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Beratungstipps: Wie kann man Menschen mit Depressionen helfen?

Frau mit Depression schaut aus Fenster
Wie können Sie depressive Menschen in der Apotheke beraten? | Bild: marjan4782 / AdobeStock

Eine Depression ist nicht mit bloßem Auge erkennbar, sie hat viele Gesichter und genauso viele Ursachen. Der Leidensdruck der Betroffenen ist meist groß. Zudem können sich die depressiven Störungen gravierend auf die sozialen Beziehungen und die Arbeitsfähigkeit auswirken. Die berufliche Leistungsfähigkeit ist u. a. deshalb eingeschränkt, da zu der allgemeinen Antriebsstörung oft noch weitere kognitive Einschränkungen wie z. B. Konzentrationsstörungen hinzukommen.

Typische Merkmale depressiver Episoden 

Eine Depression wird hauptsächlich durch folgende Merkmale charakterisiert:

  • gedrückte Stimmung, Niedergeschlagenheit und Verzweiflung
  • Interessenverlust, fehlende Freude, Schuldgefühle
  • Antriebsmangel, Konzentrationsprobleme, Ermüdbarkeit; Gedanken, nicht mehr leben zu wollen
  • körperliche Beschwerden wie zum Beispiel: Migräne, Kopf- und Bauchschmerzen, Schwindel, Hormonschwankungen, Regelbeschwerden

Nach dem internationalen Klassifikationssystem ICD-10 sprechen Ärzte von einer leichten depressiven Episode, wenn zwei bis drei der zuvor genannten Symptome auftreten. Bei einer mittelgradig depressiven Phase liegen hingegen vier oder mehr Symptome vor. Zudem haben Betroffene meist große Schwierigkeiten, alltägliche Aktivitäten fortzusetzen. 

Schwere depressive Episoden werden diagnostiziert, wenn mehrere der zuvor genannten Symptome vorhanden sind. Meist werden diese durch somatische Symptome (z. B. Appetit- oder Libidoverlust) begleitet.

Schwere depressive Zustände müssen zwingend ärztlich behandelt werden. Aber auch in allen anderen Fällen müssen Kunden, die in der Apotheke über entsprechende Beschwerden berichten, zunächst an einen Arzt verwiesen werden. 

Johanniskraut bei leichten depressiven Episoden

Leichte depressive Episoden sind zum Teil im Rahmen der Selbstmedikation behandelbar. Hierfür eignen sich Johanniskrautpräparate, denn ihre Wirkung ist evidenzbasiert. Sofern eine medikamentöse Therapie mit Johanniskraut erwogen wird, müssen einige Nebenwirkungen und Interaktionen berücksichtigt werden. 

So können bei der Einnahme von Johanniskraut schwerwiegende Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten auftreten, insbesondere mit HIV-Medikamenten, Zytostatika und Immunsuppressiva. Außerdem sind Interaktionen mit oralen Kontrazeptiva, Antiepileptika, bestimmten Antidepressiva und Antikoagulantien möglich. 

Auch digitale Unterstützung möglich

Neben pflanzlichen Medikamenten kann es hilfreich sein, den Betroffenen bestimmte Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) zu empfehlen. Diese Anwendungen können von Ärzten oder Psychotherapeuten verordnet werden. Versicherte, die ihrer Krankenkasse eine entsprechende Diagnose vorzeigen, erhalten die entsprechende DiGA auch ohne ärztliche Verordnung.

Gut zu wissen: DiGA bei Depressionen

Im DiGA-Verzeichnis des BfArM finden sich derzeit vier verordnungsfähige Apps zur Anwendung bei depressiven Störungen:

In Anbetracht der derzeit langen Wartezeit auf eine Psychotherapie können DiGA eine nützliche Hilfe für die Betroffenen sein. Sie stellen eine Art Selbsthilfe dar und erleichtern das Selbstmanagement. Häufig werden die Betroffenen während der Kurse zudem von einem Psychologen (z. B. via Chat oder Telefon) begleitet. 

Bei Depressionen: Coaching und psychologische Online-Beratung

Grundsätzlich können sich Betroffene mit depressiven Zuständen an einen Arzt, Psychiater, Psychotherapeuten oder einen Psychologen wenden. 

Psychologische Berufsbilder im Überblick: 

  • Ein Psychologe hat ein staatlich anerkanntes Psychologiestudium mit dem akademischen Abschluss Bachelor/Master (früher Diplom) absolviert.
  • Ein Psychotherapeut mit Approbation ist ein Arzt oder ein Psychologe, welcher zusätzlich eine mehrjährige Ausbildung zum Psychotherapeuten absolviert hat. Heilpraktiker für Psychotherapie sind keine Psychotherapeuten und dürfen die Bezeichnung „Psychotherapeut“ nicht führen.
  • Ein Psychiater ist ein Arzt mit psychiatrischer und psychotherapeutischer Facharztweiterbildung und behandelt psychische Störungen und Krankheitsbilder.  

Ärztliche und psychotherapeutische Behandlung gehören zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen, eine psychologische Beratung oder ein Coaching gehören in der Regel nicht dazu.

Während der Wartezeit auf einen Therapieplatz kann es dennoch sinnvoll sein, ein Coaching oder eine psychologische Beratung beim Psychologen wahrzunehmen. Gerade bei akuten Problemsituationen (z. B. drohender Arbeitsplatzverlust durch Absentismus) kann durch gezieltes Coaching meist eine Verschlimmerung verhindert werden. 

Coaching ist ein lösungsorientiertes Beratungskonzept, bei dem die Betroffenen eigenverantwortlich mitarbeiten: Der Coach unterstützt Betroffene, eigene Lösungen zu finden und diese umzusetzen. Qualitätsgesicherte Anbieter von psychologischer Beratung und Coaching verfügen über eine Hochschulausbildung in Psychologie und nachgewiesene Beratungskompetenz. Sie sind auf ethische Grundsätze verpflichtet und erfüllen weitere Kriterien für die Vergabe des Gütezeichens.

Selbsthilfegruppen für Menschen mit Depressionen

Auch Selbsthilfegruppen sind eine gute Empfehlung, denn dadurch können Betroffene aktiv etwas gegen ihre Erkrankung tun, statt tatenlos auf die Besserung der Symptome zu warten. 

Eine Depression ist eine sich selbst verschlimmernde Erkrankung, denn sie schafft immer wieder neue Gründe dafür, dass der Erkrankte sich sozial isoliert. Selbsthilfegruppen sind daher für die Betroffenen oft die einzige Möglichkeit, soziale Kontakte zu knüpfen und frei über die Erkrankung zu sprechen. Sie sind kein Ersatz für eine Therapie, bieten aber eine effektive Unterstützung. 

Örtliche Selbsthilfegruppen sind über das Internet oder über die Nationale Kontakt- und Informationsstelle (NAKOS) zu finden – ein Projekt, das gemeinsam durch das Bundesministerium für Gesundheit und einige Krankenkassen gefördert wird.