In der Selbstmedikation verfügbar: Wie unterscheidet sich Dexibuprofen von Ibuprofen?
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Der Wirkstoff Dexibuprofen gehört zur Gruppe der nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR). Chemisch gesehen handelt es sich bei der Substanz um das pharmakologisch aktive Enantiomer des Ibuprofens.
Gut zu wissen: Was sind Enantiomere?
Enantiomere sind chemische Verbindungen, die sich wie Bild und Spiegelbild verhalten. Sie haben die gleiche Summenformel und die Atome sind auch in gleicher Weise miteinander verknüpft.
Enantiomerenpaare unterscheiden sich aber in ihrer räumlichen Struktur. Da sie sich spiegelbildlich verhalten, sind die einzelnen Verbindungen – ähnlich wie die linke und rechte Hand – nicht deckungsgleich und können nicht aufeinandergelegt werden.
Ibuprofen kann zwei verschiedene Enantiomere bilden, die sich in ihrer pharmakologischen Wirksamkeit voneinander unterscheiden. Dabei ist das sogenannte S-Enantiomer deutlich wirksamer als das R-Enantiomer.
Ibuprofen als Arzneistoff stellt immer eine Mischung dieser beiden Enantiomere dar. Bei ausschließlicher Verwendung des wirksameren S-Enantiomers wird der Wirkstoff als Dexibuprofen bezeichnet.
Neu ist: Dexibuprofen ist in einer Dosierung von 200 mg seit Kurzem rezeptfrei erhältlich. Das höher dosierte Fertigarzneimittel mit 400 mg Wirkstoff bleibt wie bisher verschreibungspflichtig.
Wann wird Dexibuprofen eingesetzt?
Wie bei Ibuprofen beruht der Wirkmechanismus von Dexibuprofen auf einer Hemmung der Prostaglandinbildung im Körper. Diese hormonähnlichen Substanzen sind entscheidend an der Entstehung von Fieber und Schmerzen sowie an entzündlichen Reaktionen beteiligt. Dexibuprofen wirkt also antipyretisch, analgetisch und antiphlogistisch.
Der Wirkstoff wird bei Erwachsenen in der Selbstmedikation zur kurzzeitigen Behandlung von leichten bis mittelstarken Schmerzen wie Zahnschmerzen, Kopfschmerzen oder Regelschmerzen eingesetzt.
In höheren Dosierungen wird der verschreibungspflichtige Wirkstoff zur symptomatischen Behandlung bei degenerativen Gelenkerkrankungen und Schmerzen des Bewegungsapparats verwendet.
Dexibuprofen: Halbe Dosis im Vergleich zu Ibuprofen
Im Vergleich zu Ibuprofen ist bei Dexibuprofen nur die Hälfte der Dosis bei gleicher Wirksamkeit erforderlich. Eine Einzeldosis von 200 mg Dexibuprofen gilt also als wirkungsgleich zu 400 mg Ibuprofen.
Untersuchungen zu Dexibuprofen haben gezeigt, dass die Substanz im Vergleich zu Ibuprofen im Magen-Darm-Trakt doppelt so schnell gelöst wird. Dexibuprofen kann dadurch schneller wirken, während die Wirkdauer nicht verändert ist.
Aufgrund der geringeren Wirkstoffdosis sind Dexibuprofen-Tabletten kleiner als die bekannten Tabletten mit Ibuprofen. Um das Schlucken zu erleichtern, enthalten die Tabletten eine Bruchkerbe zum Teilen. Diese Kerbe ist jedoch nicht zum Teilen der Dosis gedacht, denn die Tabletten sind nicht dosisgleich teilbar. In beiden Hälften der Tabletten können also unterschiedliche Wirkstoffmengen vorhanden sein.
Wie wird Dexibuprofen dosiert?
Im Bereich der Selbstmedikation wird Dexibuprofen überwiegend bei leichten Schmerzen und Fieber eingesetzt. Die Einzel- und Tageshöchstdosen liegen dabei deutlich niedriger als bei einer ärztlich verordneten Behandlung von entzündlichen Erkrankungen:
- Als Antipyretikum und Analgetikum in der Selbstmedikation:
- Einzeldosis 200 mg (bis zu 3-mal täglich im Abstand von mindestens sechs Stunden)
- Tageshöchstdosis liegt bei 600 mg
- Präparatebeispiele: VoltaDexibu® Schmerztabletten 200 mg Filmtabletten, Dexibu-ratiopharm® 200 mg Filmtabletten
- Als verschreibungspflichtiges Antiphlogistikum:
- Einzeldosis zwischen 300 mg und 400 mg (bis zu 3-mal täglich)
- Tageshöchstdosis beträgt 1.200 mg
- Präparatebeispiele: Deltaran® 300 mg/400 mg Filmtabletten
Bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren wurde die Sicherheit und Wirksamkeit der Substanz bisher nicht untersucht. Daher wird eine Anwendung in dieser Altersgruppe nicht empfohlen.
