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Wegen DIY-Anleitungen im Internet: Vorsicht! Fiebersäfte nicht zu Hause herstellen

Packung Ibuflam 40 mg/ml
Bei selbst hergestellten Fiebersäften ist die Dosierung zu ungenau. | Bild: IMAGO / Fotostand

Flüssige Darreichungsformen mit Ibuprofen und Paracetamol sind immer noch schwer zu bekommen. Im Internet liest man daher mitunter folgende Anweisung: „Eine Tablette Ibuprofen 400 mg in ein Glas Wasser oder Apfelsaft geben und gut umrühren. Die benötigte Menge kann nun mit einer Spritze entnommen werden.“ Doch ganz so einfach ist es nicht. Nicht ohne Grund gehört die Herstellung von Arzneimitteln in die Hände des pharmazeutischen Personals.

Definierte Konzentration durch „caking“ und „ein Glas Wasser“ ungewiss

Wenn eine Tablette mit Ibuprofen oder Paracetamol in ein Glas Wasser gegeben wird, löst sich der jeweils verwendete Arzneistoff nur teilweise auf. Es kann also keine Lösung erhalten werden und ein Großteil des Wirkstoffs bleibt ungelöst. Auch kräftiges Umrühren führt nicht zu einer deutlichen Verbesserung der Löslichkeit. 

Eine gleichmäßige Verteilung des ungelösten Wirkstoffs kann, wenn überhaupt, nur für wenige Sekunden erreicht werden. Die Feststoffpartikel sinken rasch zu Boden und ob sich diese wieder aufschütteln lassen, ist ungewiss. Das Sediment kann zusammenbacken und eine zähe Masse bilden, dieser Vorgang wird auch als „caking“ bezeichnet. 

Weiterhin ist auch die Volumenangabe „ein Glas Wasser“ zur Herstellung von Arzneimitteln ungeeignet. Bekanntermaßen werden pharmazeutische Lösungen durch Abwiegen hergestellt und auf ein genau bezeichnetes Endgewicht aufgefüllt. Nur so kann die gewünschte Konzentration an Arzneistoff pro Milliliter Lösung erhalten werden.

Fiebersäfte: Ibuprofen und Paracetamol als Suspensionen

Ibuprofen ist in Wasser praktisch unlöslich, auch Paracetamol weist nur eine begrenzte Wasserlöslichkeit auf. Flüssige Zubereitungen zum Einnehmen mit diesen beiden Wirkstoffen können daher nicht als wässrige Lösung hergestellt werden, es müssen Suspensionen konzipiert werden. 

Bei der Darreichungsform Suspension liegt der Feststoff ungelöst in einer flüssigen Phase vor. Um Suspensionen von hoher pharmazeutischer Qualität zu erhalten, ist meist ein gewisser Aufwand in der Entwicklung nötig. Denn zum Zeitpunkt der Entnahme der Einzeldosis muss der Wirkstoff homogen verteilt in der Flüssigkeit vorliegen, ansonsten kommt es zu gefährlichen Unter- oder Überdosierungen. 

Suspensionen aus der Rezeptur: Darauf muss man achten

Werden Suspensionen im Rezepturbetrieb hergestellt, wird der fein gepulverte Feststoff zunächst mit einer kleinen Menge der Flüssigkeit angerieben. Dadurch werden die Feststoffteilchen gleichmäßig mit der Flüssigkeit benetzt und einer Agglomeratbildung vorgebeugt. In diese Anreibung kann dann der Rest der Flüssigkeit in Anteilen eingearbeitet werden.

Suspensionen sind thermodynamisch instabile Systeme und neigen zur Entmischung. Im Laufe der Zeit sinken die Feststoffpartikel zu Boden und sind nicht mehr homogen verteilt. Diese Sedimentbildung lässt sich meist nicht verhindern und ist bei pharmazeutisch verwendeten Suspensionen normalerweise auch zulässig. Allerdings muss gewährleistet sein, dass es sich um ein lockeres Sediment handelt und sich dieses zur Dosisentnahme wieder leicht aufschütteln lässt. 

