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Morbus Parkinson: Was wissen wir über die Krankheit?

„Unwillkürliche, zitternde Bewegungen, verbunden mit verminderter Muskelkraft, zeitweise selbst mit Unterstützung völlig unbeweglich; Neigung zu vornübergebeugter Körperhaltung und zum Übergang von einer laufenden in eine vorwärts rennende Bewegung; die Sinne und der Intellekt bleiben unbeeinflusst“, so beschrieb der englische Arzt James Parkinson im Jahr 1817 in seiner Abhandlung „An Essay on the Shaking Palsy“ (Eine Abhandlung über die Schüttellähmung) den später nach ihm benannten Morbus Parkinson. Am 11. April, seinem Geburtstag im Jahr 1755, ist der Welt-Parkinson-Tag.
Morbus Parkinson seit dem Altertum bekannt
Der Mediziner gilt als Erstbeschreiber der Erkrankung und ordnete die Symptome wohl erstmals als ein zusammenhängendes Syndrom ein – auch wenn er fälschlicherweise annahm, Ursache sei eine Veränderung des Rückenmarks.
Bekannt ist Parkinson indes viel länger – bereits Texte aus der griechischen und römischen Antike beschreiben die typischen Symptome bei älteren Menschen, ordneten dies jedoch nicht als eine eigenständige Erkrankung ein.
Vom römischen Autoren Aurelius Cornelius Celsus (ca. 25 vor Christus bis ca. 50 nach Christus) etwa ist ein Text bekannt, in dem er den Tremor (das als typisch geltende Muskelzittern) als ein bei älteren Menschen zu behandelndes Gebrechen beschreibt. Und auch Hippokrates beschreibt Symptome, die sich aus heutiger Sicht der Parkinson-Krankheit zuordnen lassen.
Dieser Artikel gibt einen Überblick, was Morbus Parkinson eigentlich ist, was die Symptome sind, wie es diagnostiziert wird, wie oft es vorkommt und wie es sich behandeln lässt.
Was ist Morbus Parkinson überhaupt?
Auch wenn es über die Ursache von Morbus Parkinson an sich immer noch mehr Fragen als Antworten und auch angeregte Streit-Debatten in der Wissenschaft gibt, weiß man dennoch heute recht viel über die Pathophysiologie der Erkrankung und über unterschiedliche Ausprägungen.
Man unterscheidet:
- das primäre oder idiopathische Parkinson-Syndrom (IPS)
- genetische Formen von Parkinson (familiäres Parkinson-Syndrom)
- das sekundäre Parkinson-Syndrom
- das atypische Parkinson-Syndrom
Das idiopathische Parkinson-Syndrom: häufigste Form von Parkinson
Das idiopathische Parkinson-Syndrom (IPS) ist mit rund 75 Prozent die verbreitetste Form der Parkinson-Erkrankung. Wie der Name andeutet, ist die eigentliche Ursache bislang immer noch Gegenstand der Forschung und bis jetzt unbekannt.
In einer Debatte im Fachmagazin „Journal of Parkinson’s Disease“ vom März 2024 sprachen sich einige Forscher für die Annahme einer genetischen Ursache und andere für Umwelt-Faktoren wie etwa Pestizide, das Lösungsmittel Trichlorethan, Luftverschmutzung und andere aus.
In jedem Fall aber lassen sich die Symptome des IPS auf einen Untergang der sogenannten schwarzen Masse (Substantia nigra) im Mittelhirn zurückführen. Diese dopaminergen (dopaminabhängigen) und dopaminproduzierenden Nervenzellen gehören zu Basalganglien, die die Bewegungen des Körpers steuern.
Bei Morbus Parkinson sterben sukzessive immer mehr dieser Zellen ab. Anfangs sind noch keine Symptome erkennbar, erst wenn rund 55 bis 60 Prozent der dopaminproduzierenden Zellen abgestorben sind, führt der Dopaminmangel im Gehirn zu den typischen Krankheitszeichen.
Ein Anzeichen auf zellulärer Ebene sind Ablagerungen des „verklumpten“ Proteins Alpha-Synuklein, die sogenannten Lewy-Körperchen. Alpha-Synuklein ist normalerweise an der Regulation der Freisetzung von Neurotransmittern und dem Transport synaptischer Vesikel beteiligt.
Der Verlust dieser Funktion und die pathologische Aggregation wird als Ursache für die Neurodegeneration diskutiert. Es gibt in der Hinsicht gewisse Analogien zur Alzheimer-Erkrankung, bei der sich ebenfalls Protein-Aggregationen (Amyloid-Beta und Tau) in den untergehenden Nervenzellen finden.
Ob das Zusammenklumpen des Alpha-Synukleins Ursache oder Symptom ist, ist noch unklar. Es gibt wahrscheinlich weitere ursächliche Faktoren.
