Selbsttests aus der Apotheke
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HIV-Tests für zu Hause: Was muss man wissen?

Pieks in Finger für HIV-Selbsttest
In Deutschland wissen rund 8.600 Menschen nicht, dass sie mit HIV infiziert sind. Selbsttests können Licht ins Dunkel bringen und dabei helfen, zeitnah mit der Therapie zu beginnen. | Bild: IMAGO / epd

Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) lag die Zahl der HIV-Infizierten in Deutschland im Jahr 2020 bei etwa 91.400. Im europäischen Vergleich ist dies eine niedrige Zahl. Deutschland zählt zu den Ländern, in denen HIV-Infektionen hauptsächlich in bestimmten Bevölkerungsgruppen auftreten. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um Männer mit gleichgeschlechtlichen Sexualkontakten, Personen mit Drogenkonsum und Menschen mit einer Herkunft aus Ländern mit hoher Verbreitung von HIV in der Bevölkerung. 

Nach Schätzungen des RKI wissen allerdings rund 10% der infizierten Personen gar nicht, dass sie Träger des HI-Virus sind. Das ist in doppelter Hinsicht gefährlich: Denn so kann das Virus unwissentlich weitergegeben werden und die Betroffenen erhalten keine antiretrovirale Therapie. 

Zur Erinnerung: Was ist HIV?

Das HI-Virus (Humane Immundefizienz-Virus) gehört zu den Retroviren und enthält RNA, also Ribonucleinsäure, als Erbgut. Das Virus kann mit HIV-1 und HIV-2 in zwei Untergruppen unterteilt werden. Diese Unterscheidung spielt aber im klinischen Alltag praktisch keine Rolle. 

HIV ist gegenüber Desinfektionsmitteln und Luft sehr empfindlich, eine Übertragung durch Schmierinfektion oder Tröpfchen ist praktisch ausgeschlossen. Nur ein direkter Kontakt mit infizierten Körperflüssigkeiten wie Blut und Genitalsekreten kann zu einer Ansteckung führen. Typische Übertragungswege sind der Geschlechtsverkehr und der Gebrauch von infizierten Kanülen.

Nach Befall einer menschlichen Zelle mit HIV erstellt das Enzym Reverse Transkriptase aus der viralen RNA eine DNA-Kopie und schleust diese in das humane Erbgut ein. Die Virus-befallenen Zellen bilden nun neue virale RNA und Virusproteine. 

HIV wird oft zu spät bemerkt. Die Grippesymptome einige Tage bis Wochen nach der Ansteckung sind unspezifisch, der weitere Krankheitsverlauf über Monate bis Jahre oft unauffällig.

Ohne Behandlung schädigt eine HIV-Infektion die körpereigenen Abwehrkräfte stark und es kommt zum Ausbruch der Erkrankung AIDS (Acquired Immuno-Deficiency Syndrome). Krankheitserreger wie Bakterien, Pilze oder Viren können dann nicht mehr unschädlich gemacht werden und es kommt unter anderem zu schweren Lungenentzündungen oder anderen lebensbedrohlichen Erkrankungen.

Antiretrovirale Therapie ermöglicht ein fast normales Leben

Die Vermehrung von HI-Viren kann durch die Einnahme bestimmter Arzneimittel wirksam unterdrückt werden. Diese Arzneistoffe können das Enzym Reverse Transkriptase blockieren und damit die Vermehrung des Virus im menschlichen Organismus deutlich verlangsamen. Die Betroffenen können dadurch heutzutage fast ein ganz normales Leben führen. 

Unter einer antiretroviralen Behandlung besteht zudem praktisch keine Ansteckungsgefahr mehr, da die Ansteckungsfähigkeit mit der Höhe der Viruslast im Blut und anderen Körperflüssigkeiten im Zusammenhang steht.

Mehr Klarheit dank HIV-Selbsttests

Damit Menschen sich einfacher auf HIV testen können und damit mehr unerkannte Infektionen entdeckt werden, stehen Selbsttests für zu Hause zur Verfügung. Zwar besteht für die Tests keine Apothekenpflicht, trotzdem sind HIV-Selbsttests auch in der Apotheke erhältlich. 

