Kaffee reduziert Tau-Aggregation bei Alzheimer
Kaffee zählt zu den am meisten konsumierten Genussmitteln weltweit – gesund ist er obendrein, zumindest für manche Patienten.
So rät die Leberkrebs-Leitlinie(„Diagnostik und Therapie des Hepatozellulären Karzinoms und biliärerer Karzinome“) tatsächlich bei chronischen Lebererkrankungen zum „Konsum von Kaffee“ (drei Tassen pro Tag), um das Risiko für Leberkrebs zu reduzieren.
Auch untersuchen Wissenschaftler in den letzten Jahren einen möglichen protektiven Effekt von Kaffee auf neurodegenerative Erkrankungen wie Parkinson oder Alzheimer.
Dass der alleinige Kaffeekonsum vor Alzheimer schützt – so einfach ist es nicht, sonst läge die weltweite Prävalenz dieser derzeit nur unzureichend behandelbaren Demenzerkrankung nicht bei 50 Millionen.
Aktueller Forschungsstand bei Alzheimer
Die Mechanismen, die letztlich eine Alzheimererkrankung bedingen, gelten als komplex. Wissenschaftler gehen davon aus, dass es – vereinfacht dargestellt – zu einer abnormen Anhäufung und Aggregation von Tau-Proteinen im Gehirn kommt und sich zudem ß-Amyloid-Plaques bilden, die der Körper nicht mehr abbauen kann.
Hoffnung ruht auf Lecanemab (Leqembi), einem in den USA bereits zugelassenen Anti-Amyloid-Antikörper, der lösliches Amyloid (vor dessen Ablagerung) bindet und der in Studien den Verlust kognitiver Fähigkeiten besser bremste als Placebo.
Besitzt Espresso neuroprotektive Eigenschaften?
Ganz so weit und bei klinischen Studien am Patienten ist man in der Forschung zu Kaffee und Alzheimer noch nicht.
Doch gelang es Wissenschaftlern 2018, zumindest in Zellkulturversuchen zu zeigen, dass Extrakte aus grünem und geröstetem Kaffee die Amyloidβ-Aggregation verhindern können(„Food Chemistry“: „NMR-driven identification of anti-amyloidogenic compounds in green and roasted coffee extracts“) .
Aktuell gibt es eine neue Arbeit, in der Forschende das „neuroprotektive Potenzial“ von Espressokaffee untersucht haben und wie sich bestimmte Inhaltsstoffe von Kaffee (Koffein, Genistein, Theobromin und Trigenollin) auf die Aggregation der bei Alzheimer fatalen Tau-Proteine auswirkt(„Journal of Agricultural and Food Chemistry": „Espresso Coffee Mitigates the Aggregation and Condensation of Alzheimer′s Associated Tau Protein“) .
Espresso verkürzt Tau-Fibrillen
Untersucht haben die Wissenschaftler dies in vitro und in Zellkulturversuchen anhand einer Mischung aus Arabica-Kaffee aus Südamerika und Robusta-Kaffee aus Afrika und Asien. Welchen Effekt hatte der Kaffeegesamtextrakt sowie Koffein, Genistein, Theobromin und Trigenollin auf Tau?
In der Tat kam heraus, dass „der Espresso-Extrakt dosisabhängig eine starke Antiaggregationswirkung hat“ und mit zunehmender Konzentration des Kaffeeextrakts die Länge der Tau-Fibrillen abnahm – die Tau-Fibrillen waren also kürzer und lagerten sich nicht mehr aneinander.
Zudem wirkte sich Kaffee auch auf die Reifung von Tau-Kondensaten aus und wie stabil sie waren und könnte damit bereits frühe Ereignisse der „pathologischen Anhäufung von Tau“ beeinflussen.
Genistein in Kaffee hemmt Tau und Amyloidβ
Bei den isolierten Inhaltsstoffen konnten die Wissenschaftler nur für Koffein und Genistein eine signifikante Wirkung auf Tau feststellen. Sie verweisen auf eine frühere Arbeit, in der Genistein auch die Amyloidβ-Aggregation inhibierte – diese doppelte Hemmfunktion gegen die Tau- und Aβ-Aggregation mache Genistein zu einem attraktiven Biomolekül für die Entwicklung von Therapien auf Genisteinbasis, überlegen die Wissenschaftler.
Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass „ein moderater Kaffeekonsum eine ausreichende Menge bioaktiver Moleküle liefern kann, die einzeln oder synergistisch als Modulatoren der Tau-Protein-Aggregation und -Toxizität wirken“.
Ihre Erkenntnisse könnten den Weg für die Entwicklung bioaktiver Verbindungen ebnen, um Tauopathien wie Alzheimer vorzubeugen und diese zu behandeln.