Aktuelle Fragen und ihre Antworten: FAQ zur Herstellung von Ibuprofen-Rezepturen
Fiebersäfte für Kinder mit den Wirkstoffen Paracetamol und Ibuprofen sind derzeit Mangelware. Grund dafür ist ein Marktrückzug eines Zulassungsinhabers. Um den Lieferengpass zu überbrücken, können in Apotheken Suspensionen hergestellt werden.
Nun tauchen in der Praxis vermehrt Fragen zu den Ibuprofen-Rezepturen auf. Wir wollen die häufigsten für Sie beantworten.
Was tun, wenn die Rezeptursubstanz nicht verfügbar ist?
Inzwischen erreichen die Redaktion vermehrt Meldungen aus Apotheken, dass mittlerweile Ibuprofen auch als Rezepturausgangsstoff nur sehr schwer oder gar nicht mehr verfügbar ist, sodass Rezepturen derzeit nur aus Fertigarzneimitteln hergestellt werden können. Im Vergleich zu Paracetamol wird die Situation bei Ibuprofen dadurch erschwert, dass es sich bei Ibuprofen-Tabletten ausnahmslos um Filmtabletten handelt, bei denen stets abzuwägen ist, ob bzw. inwieweit die Filmbildner bei der Weiterverarbeitung problematisch sein könnten.
Aus diesem Grund wird von der Weiterverarbeitung von Filmtabletten in Pulvermischungen zur Kapselbefüllung tendenziell abgeraten, was auch im Hinblick auf die Verarbeitung als dispergierte Phase in Suspensionen für Verunsicherung sorgt. Laut NRF lässt sich der Filmüberzug marktüblicher Ibuprofen-Tabletten jedoch gut zerkleinern, sodass ein gleichmäßiges Pulver für die Weiterverarbeitung entsteht, auch eine Agglomeratbildung durch den Filmbildner wurde bislang nicht beschrieben. Dementsprechend empfiehlt das NRF, die derzeit von den Lieferengpässen (noch) nicht betroffenen Darreichungsformen als Ausgangsstoff einzusetzen, ohne dabei bestimmte Handelspräparate namentlich zu empfehlen.
Granulate und Pulver waren bisher nicht Gegenstand der Untersuchungen des NRF. Vieles spricht jedoch dafür, dass sich Präparate wie Ibuprofen AL direkt, IBU-Ratiopharm direkt oder Ibuprofen Puren Granulat auch als Ausgangsstoff zur rezepturmäßigen Herstellung einer Ibuprofen-Lösung oder -Suspension eignen – möglicherweise sogar besser als die untersuchten Filmtabletten.
Sollte man niedrig oder hoch dosierte Fertigarzneimittel für die Rezeptur verwenden?
Bei der Verarbeitung von einzeln dosierten Fertigarzneimitteln stellt sich grundsätzlich die Frage, ob aus Gründen der Wirtschaftlichkeit von wenigen hoch dosierten Arzneiformen ausgegangen werden soll oder aus Gründen der Qualitätssicherung von einer größeren Zahl relativ niedrig dosierter Einzeldosen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass eine einzelne Tablette nicht zwangsläufig die deklarierte Wirkstoffmenge enthalten muss, sondern ihr Wirkstoffgehalt zumindest innerhalb der vom Arzneibuch vorgegebenen Grenzen schwanken kann.
Bei der Verarbeitung weniger oder gar einzelner Tabletten, die bereits bei der Herstellung am unteren oder oberen Akzeptanzlimit des Arzneibuchs lagen, können die erlaubten Grenzen für die Dosiergenauigkeit der daraus hergestellten Rezepturarzneimittel infolgedessen leicht überschritten werden. Zu empfehlen ist daher – insbesondere bei Arzneimitteln für die Pädiatrie – Ansätze zu wählen, die die Verarbeitung von wenigstens 15 bis 20 Tabletten erfordern. Durch die Verwendung dieser Mindestanzahl von Tabletten werden die Extremwerte der Gehalte einzelner Tabletten nivelliert.
Was tun, wenn die empfohlene Suspensionsgrundlage nicht verfügbar ist?
Das NRF empfiehlt die Verarbeitung von Ibuprofen-Rezeptursubstanz (sofern verfügbar) bzw. der pulverisierten Fertigarzneimittel-Tabletten in der „Grundlage für Suspensionen zum Einnehmen DAC“, die fertig bezogen werden kann – aber auch hier sind aufgrund einer sprunghaft steigenden Nachfrage Lieferengpässe nicht auszuschließen.
Alternativ kann die nahezu inhaltsgleiche „Grundlage für Suspensionen zum Einnehmen NRF S.52.“ in den Apotheken selbst hergestellt werden. Hierzu wird allerdings ein Gelbildner mit vergleichsweise hoher Nominalviskosität benötigt (Hydroxyethylcellulose 10.000); eine Substanz, die im Ausgangsstoffhandel nicht sehr weit verbreitet ist, weshalb Kleinpackungen dem Vernehmen nach bereits ausverkauft sind. Größere Packungen sind wohl noch erhältlich, rechnen sich aber vermutlich nur, wenn sich mehrere Apotheken zusammenschließen.
Hydroxyethylcellulose 10.000 ist nicht verfügbar, und nun?
