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Stress begünstigt Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Junge Frau hält schmerzerfüllt Hände an Brust
Insbesondere junge Menschen fühlen sich gestresst. Das kann Herzerkrankungen begünstigen. | Bild: Graphicroyalty / AdobeStock 

Es ist hinlänglich bekannt: Stress kann krank machen. Eine andauernd hohe Belastung von Körper und Psyche kann unter anderem eine Gewichtszunahme fördern, zu Hörproblemen führen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigen.  

Letzteres bestätigen aktuelle Daten der KKH Kaufmännische Krankenkasse: Bei Versicherten mit kardiovaskulären Diagnosen (etwa Bluthochdruck oder Herzrhythmusstörungen) liegt der Anteil der Patienten mit stressbedingten psychischen Leiden um rund ein Viertel höher als im Allgemeinen.  

Zu den psychischen Erkrankungen rechnet die Ersatzkasse beispielsweise Belastungsreaktionen, aber auch Depressionen und Anpassungsstörungen wie Neurasthenie.

Gut zu wissen: Was ist Neurasthenie?

Man unterscheidet zwei Formen der Neurasthenie. Bei der einen Variante berichten Patienten von einer vermehrten Müdigkeit nach geistiger Anstrengung. Dies geht häufig einher mit einer abnehmenden Effektivität beim Bewältigen alltäglicher Aufgaben.

Bei der zweiten Form von Neurasthenie geben Betroffene körperliche Schwäche und Erschöpfung nach nur geringer Anstrengung an. Dies kann begleitet sein von (muskulären) Schmerzen und der Unfähigkeit, sich zu entspannen.

Weitere Symptome einer Neurasthenie können u. a. sein: Schwindelgefühl, Depression, Angst, Reizbarkeit. Quelle: DocCheck / mia 

Stressbedingte Herzerkrankungen nehmen deutlich zu

Die Analyse der KKH zeigt zudem einen bedenklichen Trend: In den letzten Jahren ist der Anteil der stressgeplagten Herzpatienten gestiegen. Gemäß der Daten haben Herz-Kreislauf-Erkrankungen im Allgemeinen von 2011 auf 2021 um rund 17 Prozent zugenommen. Im Zusammenhang mit einem psychischen Leiden stieg die Zahl der Herz-Kreislauf-Erkrankungen sogar um das Doppelte (rund 37 Prozent).  

Mittlerweile erhalte durchschnittlich jeder zehnte Herzpatient eine Stressdiagnose, berichtet die Krankenkasse. Bei KKH-Versicherten im berufstätigen Alter zwischen 25 und 64 Jahren sei es sogar jeder Siebte.

Zur Erinnerung: Was ist Stress?

Stress ist eine Reaktion des Körpers auf äußere Belastungen und soll dabei helfen, sich diesen besser anpassen zu können. Stress sichert also das Überleben. Er versetzt den Körper in einen Ausnahmezustand: Die Aufmerksamkeit wird geschärft, das Herz schlägt schneller, der Blutdruck steigt. Stress mobilisiert Energiereserven und kurbelt den Stoffwechsel an. So bereitet sich der Körper auf Flucht- oder Angriffsreaktionen vor.

Heutzutage sind wir jedoch weniger physischen Stressoren wie Angreifern ausgesetzt, sondern viel mehr psychischen Stressfaktoren wie Leistungsdruck, finanziellen Sorgen oder zwischenmenschlichen Problemen. Dieser Stress hält meist länger an und kann im schlimmsten Fall chronisch werden.

Stress und Herzprobleme werden oft verkannt

Stress zu haben, wird heutzutage häufig als normal empfunden und die Symptomatik daher zu oft verharmlost. Auch kardiovaskuläre Erkrankungen werden oft falsch eingeschätzt und eher als Alterserscheinung eingestuft.  