Alle in Deutschland erhältlichen Tests tragen ein CE-Zeichen, erfüllen damit die für Europa festgelegten Qualitätsanforderungen und sind für Laien geeignet. Vom Erwerb von Selbsttests aus dem Netz ohne CE-Kennzeichnung wird dringend abgeraten, da diese häufig nicht die nötige Qualität aufweisen. 

Hier finden Sie eine Übersicht der in der Lauer-Taxe gelisteten HIV-Selbsttests:

 autotest® VIH ratiopharmExacto® HIV-SelbsttestSimplitudeTM ByMeTM 
HIV-Selbsttest Blut
INSTI® 
HIV-Selbsttest
OraQuick® HIV Selbsttest Nachweis im Speichel
Pharmazentral-nummer (PZN)1396519914323592165171131502382818014149
Preis 
(lt. Lauer-Taxe Stand 30.11.2022)
34,95 Euro27,95 Euro
(für Paare: 49,95 Euro)
29,95 Euro29,95  Euro29,90 Euro
AnbieterratiopharmecoactionOwen Mumford Mercanitas Handels GmbHnal von minden 
Anwendung
  • Durchführung dauert circa 5 Minuten.
  • Testergebnis nach 15 Minuten ablesbar.
  • Sollte spätestens nach 20 Minuten abgelesen werden.
  • Sensitivität 100%
  • Durchführung dauert circa 5 Minuten.
  • Testergebnis nach 10 Minuten ablesbar.
  • Sollte spätestens nach 20 Minuten abgelesen werden.
  • Sensitivität nahezu 100%
  • Durchführung dauert circa 5 Minuten.
  • Testergebnis nach 15 Minuten ablesbar.
  • Sollte spätestens nach 20 Minuten abgelesen werden.
  • Sensitivität 99,6%
  • Durchführung dauert circa 5 Minuten
  • Testergebnis sofort ablesbar.
  • sollte nach maximal 1 Stunde abgelesen werden.
  • Durchführung dauert circa 5 Minuten.
  • Testergebnis nach 20 Minuten ablesbar.
  • Sollte spätestens nach 40 Minuten abgelesen werden.
Beratungshinweise
  • Testständer muss auf einer ebenen Fläche stehen.
  • Teströhrchen senkrecht halten.
  • Muss kräftig mit drei Klicks in den Testständer gedrückt werden.
  • Darf nicht bei Kindern unter 18 Monaten angewendet werden. (Kinder unter 18 Monaten haben noch mütterliche Antikörper, die den Test verfälschen können.)
  • Blut wird mit Kapillare aufgenommen und in Testfeld gegeben.
  • Verdünnungslösung wird in extra Testfeld gegeben (zwei Tropfen).
  • Blutentnahmeröhrchen muss vollständig
    gefüllt sein.
  • Vier Tropfen müssen in das Testfeld gegeben werden.
  • Es darf kein Blut ins Testfeld gelangen (Einstichstelle vorher mit Pflaster versorgen).
  • Testvorrichtung auf flache Oberfläche legen.
  • 1 Tropfen Blut muss in das Testfläschchen gegeben werden.
  • Jedes Fläschchen viermal schütteln und vollständig entleeren.
  • 15 Minuten vor Testbeginn nicht essen, nicht trinken.
  • 30 Minuten vor Testbeginn keine Mundreinigungsmittel verwenden.
  • Testflüssigkeit nicht verschütten oder trinken.
  • Mundspatel nicht mit den Fingern berühren.
Gebrauchsanweisung zum DownloadDownloadDownloadDownloadOnline-Gebrauchsanweisung Download

Bitte nach rechts scrollen, um die vollständige Tabelle anzuzeigen.

Wie funktioniert der HIV-Selbsttest?

HIV-Tests zur Eigenanwendung weisen Antikörper gegen das Virus nach. Nach einer Infektion bildet das Immunsystem diese Proteine als Antwort auf die eingedrungenen Viren. Der Nachweis der Antikörper erfolgt dabei mittels Kapillarblut aus der Fingerkuppe, im Speichel ist die Konzentration deutlich geringer. Testverfahren auf Basis von Blut gelten daher als am zuverlässigsten. 