Um ausreichend Zeit zum Abmessen der benötigten Dosierung zu haben, muss die homogene Verteilung der Feststoffe auch eine gewisse Zeit erhalten bleiben. Durch Zugabe von viskositätserhöhenden Hilfsstoffen zur Flüssigkeit kann der Vorgang der Sedimentation verzögert werden. Die Art des verwendeten Gelbildners und seine Einsatzkonzentration werden für die jeweilige Suspension empirisch ermittelt. Die Fließfähigkeit der Zubereitung muss insbesondere bei Suspensionen zur Einnahme jederzeit erhalten bleiben.

Zur Herstellung von flüssigen Zubereitungen mit Ibuprofen und Paracetamol hat sich die Grundlage für Suspensionen zum Einnehmen DAC (NRF S.52.) als geeignet erwiesen. Diese Trägerlösung ist speziell zur Versorgung pädiatrischer Patienten entwickelt worden und für Kinder aller Altersstufen verträglich. Als Verdickungsmittel ist Hydroxyethylcellulose 10.000 in 0,5-prozentiger Konzentration enthalten. Der enthaltene Einfachzucker Glucose-Monohydrat erhöht ebenfalls die Viskosität und trägt zudem zur Geschmacksverbesserung bei.

Warum sind selbst hergestellte Fiebersäfte untauglich?

Neben der fehlerhaften Dosierung der selbst hergestellten Zubereitungen tragen diese zudem ein hohes Risiko für das Wachstum von Mikroorganismen. Wässrige Zubereitungen gelten als mikrobiell anfällig und werden daher vom pharmazeutischen Personal fachgerecht konserviert. Wird jedoch eine Tablette in Wasser gegeben, ist kein Konservierungsmittel enthalten. 

Um die in der Apotheke hergestellten Suspensionen mit Ibuprofen und Paracetamol vor mikrobiellem Verderb zu schützen, wird eine Kombination von Kaliumsorbat und Citronensäure verwendet. Die Citronensäure setzt dabei aus dem Salz die antimikrobiell wirksame Sorbinsäure in ausreichender Menge frei. Sorbinsäure gilt als Mittel der Wahl zur Konservierung pädiatrischer Zubereitungen und ist für Kinder unbedenklich.

Bei älteren Kindern auf Tabletten ausweichen

Viele Apotheken stellen mittlerweile die dringend benötigten Fiebersäfte selbst her. Es besteht also Hoffnung, dass sich die Situation zumindest etwas entspannt. Für ältere Kinder können auch schon Tabletten infrage kommen, dabei muss immer die richtige Dosierung beachtet werden. Zur Behandlung von Fieber und Schmerzen werden Ibuprofen und Paracetamol in Abhängigkeit vom Körpergewicht und Alter des Kindes dosiert.

Auch die Arzneimittelbehörden in Frankreich und Großbritannien haben bezüglich des Amoxicillin-Engpasses erklärt, dass bei Kindern häufig feste orale Darreichungsformen zum Einsatz kommen können. 

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) empfiehlt seit Ende 2022 für Paracetamol und Ibuprofen „unter Berücksichtigung des Alters der Patientin oder des Patienten“ die Abgabe einer festen oralen Darreichungsform zu prüfen. Bei teilbaren Tabletten würde in den Fachinformationen (zum Beispiel bei Ratiopharm) die Einnahme  

  • für Kinder ab vier Jahren (Paracetamol) bzw.
  • ab sechs Jahren (Ibuprofen) angeführt.

Außerdem sollen laut BfArM ab neun Jahren Ibuprofen- und Paracetamol-Säfte nur noch auf Rezept abgegeben werden, wenn die Einnahme fester Darreichungsformen nicht möglich ist.  

Grundsätzlich sollte zum Teilen von Tabletten ein Tablettenteiler verwendet werden. Die Tabletten-Hälfte kann dem Kind auf einem Löffel mit etwas Flüssigkeit oder Joghurt verabreicht werden.