Familiäres Parkinson-Syndrom: Defekte verschiedener Gene
Bei den genetischen, familiär vererbbaren Formen von Parkinson liegen Defekte verschiedener Gene vor. Zwischen fünf und 15 Prozent aller Parkinson-Fälle weisen eine genetische Vorbelastung auf. Bei jüngeren Patienten sind es sogar bis zu 25 Prozent aller Fälle.
Oft finden sich gehäuft Fälle in der Familie. Es sind dabei sowohl autosomal-rezessive Vererbungen als auch autosomal-dominante bekannt, je nachdem, welches Gen von mehreren möglichen betroffen ist.
Unter anderem die Cytochrom-P450-Gene, eine Gruppe von insgesamt 57 Genen, stehen neueren Arbeiten nach mit der genetischen Parkinson-Variante in Verbindung.
Parkinson als Folge von Erkrankungen und Arzneimitteln
Beim sekundären Parkinson-Syndrom ähneln die Symptome dem IPS – es ist aber nicht ein Absterben der Substantia nigra dafür verantwortlich. Deshalb wird es auch manchmal „symptomatisches Parkinson-Syndrom“ genannt.
Hierbei können unter anderem Gefäßerkrankungen Ursache sein, wenn Gefäße im Hirn verstopfen und neurologische Schädigungen hervorrufen. Auch Hirntraumata etwa nach Unfällen oder Hirntumoren, die entsprechende Bereiche des Gehirns betreffen, können verantwortlich sein.
Es ist aber auch bekannt, dass einige Arzneimittel, die insbesondere auf das Dopamin-System wirken – beispielsweise Chlorpromazin, Haloperidol (gegen Psychosen), Lithium (gegen bipolare Störungen), Metoclopramid (gegen Übelkeit), oder Flunarizin – Parkinson-Symptome auslösen können. Nach Absetzen der Arzneimittel sind diese aber in der Regel reversibel.
Hervorgerufen werden kann das sekundäre Parkinson-Syndrom auch durch Gifte, Entzündungen des Gehirns, bestimmte Stoffwechselerkrankungen, die das Gehirn oder das ZNS betreffen, sowie durch einige Substanzen, die als Rauschmittel-Verunreinigungen vorkommen (zum Beispiel 1-Methyl-4-Phenyl-1,2,5,6-Tetrahydropyridin (MPTP)).
Schwerer Verlauf beim atypischen Parkinson-Syndrom
Beim Atypischen Parkinson-Syndrom (APS) schließlich muss man eher von Syndromen im Plural sprechen. Es handelt sich um verschiedene neurodegenerative Erkrankungen, die selten sind und nicht mit einem Untergang der Substantia nigra zusammenhängen.
Die Symptome sind ähnlich, die Verläufe allerdings meist schwerer. APS sprechen in der Regel nicht auf Therapiemöglichkeiten des IPS an.
Typische Symptome bei Morbus Parkinson
Ein typisches Symptom des Morbus Parkinson gab ihm lange Zeit seinen Namen: „Schüttellähmung“ oder „Paralysis agitans“ wie James Parkinson die Krankheit bezeichnete, bevor sie nach seinem Tod nach ihm benannt wurde.
Neben jenem langsamen Muskelzittern in Ruhe (Ruhetremor) sind mögliche typische Symptome:
- Bewegungsstörungen wie
- Steifheit der Muskeln (Rigor)
- Gleichgewichtsstörungen
- „Einfrieren“ von Bewegungen (Freezing)
- verlangsamte Bewegungen (Bradykinese)
- Sprech- und Schluckschwierigkeiten (die Stimme wird leiser)
- Störungen der vegetativen Funktionen wie etwa Blutdruck, Verdauung
- Schlafstörungen
- Depressionen
- Demenz
Mögliche frühe Symptome, teils Jahre vor den Hauptsymptomen, können sein:
- REM-Schlaf-Verhaltensstörungen (beispielsweise lebhafte Träume und körperliche Aktivität im Schlaf. Betroffene schreien, schlagen oder treten im Schlaf um sich.)
- Riechstörungen
- Sehstörungen
- Schmerzen in Muskeln und Gelenken
- vermindertes Mitschwingen der Arme beim Gehen
- Gestörte Feinmotorik, die sich etwa in einer veränderten Handschrift äußert
- Häufige Müdigkeit und Abgeschlagenheit
- Zunehmende Unsicherheit und Zittrigkeit
Wie wird Morbus Parkinson diagnostiziert?
Eine körperliche Untersuchung beim Neurologen, der insbesondere auf die Hauptsymptome hin untersucht, steht an erster Stelle der Parkinson-Diagnostik.
Bei der Anamnese fragt der Behandelnde dann auch nach Parkinson-Fällen in der Familie, Schlafproblemen, eventueller Depression und/oder anderen körperlichen und geistigen Auffälligkeiten, die in das Bild Parkinson passen können – auch nach Arzneimitteln oder Drogengebrauch. Ein Riechtest kann die Diagnostik ergänzen.
