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Was ist eigentlich BSE?

Ein Rind im Stall
Was ist BSE und gibt es „Rinderwahnsinn“ auch beim Menschen? | Bild: Gerisch / AdobeStock

Der Schrecken war groß, als die BSE-Krise Deutschland erreichte: Im Jahr 2000 wurde die Rinderkrankheit erstmals bei einer hierzulande geborenen Kuh festgestellt. Schon seit 1986 waren in Großbritannien in großem Umfang BSE-Infektionen bei Rindern aufgetreten. Ursache war wahrscheinlich die Verfütterung von unzureichend erhitztem, infektiösem Tiermehl. 

Doch damit nicht genug: Der BSE-Erreger schien auf den Menschen übertragbar zu sein. Es gab Berichte über demenzartige Gehirnerkrankungen bei jüngeren Personen. Im Jahr 1996 starben daran in Großbritannien zehn Menschen. Man vermutete, dass sich die Betroffenen Jahre zuvor durch den Verzehr von Fleisch von BSE-infizierten Tieren angesteckt hatten. 

Wie sich der „Rinderwahn“ äußert

BSE ist die Abkürzung für Bovine Spongiforme Enzephalopathie. Die Erkrankung führt zu einer schwammartigen (spongiformen) Rückbildung der Gehirnsubstanz bei Rindern. Dies löst bei den Tieren auffallende Symptome aus:

  • Verhaltensänderungen wie Ängstlichkeit und Schreckhaftigkeit
  • Bewegungsstörungen und Koordinationsschwierigkeiten
  • Sensibilitätsstörungen wie Überempfindlichkeit auf Berührung, Lärm und Licht.  

Wegen dieser Symptomatik sprach man auch vom „Rinderwahn“.  

BSE-Auslöser: entartete Prionen 

Erreger der BSE sind weder Viren, Bakterien oder Pilze noch andere Ein- oder Mehrzeller, sondern fehlgefaltete Prionproteine. Diese infektiösen Partikel entstehen aus Prionen – speziellen Proteinen, die im Gehirn natürlicherweise gebildet werden. Normalerweise sind die Prionen harmlos. Doch sie können sich unnatürlich falten, dann zusammenklumpen und andere Prionproteine dazu veranlassen, sich ebenfalls umzufalten. Dadurch werden sie zu Krankheitserregern. Zwischen Infektion und dem Auftreten erster neurodegenerativer Symptome vergehen mehrere Jahre. Die Erkrankung verläuft immer tödlich.

Fehlgefaltete Prionproteine gelten auch als Ursache der Scrapie (Traberkrankheit) beim Schaf und der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJK) beim Menschen. Auch sie sind spongiforme Enzephalopathien, die zu schwerer Neurodegeneration führen. Sie sind übertragbar und enden stets mit dem Tod.  

Zusammenhang von BSE mit menschlicher Krankheit 

Man geht heute davon aus, dass die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit durch eine orale BSE-Übertragung ausgelöst werden kann. Da sich pathogene Prionproteine bei erkrankten Rindern vor allem in Hirn und Rückenmark befinden, gelten diese Gewebe als Risikomaterialien. 

Aber auch kontaminiertes Fleisch wird bei Verzehr als mögliche Infektionsquelle angesehen. Wird auf diese Weise bei einem Menschen möglicherweise CJK ausgelöst, handelt es sich um die sogenannte variante Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (vCJK). 

Klassische Fälle von CJK entstehen entweder sporadisch oder werden vererbt. Während die klassische CJK mit einer Rate von circa einem Fall pro einer Million Einwohner und Jahr auftritt, kam es in Deutschland bisher noch zu keinem Fall von vCJK. 

Es gibt auch atypische BSE

Die Zahl der in der Europäischen Union entdeckten Fälle von BSE ist in den vergangenen Jahren gesunken. In Deutschland wurden bis heute nur einige hundert BSE-Fälle registriert. Die BSE-Krise war aber Anlass für Verbesserungen der Lebensmittelsicherheit. So wurden etwa strengere Futtermittelvorschriften erlassen und BSE-Tests durchgeführt.  

Doch wie kam es zu dem kürzlich auf einem niederländischen Bauernhof entdeckten BSE-Fall? Die Untersuchungen der toten Kuh ergaben, dass sie nicht an der klassischen BSE-Form litt. Es handelte sich vielmehr um atypische BSE. Diese äußerst seltene BSE-Form kann offenbar – wie CJK beim Menschen – spontan auftreten, vor allem bei älteren Tieren. Sie hat also nichts mit der Verfütterung infektiöser tierischer Produkte zu tun. Daher ist auch in Zukunft damit zu rechnen, dass vereinzelte BSE-Fälle bei Rindern auftreten. Quellen: Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL); Robert Koch-Institut (RKI); Friedrich-Loeffler-Institut (FLI); Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (efsa); Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf; www.tagesschau.de 

BSE in Kürze

  • Bovine Spongiforme Enzephalopathie; bei Rindern auftretende neurodegenerative Erkrankung; führt zu Verhaltensänderungen, Bewegungsstörungen, Sensibilitätsstörungen („Rinderwahn“)
  • 1986 erstmals in Großbritannien entdeckt; führte zu BSE-Epidemie
  • Krankheitsursache: abnorm veränderte wirtseigene Proteine (Prionen); durch kontaminierte tierische Futtermittelprodukte übertragbar
  • BSE höchstwahrscheinlich auf Menschen übertragbar, löst dann Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (vCJK) aus.
  • In Niederlanden kürzlich Fall von atypischer BSE: sehr selten vorkommendes spontanes Auftreten von BSE (ohne Übertragung von außen)