Lieferprobleme bei Amoxicillin: Kein Grund zur Sorge?
Ein Blick in die Engpass-Liste des BfArM offenbart derzeit 17 Einträge zu Amoxicillin. Demnach sind vier verschiedene Marken von unterschiedlichen Störungen betroffen.
Bei Amoxicillin-ratiopharm 250 mg / 5 ml TS besteht der Engpass bereits seit dem 1. März 2020, dahinter stecken offenbar „unzureichende Produktionskapazitäten“. Die meisten anderen Einträge gehen auf das Konto von Hexal und 1A Pharma, die beide zu Sandoz gehören. Für diese Präparate hat der Engpass erst im September 2022 begonnen, die Prognosen für dessen Ende reichen von Oktober 2022 bis Juli 2023. Als Grund wird eine „erhöhte Nachfrage“ angegeben.
Auch Puren Pharma ist mit dem Präparat Amoxi-Clavulan Aurobindo 875 mg / 125 mg Filmtabletten seit September 2022 in der Engpassliste vertreten. Hier soll es Schwierigkeiten in der Herstellung geben – und zwar wegen Wirkstoff-Problemen.
Zur Erinnerung: Wie wirkt Amoxicillin?
Amoxicillin gehört zur Gruppe der Beta-Laktam-Antibiotika. Diese hemmen bestimmte Enzyme, die für die Quervernetzung der Bakterienzellwände zuständig sind (sog. Transpeptidasen). Es kommt zu einer Schwächung der Zellwand und dadurch in der Regel zum Absterben der Bakterienzelle.
Bei bestimmten Indikationen wird Amoxicillin mit dem Betalaktamaseinhibitor Clavulansäure kombiniert. Diese Kombination verbreitert das Erregerspektrum auf Staphylokokken und gramnegative Erreger./aa
BfArM sieht keinen Handlungsbedarf bei Amoxicillin-Lieferengpass
Der BfArM-Beirat zu Liefer- und Versorgungsengpässen hat für Amoxicillin in einem Kurzprotokoll vom 4. Oktober festgehalten: „Es ist ein hoher Marktanteil von einer eingeschränkten Verfügbarkeit betroffen.“ Doch Handlungsbedarf gibt es offenbar noch keinen. Wie es heißt, erfolge gemäß den dem BfArM vorliegenden Informationen eine bedarfsgerechte Versorgung.
Amoxicillin wird in der Apotheke häufig abgegeben. Die Redaktion hat deshalb nochmals beim BfArM nachgehakt: Wirken die 17 Einträge in der Engpass-Datenbank nicht so, als könnte sich das Problem bald verschärfen? Dazu schrieb das BfArM:
Zur Thematik der Lieferengpässe Amoxicillin-haltiger Arzneimittel steht das BfArM in regelmäßigem engen Austausch mit den betroffenen Zulassungsinhabern. Aufgrund der verfügbaren Angaben ist von keinem vorliegenden strukturellen Problem auszugehen und die im Lieferengpassportal gemachten Angaben zur Dauer sind nach aktuellem Stand als verlässlich anzusehen.“
Auch wenn die Zahl der Engpass-Einträge zu Amoxicillin nach viel aussehe, so sei zu bedenken, dass es weit mehr Zulassungen zu amoxicillinhaltigen Arzneimitteln als zu cotrimoxazolhaltigen Arzneimitteln gibt. Ein Blick in die CEP-Datenbank (Certificate of Suitability of Monographs of the European Pharmacopoeia) des EDQM (European Directorate for the Quality of Medicines & HealthCare ) legt auch nahe, dass es viele Wirkstoffhersteller für Amoxicillin gibt.
Zur Erinnerung: Aktueller Engpass bei Cotrimoxazol
Für Cotrimoxazol werden in Deutschland immer wieder Lieferprobleme gemeldet. Stand 13. Oktober 2022 gibt es dazu zehn Einträge (von vier verschiedenen Marken) in der Lieferengpassdatenbank des BfArM.
Im Kurzprotokoll des Beirats zu Liefer- und Versorgungsengpässen des BfArM vom 4. Oktober heißt es, dass der Cotrimoxazol-Engpass die „Darreichungsformen Tablette, Trockensäfte und Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung“ betrifft. Die Wirkstoffkombination aus Sulfamethoxazol und Trimethoprim sei als unverzichtbares Antibiotikum einzustufen. Das BfArM stehe in engem Austausch mit den betroffenen Herstellern und habe Überhänge aus anderen Märkten als mögliche Importware identifiziert. Aktuell hat der Engpass ein so beträchtliches Ausmaß erreicht, dass das BfArM den Einzelimport für Cotrimoxazol erlaubt hat.
„Info an Fachkreise“ als Reaktion vorgesehen
Laut der Engpass-Liste des BfArM ist bezüglich der Lieferprobleme bei Amoxicillin eine „Info an Fachkreise“ vorgesehen. Welche Informationen das sind, dazu könne Sandoz derzeit leider keine Antwort geben, heißt es auf Nachfrage.
Sandoz erklärt jedoch: „Wir sind auf einem guten Weg, die Lieferzuverlässigkeit unserer Antibiotika zu verbessern, die derzeit nur in geringem Umfang vorrätig oder vorübergehend nicht lieferbar sind. Dank erheblicher Investitionen zur Erhöhung unserer Produktionskapazität und der Einführung zusätzlicher Arbeitsschichten konnten wir bereits deutliche Verbesserungen erzielen.“ Diese Situation habe sich dabei nicht auf die Qualität der Produkte ausgewirkt, die bereits auf dem Markt sind.