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Abgabe nur noch mit Patientenkarte: Blaue-Hand-Symbol für Valproat-haltige Arzneimittel

Bild: bluecinema - iStockphoto.com

Bereits im Jahr 2014 wurden die Anwendungsgebiete von Valproat erheblich eingeschränkt. Grund ist das erhöhte Fehlbildungsrisiko, wenn Valproat-haltige Mitte während der Schwangerschaft eingenommen werden. Eingesetzt wird der Wirkstoff bei Epilepsie, bei bipolaren Störungen sowie in manchen Ländern auch zur Migräneprophylaxe. So soll der Wirkstoff bei weiblichen Jugendlichen und Frauen im gebärfähigen Alter nur noch eingesetzt werden, wenn andere Arzneimittel gegen Epilepsie und manischen Episoden bei bipolaren Störungen nicht wirksam sind oder nicht vertragen werden. Dazu wurde eine Reihe von Auflagen gemacht, um das Risiko für Fehlbildungen zu minimieren. Es wurden beispielsweise Schulungsmaterialen und eine Patienteninformationsbroschüre entwickelt, die über die mit Valproat verbundenen Risiken in der Schwangerschaft informieren sollen. Außerdem müssen behandelnde Ärzte und Patientinnen beziehungsweise gesetzliche Vertreter mit ihrer Unterschrift bestätigen, dass eine entsprechende Aufklärung erfolgt ist.

Zweifel an der Wirksamkeit der Auflagen

2016 wurden die Auflagen dann evaluiert. Es bleiben aber offenbar erhebliche Zweifel, ob alle Ärzten und Patienten davon ausreichend Kenntnis genommen haben. Daher hat das BfArM angeregt, die Materialien noch einmal zu verschicken. Außerdem muss ab sofort bei jeder Verordnung oder Abgabe an Frauen im gebärfähigen Alter eine Patientenkarte ausgehändigt werden. Bis alle Packungen so eine Karte enthalten, sollen vorübergehend die Karten verwendet werden, die mit den Infomaterialien verschickt werden. Laut Informationen der Arzneimittelkommisson der Apotheker haben alle Apotheken am gestrigen Donnerstag das entsprechende Informationsschreiben sowie 20 Patientenkarten zur sofortigen Abgabe erhalten. Alternativ können Karten auf der Internetseite des BfArM oder bei den jeweiligen pharmazeutischen Unternehmen heruntergeladen werden. Auch Schulungsmaterialien finden sich dort.

Was ist auf der Karte?

Auf der Patientenkarte findet sich der Hinweis auf das Risiko schwerwiegender Entwicklungsstörungen und Missbildungen beim ungeborenen Kind bei Anwendung in der Schwangerschaft. Frauen im gebärfähigen Alter, Schwangere sowie weibliche Jugendliche und Mädchen sollten Valproat nur anwenden, wenn kein anderes Mittel wirksam ist, heißt es weiter.

Unter dem Punkt „Was Sie tun müssen“ wird die Notwendigkeit einer wirksamen Empfängnisverhütung thematisiert, um ungeplante Schwangerschaften zu vermeiden. Frauen, die planen schwanger zu werden, sollen dies mit ihren Arzt besprechen, heißt es weiter. Sie dürften ihr Verhütungsmittel nicht absetzen oder versuchen, schwanger zu werden, bevor sie hierüber mit dem Therapeuten gesprochen haben, so die Aufforderung. Im Falle einer Schwangerschaft sind Patientinnen angehalten, den Arzt sofort zu informieren – und nicht nur dann, sondern bereits, wenn der Verdacht besteht. Beendet werden dürfe die Einnahme nur auf Aufforderung des behandelnden Arztes. Der Zustand könne sich sonst verschlechtern, werden die Frauen gewarnt. Am Schluss findet sich dann der Hinweis, die Karte sorgfältig aufzubewahren, damit die Patientin immer wisse, wie sie sich verhalten soll.

Die Patientenkarte | Bild: BfArM
Die Patientenkarte | Bild: BfArM

Warum das Ganze?

Das Antiepileptikum Valproat soll insbesondere in Frankreich – entgegen anderslautender nationaler und europäischer Empfehlungen – in großem Ausmaß bei schwangeren Epilepsie-Patientinnen und schwangeren Patientinnen mit bipolaren Störungen angewandt worden sein. Seitens der Behörden geht man davon aus, dass zwischen 2007 und 2014 über 14.000 Frauen Valproat während einer Schwangerschaft eingenommen haben – obwohl das Fehlbildungsrisiko zu diesem Zeitpunkt schon lange bekannt war. Die genaue Zahl ist zwar nicht bekannt, aber es wird davon ausgegangen, dass eine ganze Reihe von Fehlbildungen, Schwangerschaftsabbrüche oder Totgeburten auf das Konto von Valproat gehen. Die geschädigten Frauen erheben Vorwurf, nicht aufgeklärt worden zu sein.

Europäisches Risikobewertungsverfahren in 2013

Das ganze mündete 2013 in einem europäischen Risikobewertungsverfahren, das die oben genannten Maßnahmen zur Folge hatte. Doch nun gibt es Zweifel an der Wirksamkeit der Auflagen – aus Frankreich. Die dortige Arzneimittelbehörde ANSM hat die EMA aufgefordert, die bestehenden Maßnahmen zu evaluieren und möglicherweise weitere zu veranlassen, um das Risiko zu minimieren. Im Frühjahr hat der Pharmakovigilanzausschuss der EMA, PRAC, den Start des Verfahrens bekannt gegeben. Vor dem Hintergrund der erneuten Diskussion auf europäischer Ebene ist auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) aktiv geworden und hatte die Einführung der Karte beschlossen.