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Kinder mit Krebs: Welche Spätfolgen sind häufig?

Kind sitzt mit Kopftuch und Teddy im Arm auf dem Bett
Kinder nach einer überstandenen Krebserkrankung leiden häufiger an Herzklappenveränderungen, Erkrankungen des Herzmuskels sowie an Hörminderung bis hin zu Hörverlust. | Bild: Photographee.eu / AdobeStock

Krebserkrankungen bei Kindern und Jugendlichen sind weiterhin selten. „Nur“ rund 2.250 neu diagnostizierte Fälle jährlich bei unter 18-Jährigen gibt es in Deutschland. Damit liegt die Wahrscheinlichkeit für ein neugeborenes Kind, innerhalb der ersten 18 Lebensjahre eine bösartige Erkrankung zu erleiden, bei lediglich 0,3 Prozent.

Und auch die Wahrscheinlichkeit, eine solche Krebserkrankung zu überleben, ist in den vergangenen Jahrzehnten deutlich gestiegen. Für an Krebs erkrankte Kinder liegt sie im Schnitt bei über 85 Prozent.

Betroffene leiden an Folgeschäden nach überstandener Krebserkrankung

Weniger gut sind die ersten Erkenntnisse, die die Beteiligten an einer groß angelegten StudieOtto-von-Guericke-Universität Magdeburg: "Hohes Risiko für Herz- und Hörprobleme nach Krebserkrankung im Kindes- und Jugendalter", Stand: 22.08.2024  mit dem Namen VersKiK – „Versorgung, Versorgungsbedarf und Versorgungsbedürfnisse von Personen nach einer Krebserkrankung im Kindes- oder Jugendalter“ – nach vierjähriger Datenerhebung jetzt veröffentlicht haben. 

Demnach leiden rund zwei Drittel aller Betroffenen im weiteren Verlauf ihres Lebens an einer Folgeerkrankung, die durch die Krebserkrankung selbst oder durch die Behandlung später entstehen oder entstanden sind.

Studie: Daten aus vier Jahren systematisch erfasst, um Nachsorge zu ermitteln

Zwischen den Jahren 2020 und 2024 hat ein Forschungsteam unter Federführung der Universitätsmedizin Magdeburg mit Beteiligung der Krankenkassen AOK Bundesverband, Barmer, DAK Gesundheit und Techniker Krankenkasse, dem an der Uni Mainz angesiedelten Deutschen Kinderkrebsregister sowie Forschungsgruppen der Universitäten Köln, Bonn, Oldenburg und des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (Kiel/Lübeck) Daten von an Krebs erkrankten Kindern und Jugendlichen ausgewertet.  

Aus mehreren Datenquellen unter anderem des Krebsregisters und der Krankenkassen wurde so erstmals in Deutschland und auch weltweit die Nachsorge und der Nachsorgebedarf von Personen nach einer Krebserkrankung im Kindes- oder Jugendalter untersucht. Ziel ist es, die Versorgung, den Versorgungsbedarf und die Versorgungsbedürfnisse zu verbessern beziehungsweise besser zu erkennen.

Datengrundlage der Studie waren rund 27.000 Überlebende, die im bundesweiten Kinderkrebsregister der Universität Mainz registriert sind, sowie Daten von 13 kooperierenden Krankenkassen, die etwa 60 Prozent der gesetzlich Versicherten in Deutschland repräsentieren. Insgesamt konnten über 100.000 anonymisierte Studienteilnehmende durch die Kombination von Informationen aus dem Krebsregister, den Abrechnungsdaten der Krankenkassen und einer Therapiedatenbank analysiert werden.

„Durch diesen neuartigen methodischen Zugang über drei verschiedene Datenquellen und deren individuelle Verknüpfung gelingt es uns, langfristige gesundheitliche Belastungen durch die Krebserkrankung und deren Therapie zu erkennen“, sagt Professor Dr. Enno Swart vom Institut für Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung (ISMG) der Medizinischen Fakultät der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg und Leiter des Forschungskonsortiums.

Nach Krebserkrankung: Herz- und Hörprobleme sind häufige Folgen

Die Gesamtauswertung der Studie läuft noch. Die ersten Erkenntnisse zeigen aber, dass Überlebende ein deutlich höheres Risiko für kardiale und audiologische Erkrankungen haben, heißt es von den Autoren. Bereits in jungen und mittleren Jahren träten so häufig Herzklappenveränderungen, Erkrankungen des Herzmuskels (Kardiomyopathien) sowie Hörminderungen bis hin zu Hörverlusten auf. 

