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HPV-Impfung: Genügt eine einzige Dosis?

Mädchen erhält Impfung
Die WHO stellt fest: Eine Dosis HPV-Impfung schützt ebenso gut wie zwei. | Bild: klavdiyav / AdobeStock

In Deutschland sollen sich alle 9- bis 14-jährigen Kinder und Jugendlichen gegen HPV (humane Papillomviren) impfen lassen – das empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO). 

Seit 2018 umfasst die Impfempfehlung der STIKO nicht mehr nur Mädchen, sondern auch Jungen, denn: Neben Gebärmutterhalskrebs können humane Papillomviren auch Penis- und Analtumoren verursachen. Zudem können Jungs und Männer HP-Viren übertragen – die Jungen-Impfung trägt folglich zum Herdenschutz bei.

HPV-Impfquote besorgniserregend niedrig

Nun hat die DAK in einer aktuellen Auswertung festgestellt, dass die Zahl der Erstimpfungen gegen HPV 2022 in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr um 42 Prozent gesunken ist.  In der gesamten Altersspanne von 9 bis 17 Jahren habe es bei Jungen ein Minus von 31 Prozent und bei Mädchen einen Rückgang von 21 Prozent gegeben.

Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte bezeichnet die Impfquote als „besorgniserregend niedrig“. Über die Ursache dieses massiven Rückgangs könne nur spekuliert werden. 

„Sicherlich hat die HPV-Impfung im Zuge der hohen medialen Aufmerksamkeit rund um die Corona-Schutzimpfung zeitweise weniger Beachtung erfahren. Auch kann ich eine leicht erhöhte Impfskepsis beobachten, ausgelöst durch die vielen Diskussionen um vermeintliche Folgeschäden der Corona-Schutzimpfung“, so Verbandspräsident Thomas Fischbach. Das habe ganz bestimmt auch Auswirkungen auf die HPV-Impfung. Quelle: dpa / mia 

HPV: Frühes Impfalter sinnvoll

Dabei ist eine Impfung gegen HPV hocheffektiv: Bei mehr als 95 Prozent aller Gebärmutterhalskrebsfälle liegt HPV zugrunde, meist die Hochrisikosubtypen 16 und 18 (bei 70 Prozent). Geimpft werden zwei Dosen, bei versäumten HPV-Impfungen sollen diese am besten bis zum Alter von 17 Jahren im Jugendalter nachgeholt werden. 

Ein frühes Impfalter scheint sich positiv auf die Impfwirksamkeit von Gardasil® und Cervarix® auszuwirken – diese beiden Impfstoffe sind in Deutschland zum HPV-Schutz zugelassen –, wobei auch eine Impfung mit über 18 Jahren noch sinnvoll sein kann. 

Derzeit keine STIKO-Empfehlung für Auffrischimpfungen

Ob nach zwei Dosen weitere Auffrischimpfungen vonnöten sind, dazu fehlen bislang aussagekräftige Daten, sodass die STIKO sich derzeit nicht für Auffrischungen ausspricht. Studien zufolge sind aber selbst zwölf Jahre nach HPV-Impfung die Antikörper-Antworten hoch und sogar höher als bei natürlichen HPV-Infektionen.

WHO: Eine Dosis schützt so gut wie zwei

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bemerkte 2022, dass ihrer Ansicht nach schon eine einzige Dosis genüge, um sich vor Gebärmutterhalskrebs zu schützen. 

Zu dieser Einschätzung kam der Strategische Beirat für Immunisierungsfragen der WHO (SAGE): Eine Dosis gegen humane Papillomviren biete „einen soliden Schutz gegen HPV“ – das Virus, das Gebärmutterhalskrebs verursacht. Dieser sei mit einem Zwei-Dosen-Schema vergleichbar, erklärte die WHO. 

Die Empfehlung hätte tatsächlich weitreichende Konsequenzen, weswegen die WHO diese als „Gamechanger“ bezeichnet. Der Grund: Mit den verfügbaren Impfdosen könnten plötzlich doppelt so viele Mädchen gegen HPV geimpft und vor Gebärmutterhalskrebs geschützt werden.

Weltweite Durchimpfung beschleunigen

Die weltweite Durchimpfungskampagne geht in vielen Ländern nur schleppend voran. Der WHO zufolge kann die neue Impfempfehlung folglich vor allem die Länder unterstützen, bei denen die Einführung der HPV-Impfung nur „langsam“ klappt. 

Interessant ist hier vor allem der Punkt: Fast alle von Gebärmutterhalskrebs betroffenen Frauen (90 Prozent) leben laut Weltgesundheitsorganisation in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen. Eine beschleunigte Durchimpfung bringt die WHO ihrem ausgelobten Ziel damit näher, bis 2030 mindestens 90 Prozent aller Mädchen zu impfen, bis sie 15 Jahre alt sind. 

So will die WHO künftig gegen HPV impfen

Das von der WHO nun vorgeschlagene neue Impfschema sieht folgendermaßen aus: 

  • Mädchen und junge Frauen zwischen 9 und 14 Jahren: ein bis zwei Impfdosen
  • Junge Frauen zwischen 15 und 21 Jahren: ein bis zwei Impfdosen  
  • Junge Frauen ab 21 Jahren: zwei Impfdosen im Abstand von sechs Monaten
  • Immungeschwächte Menschen, wie HIV-Infizierte: wenn möglich drei Impfdosen, ansonsten zwei Impfdosen

Keine Kürzung des Impfschemas plant die WHO also für Immungeschwächte, da es nur wenige Belege für eine ausreichende Impfwirksamkeit mit nur einer Dosis gebe.

HPV-Impfziele der WHO

Die Weltgesundheitsorganisation will Gebärmutterhalskrebs bis zum Jahr 2030 als öffentliches Gesundheitsproblem beseitigt haben und strebt dafür an, dass bis dahin

  • 90 Prozent der Mädchen bis zum Alter von 15 Jahren einen vollständigen HPV-Schutz erhalten haben,
  • 70 Prozent der Frauen bis zum Alter von 35 Jahren und erneut bis zum Alter von 45 Jahren mit einem Hochleistungstest auf HPV untersucht worden sind und
  • 90 Prozent der Frauen mit Diagnose Gebärmutterhalskrebs eine Behandlung erhalten (dabei denkt die WHO sowohl an Frauen mit Krebsvorstufen wie auch mit invasivem Krebs).

Durch Erreichen dieser 90-70-90-Ziele ließen sich der WHO zufolge bis 2030 etwa 300.000 Gebärmutterhalskrebs-bedingte Todesfälle vermeiden.

Nicht alle Länder impfen auch Jungen

Die WHO spricht derzeit bei HPV-Impfungen lediglich von Mädchen und jungen Frauen – anders als die STIKO, die auch Jungen bei ihrer Impfempfehlung berücksichtigt. Neben Deutschland gibt es auch in Österreich, Schweden, der Schweiz, Liechtenstein, Kroatien, Norwegen, Australien, Neuseeland, Israel, USA, Kanada, Puerto Rico, Panama und Brasilien Impfempfehlungen für Jungen und männliche Jugendliche. 

Bei Impfstoffknappheit hat sich die STIKO allerdings auch bereits dafür ausgesprochen, bevorzugt Mädchen zu impfen.