Um die verschiedenen Arten der Parkinson-Syndrome abzugrenzen, wird der Neurologe oder die Neurologin Ultraschall-Untersuchungen besonders der Hirnregion der Substantia nigra vornehmen.
Andere bildgebende Untersuchungen per Computertomographie, Magnetresonanztomographie oder Positronen-Emissions-Tomographie mit einem radioaktiv markierten Zuckermolekül (F-18-Fluorodesoxyglukose (FDG)) sind oft Mittel der Wahl. Damit lässt sich vornehmlich das IPS diagnostizieren.
Eine weitere Diagnostik-Methode ist der immunhistochemische Nachweis von aggregiertem Alpha-Synuklein, den Lewy-Körperchen im Hirn.
Morbus Parkinson: Wie viele Menschen sind betroffen?
Laut Robert Koch-Institut waren im Jahr 2022 0,61 Prozent der Menschen ab 40 Jahren in Deutschland von einer diagnostizierten Parkinsonkrankheit betroffen. Das entspricht etwa 300.000 Personen.
Die Prävalenz liegt dabei bei Männern mit 0,66 Prozent etwas höher als bei Frauen mit 0,57 Prozent.
Die Häufigkeit nimmt mit dem Alter zu: Ab 65 Jahren beträgt die Prävalenz 1,42 Prozent. Seit dem Jahr 2017 zeigt sich in Deutschland eine leicht abnehmende Tendenz.
Aktuell geschätzt sind global rund 6,3 Millionen Menschen von Parkinson betroffen. Die Zahl steigt seit dem Jahr 1990 deutlich. Damals waren rund 2,5 Millionen Menschen betroffen. Der demographische Wandel mit einer in vielen Ländern älter werdenden Bevölkerung wird als einer der Gründe dafür angesehen – je nach Ursachen-Erklärungsmodell aber auch wachsende Umweltverschmutzung oder zunehmende Chemikalien-Belastungen.
Therapie und neue Ansätze bei Morbus Parkinson
Bislang ist Parkinson eine unheilbare Krankheit – abgesehen vom durch Arzneimittel verursachten sekundären Parkinson-Syndrom, bei dem oft das Absetzen der problematischen Wirkstoffe bereits hilft.
Symptomatische Therapiemöglichkeiten gibt es aber insbesondere für das IPS. In der Regel steht der Ersatz des fehlenden Dopamins im Vordergrund, das als Arzneimittel gegeben werden kann (L-Dopa).
Auch die Blockierung des Abbaus von vorhandenem Dopamin etwa durch MAO-B-Hemmer oder COMT-Hemmer (Monoaminoxidasehemmer und Catechol-O-Methyltransferase-Inhibitoren) ist ein Ansatz. Art und Dosierung einer medikamentösen Therapie sind dabei individuell und von Symptomen und Verlauf abhängig.
In manchen Fällen helfen auch chirurgische Eingriffe wie das Einsetzen von Elektroden im Gehirn zur tiefen Hirnstimulation („Hirnschrittmacher“). Dies betrifft besonders jüngere Patienten.
Symptome wie Sprech- und Schluckstörungen sowie viele Bewegungs- und Feinmotorikstörungen lassen sich mit Physiotherapie, Logopädie und Ergotherapie oft verbessern. Zusammengenommen erhöhen diese Therapien die Lebensqualität der Betroffenen und geben die Möglichkeit, die Symptome über einen langen Zeitraum zu kontrollieren.
Weitere krankheitsmodifizierende Therapien sind in der Entwicklung oder auch bereits in Pilotprojekten verfügbar. Vor allem auf dem Gebiet der Ursachenforschung beim IPS gibt es viel Bewegung, auch erste Erfolge mit neuen molekularen und genetischen Methoden wurden bereits verzeichnet. Experten gehen davon aus, dass es in naher Zukunft echte kurative Therapien gegen die dann bekannte Ursache geben könnte. Quellen:
https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2024/12/20/james-parkinson-apothekersohn-arzt-palaeontologe-und-revoluzzer
https://d-nb.info/96446392x/34
https://parkinson-gesellschaft.de/fuer-betroffene/die-parkinson-krankheit
https://journals.sagepub.com/doi/full/10.3233/JPD-230376
https://journals.sagepub.com/doi/full/10.3233/JPD-230357
https://www.uni-saarland.de/aktuell/genetische-ursachen-parkinson-29782.html
https://www.frontiersin.org/journals/pharmacology/articles/10.3389/fphar.2023.1244516 ; https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fphar.2023.1244516/full
https://www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/neurologie/erkrankungen/parkinson-syndrom/sekundaeres-parkinson-syndrom/
https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC8080535/
https://hirnstiftung.org/alle-erkrankungen/parkinson/
https://www.rki.de/DE/Aktuelles/Neuigkeiten-und-Presse/Meldungen/Archiv/2025-03-31_JHealthMonit-Demenz-Parkinson.html
https://www.dzne.de/aktuelles/hintergrund/parkinson/
https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(23)01429-0/abstract