Bei den Selbsttests müssen allerdings mindestens 12 Wochen zwischen möglicher Infektion und der Durchführung des Tests vergehen. Erst dann ist die Konzentration an Antikörpern hoch genug, um ein zuverlässiges Ergebnis zu erhalten. 

Selbsttests im Akutfall nicht hilfreich

Aufgrund des relativ langen diagnostischen Fensters, also der Zeit, bis eine Infektion nachgewiesen werden kann, eignen sich Schnelltests nicht für Personen, die sich aufgrund eines konkreten Vorfalls schnellstmöglich testen lassen wollen. Diese sollten an einen Arzt, das Gesundheitsamt oder die örtliche AIDS-Hilfe verwiesen werden  – denn es gibt Testverfahren, die eine Infektion schon früher nachweisen können. 

Bei diesen Labortests wird venöses Blut untersucht. Zudem können dabei auch virale Proteine, sogenannte Antigene, oder virale RNA detektiert werden. Das virale Antigen p24 bildet sich beispielsweise nach einer Infektion deutlich schneller als die HIV-1- und HIV-2-Antikörper. 

Können sechs Wochen nach einer möglichen Ansteckung im Labortest weder Antikörper noch das Antigen nachgewiesen werden, so kann eine Ansteckung mit großer Sicherheit ausgeschlossen werden. 

Wie wird ein Selbsttest durchgeführt?

Wie der Name schon sagt, kann ein HIV-Selbsttest ganz einfach zu Hause durchgeführt werden. Alle Testverfahren funktionieren dabei nach einem ähnlichen Prinzip. Die nachfolgende Beschreibung erklärt die Vorgehensweise beim apothekenexklusiven Test autotest VIH® von ratiopharm:  

  • Hände mit warmem Wasser waschen und sorgfältig abtrocknen.
  • Mithilfe einer Lanzette die Haut an der Seite der Fingerspitze durchstechen und einen Blutstropfen durch Zusammendrücken des Fingers erhalten.
  • Dieser erste Tropfen wird mit einem sterilen Tupfer abgewischt und erst der nächste Blutstropfen in ein Teströhrchen eingesogen.
  • Das gefüllte Röhrchen muss nun mit drei Klicks in einen Testständer mit einer Verdünnungslösung gedrückt werden.
  • Die Testflüssigkeit läuft nach oben, bei korrekter Durchführung erscheint nach rund einer Minute ein rosafarbener Fleck.
  • Nach 15 Minuten kann das Ergebnis abgelesen werden, länger als 20 Minuten sollte damit nicht gewartet werden.

Ist neben der Kontrolllinie noch eine zweite Linie zu sehen, hat der Selbsttest reagiert und es liegt mit großer Wahrscheinlichkeit eine HIV-Infektion vor.  

Wie zuverlässig sind HIV-Selbsttests?

Bei korrekter Durchführung gelten HIV-Selbsttests als zuverlässig, ihre Sensitivität beträgt nahezu 100%. Dies gilt neben dem bereits erwähnten autotest VIH auch für den Exacto- , den Simplitude ByMe- sowie den INSTI-Selbsttest. 

Jede Person, die sich mit dem HI-Virus infiziert hat, wird unter Beachtung des diagnostischen Fensters erkannt. Bei der Spezifität, also der Rate, mit der nicht Infizierte auch tatsächlich ein negatives Testergebnis erhalten, erreichen die Tests Werte zwischen 99,7% und 99,8%. Bei 1.000 getesteten Personen erhalten also zwei bis drei ein positives Ergebnis, obwohl keine Infektion vorliegt. Aus diesem Grund müssen alle positiven HIV-Schnelltests durch einen Labortest bestätigt werden. 