Sollte auch die zur Eigenherstellung benötigte Hydroxyethylcellulose 10.000 (Handelsprodukt „Natrosol 250 HX Pharm“) nicht verfügbar sein, kommen ersatzweise die nachgenannten nichtionischen bzw. anionischen Celluloseether in der jeweils angegebenen Konzentration zur Viskositätserhöhung infrage:
- Hydroxyethylcellulose (5000 mPa· s), Produkt „Natrosol 250 M Pharm“: etwa 0,75%
- Hypromellose (5000 mPa· s), Produkt „Methocel E4M pharm“: etwa 1%
- Carmellose-Natrium (600 mPa· s), Produkt „Blanose 7MFC“: etwa 1,5%
- Hydroxyethylcellulose (250 mPa· s), Produkt „Natrosol 250 G Pharm“: etwa 2%
Da es sich bei den übrigen Bestandteilen der „Grundlage für Suspensionen zum Einnehmen NRF S.52.“ um gängige und häufig gebrauchte Rezepturausgangsstoffe handelt (Glucose-Monohydrat, Kaliumsorbat, Citronensäure und gereinigtes Wasser), dürfte angesichts der oben genannten Auswahl prinzipiell geeigneter Viskositätserhöher die Möglichkeit zur Herstellung einer zweckdienlichen Suspensionsgrundlage bis auf Weiteres gegeben sein.
Darf man auch fertige Suspensionsgrundlagen verwenden?
Aufgrund des hohen Zeitaufwands bei der Eigenherstellung eines geeigneten Suspensionsmediums bevorzugen viele Apotheken die Verwendung vorgefertigter Grundlagen, in denen der Wirkstoff bzw. die pulverisierten Tabletten lediglich dispergiert werden müssten. Während für Paracetamol Stabilitätsdaten für die weit verbreitete Suspensionsgrundlage SyrSpend® vorliegen, ist dies bei Ibuprofen nicht der Fall.
Insofern kann keine verbindliche Aussage getroffen werden, ob und vor allem wie lange Ibuprofen in SyrSpend® ggf. stabil ist. Dies gilt jedoch für die Verarbeitung in der vom NRF favorisierten „Grundlage für Suspensionen zum Einnehmen DAC (oder NRF S.52.)“ gleichermaßen. Auch dort wurden chemische Stabilitätsdaten bisher nicht erhoben. Eine Laufzeit bzw. Aufbrauchfrist von 4 Wochen ist auf Basis theoretischer Überlegungen für diese Rezeptur laut NRF jedoch plausibel. Eine Suspensionsgrundlage, die bislang auf dem deutschen Markt wenig Bekanntheit erlangte und nur direkt bezogen werden kann, ist Medisca Oral Mix (www.medisca.com). Hierfür wurde seitens des Anbieters folgende Formulierung veröffentlicht:
Ibuprofen | 2,0 g |
Glycerin | 5,0 ml |
Tutti Frutti Aroma | 1,0 ml |
Medisca Oral Mix | ad 100,0 ml |
Die Haltbarkeit dieser Rezeptur beträgt laut Herstellerangaben bei Lagerung im Kühlschrank 2 Wochen und liegt damit noch unter der NRF-Empfehlung für die Verarbeitung in der NRF-Stammzubereitung S.52. Dafür entfällt bei Verwendung von Medisca Oral Mix die Herstellung der Suspensionsgrundlage.
Können Ibuprofen-Suspensionen als Defektur hergestellt werden?
In Summe ist festzuhalten, dass für Ibuprofen-Zubereitungen kaum verlässliche Stabilitätsdaten vorliegen, weshalb die Haltbarkeit auf wenige Wochen begrenzt werden muss. Folglich sind Ibuprofen-Zubereitungen nur bedingt für die Defekturherstellung geeignet, da die im Voraus hergestellte Zubereitung nicht nur binnen 2 bis 4 Wochen abgegeben, sondern auch verbraucht sein muss.
Insofern eigenen sich die hier vorgestellten Rezepturen nur für den Akut-Bedarf und sollten sinnvollerweise allenfalls in der Größenordnung eines Ein- bis Zweiwochenbedarfs im Voraus hergestellt werden. Anders stellt sich die Lage bei den offizinell hergestellten Paracetamol-Säften dar, hier gibt es Formulierungen mit Laufzeiten von bis zu 15 und Aufbrauchfristen von bis zu 3 Monaten, sodass hier eine Vorratsherstellung weniger engen Restriktionen unterworfen ist.
Mit der ZRB gegen den Lieferengpass
Um den Apotheken die Herstellung von Paracetamol- und Ibuprofen-Säften so leicht wie möglich zu machen, wurden den Nutzern des Dr. Lennartz Laborprogramms für Apotheken im Rahmen der Ziegler Rezepturbibliothek® (ZRB) kurzfristig vollständige Herstellungsweisungen zur Verfügung gestellt.
Die Dokumente enthalten neben einer ausführlichen Beschreibung der einzelnen Herstellungsschritte rezepturspezifische Hinweise und Kommentare sowie alle relevanten Angaben für das Rezepturetikett.
Die Standardvorschriften lassen sich auf eine beliebige Ansatzmenge skalieren und alle Angaben mit wenigen Mausklicks in das Herstellungsprotokoll übernehmen, sodass die hier beschriebenen Paracetamol- und Ibuprofen-Säfte (und einige weitere) kurzfristig sehr einfach und unkompliziert in der Apotheke hergestellt werden können, um die derzeit klaffende Versorgungslücke zu schließen.
Die einschlägigen Rezepturen finden Sie in der ZRB unter folgenden Bezeichnungen:
- Paracetamol 50 mg/ml in SyrSpend SF PH4 (NEO) (ZRB O13-06)
- Paracetamol-Saft 1000 mg/15 ml (ZRB O13-17)
- Paracetamol-Suspension 40 mg/ml (ZRB O13-18)
- Ibuprofen-Suspension 20 mg/ml bzw. 40 mg/ml (ZRB O13-19)
- Ibuprofen-Saft 20 mg/ml (ZRB O13-20)