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Amitriptylin: schwere Haut­reaktionen sind möglich

Hautausschlag.Juckreiz, Unwohlsein und Fieber können Anzeichen für das DRESS-Syndrom sein. | Bild: dream@do / AdobeStock

Tricyclische Antidepressiva wie Ami­triptylin können durch ihre unselektive Wirkung verschiedene Neben­wirkungen verursachen. 

Nun müssen die Fach- und Gebrauchsinformationen Amitriptylin-haltiger Arzneimittel um eine weitere unerwünschte Arznei­mittelreaktion ergänzt werden, wie in einem europäischen, die periodischen Sicherheitsberichte bewertenden Verfahren beschlossen wurde.

Zu Erinnerung: Wann wird Amitriptylin eingesetzt?

Amitriptylin gehört zu den tricyclischen Antidepressiva und zählt zu den am häufigsten verschriebenen Psychopharmaka in Deutschland. 

Amitriptylin wird in Form seines Salzes Amitriptylin-hydrochlorid zur Behandlung von Depressionen angewandt, bei denen zusätzlich zur antidepressiven Wirkung eine beruhigende und angstlösende Wirkung gewünscht ist.  

Als weiteren Effekt hemmt Amitriptylin spannungsabhängige Natrium-Kanäle sowohl zentral als auch im Rückenmark. Darauf beruht der Einsatz der Substanz bei neuropathischen Schmerzen.

Im Off-Label-Use wird Amitriptylin auch zur Therapie des Reizdarmsyndroms und bei Fibromyalgie eingesetzt. Der tatsächliche Wirkungsmechanismus von Amitriptylin ist aber weder für die antidepressive noch für die analgetische Wirkung geklärt.

Demnach kam es in einigen Fällen zu schwerwiegenden unerwünschten Hautreaktionen, einschließlich Eosinophilie und systemischen Symptomen (Drug Rash with Eosinophilia and Systemic Symptoms, DRESS), die lebensbedrohlich oder tödlich sein können.

Zur Erinnerung: Was ist das DRESS-Syndrom?

Das DRESS-Syndrom (Drug Rash with Eosinophilia and Systemic Symptoms) ist auch bekannt als Hypersensitivitätssyndrom. Dabei handelt es sich um eine seltene, aber schwere Arzneimittelreaktion, die bei bis zu zehn Prozent der Patienten tödlich enden kann. Typische Anzeichen sind Unwohlsein, Hautausschlag, Juckreiz, hohes Fieber, vergrößerte Lymphknoten und Bluteosinophilie. 

Besonders Arzneimittel wie Antikonvulsiva, Antibiotika und nichtsteroidale Antiphlogistika werden mit dem Syndrom in Verbindung gebracht. Allerdings wird dieser Zusammenhang oft erst spät erkannt, da das DRESS-Syndrom meist mit einer Verzögerung von mehreren Wochen nach Beginn der Arzneimitteltherapie einsetzt. 

Neben der Haut sind innere Organe betroffen. Die Leber und Nieren können in ihrer Funktion beeinträchtigt werden, zudem kann es zu einer Leukozytose sowie einer Eosinophilie kommen. 

Wie häufig das DRESS-Syndrom auftritt, variiert je nach Arzneimittel und dem Immunstatus des Patienten. Gefährlich wird es für Patienten insbesondere, wenn sich Leberzellen entzünden (Hepatitis) oder absterben (Lebernekrose).

Bei Hautausschlag und Fieber: Arzneimittel absetzen und Arzt aufsuchen

Der Pharmakovigilanz-Ausschuss (PRAC) der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) hält einen Kausalzusammenhang zwischen Ami­triptylin und dem DRESS-Syndrom zumindest für möglich, da einige Fälle im engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Wirkstoff aufgetreten sind und weil der Wirkmechanismus als plausibel eingeschätzt wird.

Patienten sollen angewiesen werden, bei Anzeichen oder Symptomen wie einem großflächigen Hautausschlag, hoher Körpertemperatur und vergrößerten Lymphknoten die Arzneimitteltherapie zu beenden und sofort ­einen Arzt aufzusuchen. Die meisten dieser Reaktionen traten innerhalb von zwei bis sechs Wochen auf. 

Bei Betroffenen darf die Therapie zu keinem Zeitpunkt wieder aufgenommen werden und es sollte, falls erforderlich, eine alternative Medikation erwogen werden. Quellen:
- PSU­SA, Umsetzung des einstimmigen Beschlusses der Koordinierungsgruppe EMA/CMDh/423686/2024 vom 19. September 2024, mit BfArM-Bescheid vom 24. Februar 2025, www.bfarm.de/DE/Arzneimittel/Pharmakovigilanz/Periodic-Safety-Update-Reports_PSURs/PSUR-Single-Assessment/Anlagen/a-f/Amitriptylin-Amitriptylinoxid3-CMDh-Beschluss.html?nn=593478
- Calle AM, Aguirre N, Ardila JC, Cardona Villa R. DRESS syndrome: A literature review and treatment algorithm. World Allergy Organ J. 2023 Apr 8;16(3):100673; doi: 10.1016/j.waojou.2022.100673