Impfzahlen
Die EU-Gesundheitsbehörde ECDC hält eine hohe Impfquote weiter für besonders wichtig vor der Lockerung von Corona-Maßnahmen. „Solange nicht über 80 Prozent der Menschen voll geimpft sind, besteht einfach die Möglichkeit, dass der Rest der Bevölkerung von dem Virus noch befallen wird“, sagte ECDC-Direktorin Andrea Ammon in einem Interview. Eine Impfpflicht betrachtet die deutsche Medizinerin dennoch mit Skepsis. „Eine Impfpflicht, etwa für bestimmte Berufe, ist eine Möglichkeit. Aber sie ist kein Zauberstab.“
Die Lockdowns hätten die Fallzahlen stark gesenkt, jedoch auch wirtschaftliche, soziale und psychische Folgen gehabt, sagte Ammon. Auch deshalb seien sie kein Allheilmittel. Stattdessen sollten der Gebrauch von Masken, das Abstandhalten und die Reduzierung der Anzahl der Menschen in Innenräumen als weniger eingreifende Möglichkeiten zuerst in Betracht gezogen werden.
Die Menschheit werde auf Dauer mit dem Coronavirus leben müssen, so Ammon. Die Zahl der Geimpften müsse dazu europaweit gesteigert werden. Quelle: dpa/mia