Diagnose über Tränenflüssigkeit möglich: Was ist eigentlich die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit?
Mysteriöse, neurologische Symptome stellten Anfang der 1920er-Jahre zwei deutsche Nervenärzte bei ihren Patienten fest. Und nach deren Tod fanden sie eine „eigenartige, herdförmige Erkrankung des Zentralnervensystems“.
Sie vermuteten, dass sie auf eine neue, unbekannte Krankheit gestoßen waren. Damit hatten die beiden Neurologen – Hans-Gerhard Creutzfeldt und Alfons M. Jakob – vor 100 Jahren recht. Sie wurden daher zu den Namensgebern der Erkrankung. Die Ursache der rätselhaften neurodegenerativen Krankheit fanden die beiden Erstbeschreiber jedoch nicht heraus.
Creutzfeldt-Jakob: Krankheitsauslöser Prionen
Auch heute ist der Pathomechanismus der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJK) noch nicht restlos geklärt. Doch Viren, die man lange Zeit für die verantwortlichen Erreger der CJK hielt, spielen keine Rolle.
Krankheitsauslöser sind höchstwahrscheinlich infektiöse Eiweiße – sogenannte Prionen. Solche speziellen Proteine produziert das Gehirn selbst. Normalerweise sind sie harmlos. Doch unter bestimmten Umständen nehmen die Prionproteine eine fehlerhaft gefaltete Molekülstruktur ein. Sie können dann miteinander verklumpen und normalen Prionproteinen ebenfalls die Fehlfaltung aufzwingen. Dadurch kommt es zu Funktionsstörungen und zum Untergang betroffener Nervenzellen.
Typischerweise nimmt das Gehirn mit der Zeit eine schwammartig (= spongiform) durchlöcherte Struktur an. Die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit zählt daher zu den sogenannten Spongiformen Enzephalopathien.
Creutzfeldt-Jakob verläuft stets tödlich
Die Inkubationszeit kann Jahre bis Jahrzehnte dauern. Die Symptomatik ähnelt zu Beginn der Alzheimer-Demenz – mit Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen, Reizbarkeit und Schlaflosigkeit. Doch die demenzartige Degeneration schreitet innerhalb weniger Wochen bis Monate rasch voran.
Hinzu kommen Störungen in der Bewegungskoordination sowie Spastik, Krämpfe und epileptische Anfälle. Die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit verläuft immer tödlich. Zwischen Symptombeginn und Tod liegen im Schnitt nur sechs Monate.
Am häufigsten sporadische Form
Die CJK ist eine sehr seltene Krankheit. Jährlich erkranken pro einer Million Menschen nur ein bis zwei Personen. Zu 85 Prozent handelt es sich dabei um die sogenannte sporadische Form der CJK, die ohne erkennbaren äußeren Einfluss auftritt.
Daneben gibt es eine genetisch bedingte (hereditäre) CJK. Sehr selten wurde eine CJK auch übertragen, etwa durch Injektion von Wachstumshormon, das aus Leichenhypophysen gewonnen wurde.
Übertragung durch BSE-kontaminierte Nahrungsmittel
Eine weitere übertragene CJK-Form ist die sogenannte variante Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (vCJK). Sie wurde während der BSE-Krise bekannt. Denn es handelt sich bei ihr allem Anschein nach um die menschliche Entsprechung zur Tierseuche BSE (Bovine Spongiforme Enzephalopathie).
Die Rinderkrankheit – ebenfalls eine Prionenerkrankung – entwickelte sich ab 1986 in England zur Epidemie, trat dann aber auch in anderen Ländern auf. Mutmaßlich infolge des Verzehrs von Fleisch infizierter Rinder wurden seit 1995 weltweit mehr als 200 Fälle von vCJK registriert, die meisten davon in Großbritannien. Betroffen waren vor allem jüngere Menschen. In Deutschland ist diese CJK-Variante bisher nicht aufgetreten.
Nach heutigen Erkenntnissen vergehen zwischen der Aufnahme von Nahrung, die mit pathologischem Prionprotein kontaminiert ist, bis zum Ausbruch einer vCJK viele Jahre. Milchprodukte gelten in dieser Hinsicht übrigens als sichere Nahrungsmittel.
Erstmals Diagnose über Tränenflüssigkeit möglich
Bisher wird bei Verdacht auf Creutzfeldt-Jakob-Krankheit eine Nervenwasseruntersuchung (Liquordiagnostik) und eventuell eine Kernspintomographie durchgeführt. Für die Untersuchung des Liquors auf CJK wie auch auf andere Prionenerkrankungen kommt eine spezielle Testmethode zum Einsatz: die Real Time Quaking-Induced Conversion (RT-QuIC).
Mit der RT-QuIC lassen sich auch kleinste Mengen der krankhaft veränderten Eiweiße im Nervenwasser nachweisen. Allerdings ist dazu eine Lumbalpunktion nötig. Sie kann für die Patienten unangenehm sein und möglicherweise Komplikationen verursachen.
Deshalb wird nach schonenderen und sichereren Nachweismethoden gesucht. Hierbei waren Forscher an der Universitätsmedizin Göttingen nun erfolgreich: Durch eine Weiterentwicklung der RT-QuIC-Testmethode konnten sie im Rahmen einer Pilotstudie erstmals veränderte Prionen in Tränenflüssigkeit nachweisen. Tränenflüssigkeit gilt als gut geeignetes Medium. So ist sie leicht zu sammeln und enthält nur wenige störende Faktoren wie zum Beispiel Blutzellen.
Darüber hinaus ist auch ein Bluttest zur Früherkennung in Aussicht.
Keine Therapiemöglichkeiten vorhanden
Von effektiven Methoden zur frühen Erkennung einer Creutzfeldt-Jakob-Krankheit verspricht man sich auch einen Auftrieb für die therapeutische Forschung. Bisher ist die CJK nicht heilbar.
Auch gibt es keine spezifischen Behandlungsmöglichkeiten. Eine symptomatische Therapie existiert derzeit nur für die Muskelkrämpfe. Hier werden Clonazepam oder Valproat eingesetzt. Neue medikamentöse Ansätze sind aber in Erprobung. Quellen: Robert Koch-Institut (RKI); Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V. (DGN); Universitätsmedizin Halle; Universitätsmedizin Göttingen (UMG); Deutsches Ärzteblatt, 6. Dezember 2019
Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJK) in Kürze
- Seltene, neurodegenerative Erkrankung, zählt zu den Spongiformen Enzephalopathien, führt zu schwammartiger Struktur des Hirngewebes
- Schnell voranschreitender demenzieller Prozess, außerdem Bewegungsstörungen, Krämpfe; tödlicher Verlauf
- Krankheitsauslöser sind Prionen (fehlgefaltete wirtseigene Eiweiße: „infektiöse Proteine“).
- Kann ohne erkennbare äußere Ursache auftreten (sporadische CJK) oder genetisch bedingt sein (hereditäre CJK), sehr selten erworben.
- Variante Form der CJK (vCJK) gilt als menschliche Entsprechung zur Rinderseuche BSE (ebenfalls Prionenerkrankung), durch diese übertragbar.
- Diagnose mittels Liquordiagnostik, Aussicht auf Analyse von Tränenflüssigkeit und Bluttest
- Keine ursächliche Behandlungsmöglichkeit