Vorsicht! HIV-Prophylaxe verfälscht das Testergebnis

Bestimmte Arzneimittel sind in der Lage, vor einer Ansteckung mit HIV zu schützen. Bei der sogenannten Präexpositionsprophylaxe nehmen HIV-negative Menschen diese Medikamente als Schutz vor einer Ansteckung ein. Die Vorsorge nach einem Kontakt mit HIV nennt man dagegen Postexpositionsprophylaxe

In beiden Fällen kann eine Ansteckung mit dem HI-Virus nicht gänzlich verhindert werden. Kommt es in seltenen Fällen doch zu einer Ansteckung, wird die Vermehrung des Virus im Körper zwar gehemmt, aber nicht völlig unterdrückt. Schnelltests können in solchen Fällen ein negatives Ergebnis zeigen, obwohl doch eine HIV-Infektion vorliegt. Aus diesem Grund dürfen HIV-Tests für zu Hause bei der Einnahme solcher Arzneimittel nicht angewendet werden. 

Zur Erinnerung: Was ist eine Präexpositionsprophylaxe?

PrEP (auch HIV-PrEP) ist die Abkürzung für „Präexpositionsprophylaxe“ und bedeutet so viel wie „Vorsorge vor einem möglichen HIV-Kontakt“. Bei dieser Schutzmethode nehmen HIV-negative Menschen HIV-Medikamente ein, um sich vor einer Ansteckung zu schützen. 

Eingesetzt werden hierfür die beiden Virostatika Tenofovir und Emtricitabin. Diese gehören zu den Reverse-Transkriptase-Inhibitoren, genauer gesagt zu den NtRTIs, und hemmen die Vermehrung der viralen Partikel. 

Nach der Einnahme gelangen die Wirkstoffe unter anderem in die Zellen der Schleimhäute (zum Beispiel im Darm oder in der Vagina), die bei Geschlechtsverkehr mit Körperflüssigkeiten oder Schleimhäuten des Partners in Kontakt kommen. Wenn HIV dann in diese Zellen eindringt, können sich die Viren nicht vermehren. Eine HIV-Infektion wird verhindert. 

Dazu muss jedoch eine ausreichende Menge der Wirkstoffe im Blut und in den Schleimhäuten vorhanden sein. Wird das Medikament abgesetzt, verschwinden die Wirkstoffe aus den Zellen und somit auch die Schutzwirkung.

Wichtiges für die Beratung zu HIV-Selbsttests

  • Bei der Abgabe eines HIV-Selbsttests müssen die Kunden auf das diagnostische Fenster hingewiesen werden. Alle Tests für zu Hause können eine Infektion erst nach 12 Wochen nachweisen. 
  • Bei einem Risikokontakt sollte schnellstmöglich ein Arzt aufgesucht werden, damit über eine Postexpositionsprophylaxe entschieden werden kann. Diese muss innerhalb der ersten 48 Stunden begonnen werden. 
  • Bevor eine HIV-Infektion eindeutig ausgeschlossen werden kann, sollte jede Aktivität, die HIV übertragen könnte, vermieden werden. Da ein Selbsttest auch ein falsch positives Ergebnis liefern kann, muss jeder positive Test durch einen Labortest bestätigt werden. Danach sollte sich mit einem Arzt über eine Therapie beraten werden. 
  • Für den Fall, dass der Kunde ein psychologisches Anliegen während der Erklärung des Tests hat oder sogar erschüttert über ein positives Testergebnis berichtet, sollte die Apotheke ein vertrauensvoller erster Ansprechpartner sein.  
  • Für weiterführende Betreuung steht die Deutsche AIDS-Hilfe zur Verfügung. Das speziell geschulte Personal kann auf verschiedenen Kommunikationswegen zu unterschiedlichsten Schwerpunkten rund um das Thema HIV/AIDS beraten. Auch der Gang zum Arzt bleibt bei einem positiven Testergebnis natürlich nicht aus, denn schnelles Handeln kann Leben retten.
  • Auf einer Informationsseite des Paul-Ehrlich-Instituts zu HIV-Selbsttests finden Betroffene und Interessierte Hilfestellung bei der Produktauswahl. Zudem finden sich hier auch Antworten auf wichtige Fragen, etwa wie es nach einem positiven Ergebnis weitergeht, sowie Hinweise zu Beratungsmöglichkeiten.
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