Die Analyse macht jedoch deutlich: Verbunden mit Stress können Herz-Kreislauf-Erkrankungen schon in jüngeren Jahren zum Problem werden. Während Herz-Kreislauf-Erkrankungen für sich gesehen mit zunehmendem Alter allmählich, aber kontinuierlich stiegen, würden sie in Kombination mit Stressdiagnosen bereits ab dem jungen Alter nach oben schnellen, sich lange auf hohem Niveau halten und erst mit Beginn des Rentenalters wieder deutlich absinken, heißt es in einer Pressemitteilung der KKH.

Umfrage: Jüngere stehen mehr unter Stress

Im Auftrag der Ersatzkasse hat die forsa eine Umfrage zum Thema Stress durchgeführt. Diese ergab, dass sich eher Jüngere als Ältere unter Druck fühlen: 18- bis 49-Jährige fühlen sich demnach öfter gestresst als 50- bis 70-Jährige. Entsprechend nehmen sie auch häufiger Beschwerden wahr, die sie auf Stress und hohen Druck zurückführen.

Zur Erinnerung: Was sind Symptome von Stress?

Insbesondere psychischer Stress kann anhaltende seelische und körperliche Symptome hervorrufen. So sind gestresste Personen häufig nervös, angespannt, sie können sich schlechter konzentrieren und die Leistungsfähigkeit lässt nach. Langfristig können sie sich erschöpft, depressiv oder hilflos fühlen. 

Körperlich zeigt sich Stress mitunter durch Verspannungen, Verdauungs- oder Magenprobleme, häufige Kopfschmerzen und Herzrasen.

Als Hauptursache für Stress nannte jeder Zweite in der forsa-Umfrage hohe Ansprüche an sich selbst. Unter den 35-Jährigen machen sich sogar zwei Drittel diesen Druck. Eine weitere große Belastung stellt laut Umfrage der Arbeitsplatz dar. Insgesamt fühlen sich dadurch 43 Prozent der Befragten belastet, unter den 18- bis 34-Jährigen sind es sogar 65 Prozent.  

Allen Altersgruppen machen derzeit gesellschaftliche Probleme wie Klimawandel, Krieg und Inflation zu schaffen. Stresspotenzial haben für je rund ein Drittel darüber hinaus die ständige Erreichbarkeit über Smartphone und soziale Netzwerke beziehungsweise Konflikte in der Familie.

Für Herzgesundheit Stress bewältigen

Der Körper braucht zwar in gewisser Weise Stress, er sollte jedoch auch ausreichend Entspannung erhalten. Bleibt diese aus, kann Dauerstress entstehen. Und dieser führt im schlimmsten Fall zu ernsthaften Erkrankungen wie Herzinsuffizienz oder Herzinfarkt.  

„Bei anhaltendem Stress nehmen wir außerdem häufig Verhaltensweisen an, die der Gesundheit zusätzlich schaden“, erläutert KKH-Ärztin Dr. Sonja Hermeneit. „Wir bewegen uns oft weniger, essen mehr oder ernähren uns ungesünder, trinken mehr Alkohol.“ Und dies wiederum stellt Risikofaktoren dar, die kardiovaskuläre Erkrankungen begünstigen können. Ein Teufelskreis entsteht.

Doch während diese Risikofaktoren gemeinhin bekannt sind und beachtet werden, würden psychische Belastungen als Risikofaktor für die Herzgesundheit oft nicht in gleicher Weise berücksichtigt, sagt Hermeneit. Dies könne leicht behoben werden, wenn Ärzte ihre Patienten auf deren Lebenssituation und psychisches Befinden ansprächen.  

Auch Professor Dr. Kai Kahl von der Medizinischen Hochschule Hannover betont: „Werden leichtere psychische Erkrankungen wie akute Belastungsreaktionen und Anpassungsstörungen erfolgreich behandelt, noch bevor sie in ein schwereres seelisches Leiden wie eine Depression münden, sind die Chancen deutlich besser, dass das Herz nicht in Mitleidenschaft gezogen wird.“ Quelle: PM KKH