Dass Krebserkrankungen und deren Therapien Folgen für die Herzgesundheit haben, deckt sich mit anderen Forschungsergebnissen. Demnach steigt bereits nach der Diagnose Krebs etwa das Risiko für eine Herzinsuffizienz gegenüber nicht krebskranken Menschen um das DreifacheMedical Tribune: "Chemo schwächt Herzen langfristig", Stand: 25.07.2018 , und zwar für rund 20 Jahre.

Menschen, die als Kind eine Krebserkrankung durchgestanden haben, haben einer anderen StudieNational Library of Medicine: "Chronic health conditions in adult survivors of childhood cancer"  zufolge ein um den Faktor 15 erhöhtes Lebenszeitrisiko, eine Herzinsuffizienz zu entwickeln.  

Auch spätere Hörprobleme sind als Folge von Chemo- und Strahlentherapien im Kopfbereich ein bekanntes PhänomenDeutsches Krebsforschungszentrum: "Hörverlust bei Krebs - Ein unterschätztes Problem?", Stand: 12.03.2024 .

Die bisherigen Chemo- und Strahlentherapien sind dabei die hauptsächlichen Verursacher dieser Nebenwirkung – neben der Tumorerkrankung an sich. Modernere, gezieltere Therapien wie etwa verschiedene Immuntherapien, fokussiertere Chemo- oder Strahlentherapien mit geringerer Streuwirkung und weniger allgemeinen Nebenwirkungen im Organismus könnten zukünftig auch unter Umständen weniger dieser Langzeitfolgen nach sich ziehen.

Nachsorge durch Studie verbessern

Neu bei der VersKiK-Studie ist allerdings die systematische Auswertung speziell für den Bereich krebsbetroffener Kinder. Ziel der Arbeit der Forschenden soll sein, „die gewonnenen Erkenntnisse schnellstmöglich in die Versorgungspraxis zu überführen und die bestehenden Leitlinien zu verbessern“.

In weiteren Auswertungen der Studie will man in nächster Zeit erheben, inwieweit psychiatrische und Stoffwechselerkrankungen als Folgeerkrankungen auftreten und besser in der Nachsorge behandelbar werden können. Quellen:
- RKI; Krebs bei Kindern; Einzelkapitel aus "Krebs in Deutschland für 2019/2020"; 7. Dezember 2023; https://www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Content/Publikationen/Krebs_in_Deutschland/kid_2023/kid_2023_kinder.pdf?__blob=publicationFile
- Universitätsklinikum Magdeburg; Hohes Risiko für Herz- und Hörprobleme nach Krebserkrankung im Kindes- und Jugendalter; 22. August 2024; Pressemitteilung; https://www.med.uni-magdeburg.de/Kommunikation+_+Presse/Presse/Pressemitteilungen/Hohes+Risiko+f%C3%BCr+Herz_+und+H%C3%B6rprobleme+nach+Krebserkrankung+im+Kindes_+und+Jugendalter-p-41962.html
- Braunwarth A.; Chemo schwächt Herz langfristig. Medical Tribune, 25. Juli 2018; https://www.medical-tribune.de/medizin-und-forschung/artikel/chemo-schwaecht-herzen-langfristig/,
- Oeffinger KC, Mertens AC, Sklar CA, et al. (2016): Childhood Cancer Survivor Study. Chronic health conditions in adult survivors of childhood cancer. New England Journal of Medicin. 355: 1572–82. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/17035650/
- Vetter, C. et al.; Spätfolgen für das Gehör; Kinderkrebsinfo; 23. Oktober 2024; Kinderkrebsinfo; https://kinderkrebsinfo.de/doi/e131859 ; https://www.gpoh.de/kinderkrebsinfo/content/patienten/nachsorge/spaetfolgen___langzeitnachsorge/spaetfolgen_der_krebstherapie/betroffene_organe/gehoer/index_ger.html
- Krebsinformationsdienst; Hörverlust bei Krebs – Ein unterschätztes Problem?; 12. März 2024; https://www.krebsinformationsdienst.de/fachkreise/nachrichten/detail/hoerverlust-bei-krebs