Welche Nebenwirkungen sind unter Dexibuprofen möglich?
Die auftretenden Nebenwirkungen bei einer Einnahme von Dexibuprofen sind denen von Ibuprofen ähnlich. Am häufigsten treten gastrointestinale Symptome wie Bauchschmerzen, Übelkeit und möglicherweise Erbrechen auf.
Durch die Hemmung der Prostaglandinsynthese kommt es auch zu einer verstärkten Bildung von Magensäure. Auch ist die Schutzwirkung der Schleimhaut des Magens vermindert.
Wie bei allen nichtsteroidalen Antiphlogistika können auch gastrointestinale Geschwüre, Magen-Darm-Blutungen oder lebensgefährliche Perforationen auftreten. Selten kann es insbesondere bei älteren Patienten zu Lebererkrankungen oder Niereninsuffizienz kommen.
Abgabe von Dexibuprofen: Worauf sollten PTA in der Beratung hinweisen?
Bei der Abgabe von Arzneimitteln mit Dexibuprofen sollten die Patienten über einige wichtige Punkte informiert werden:
Wie bei anderen Analgetika und Antipyretika auch sind die Grenzen der Selbstmedikation einzuhalten. Eine Einnahme zur symptomatischen Behandlung von Schmerzen sollte nicht länger als vier Tage erfolgen. Bleibt eine Besserung der Beschwerden aus oder werden diese sogar schlimmer, muss ein Arzt aufgesucht werden.
Leiden die Betroffenen häufiger an Schmerzen und müssen das Arzneimittel an mehr als zehn Tagen im Monat einnehmen, sollte ebenfalls ärztlicher Rat eingeholt werden.
Gut zu wissen: Kopfschmerzen durch Medikamentenübergebrauch
Bei Patienten, die an einer Kopfschmerzerkrankung leiden, besteht bei zu häufiger Einnahme von Analgetika die Gefahr, einen schmerzmittelinduzierten Kopfschmerz zu entwickeln. Die Schmerzanfälle halten dann immer länger an und folglich müssen immer höhere Dosen des Arzneimittels eingenommen werden, um die Schmerzen zu lindern.
Grundsätzlich können die Filmtabletten mit Dexibuprofen unabhängig von einer Mahlzeit eingenommen werden. Die Einnahme mit der Nahrung reduziert zwar das Auftreten gastrointestinaler Nebenwirkungen, jedoch muss dann mit einem verzögerten Wirkungseintritt gerechnet werden.
Weiterhin solle Dexibuprofen nicht zusammen mit anderen NSAR wie z. B. Acetylsalicylsäure (ASS) oder Diclofenac eingenommen werden. Durch die gleichzeitige Anwendung kann sich nämlich das Risiko für gastrointestinale Blutungen deutlich erhöhen.
Vorsicht bei gleichzeitiger Einnahme von Dexibuprofen mit niedrig dosierter ASS!
Nehmen Patienten niedrig dosierte Acetylsalicylsäure als Dauermedikation ein, ist bei der Einnahme von Dexibuprofen noch aus einem anderen Grund Vorsicht geboten:
Acetylsalicylsäure in einer Dosierung von 100 mg hemmt die Thrombozytenaggregation. Diese Wirkung kann durch Dexibuprofen abgeschwächt werden. Bekannt ist diese Wechselwirkung von Ibuprofen. Bezüglich Dexibuprofen stehen zwar keine eigenen Daten zur Verfügung, es ist aber von einer ähnlichen Interaktion auszugehen.
Eine gelegentliche Anwendung von Dexibuprofen zusammen mit ASS sollte problemlos möglich sein. Bei der Anwendung beider Wirkstoffe über einen längeren Zeitraum sollte die Einnahme jedoch zeitversetzt erfolgen. Dabei sollte Acetylsalicylsäure mindestens 30 Minuten vor Dexibuprofen eingenommen werden.
Dexibuprofen in der Schwangerschaft und Stillzeit?
Analgetische Wirkstoffe sollten in der Schwangerschaft nur nach ärztlicher Rücksprache eingenommen werden. Die Einnahme von Dexibuprofen kann das Risiko für Fehlgeburten und Missbildungen am Herzen erhöhen. Ab der 20. Schwangerschaftswoche kann es auch zu einer verringerten Bildung von Fruchtwasser kommen sowie zu einer Verengung des Ductus arteriosus.
Gut zu wissen: Was ist der Ductus arteriosus?
Der Ductus arteriosus stellt beim ungeborenen Kind eine Verbindung zwischen der Hauptschlagader und der Lungenschlagader dar. Da das Kind im Mutterleib noch von der Mutter mit sauerstoffreichem Blut versorgt wird und nicht selbst atmet, dient diese Gefäßverbindung dazu, das Blut am Lungenkreislauf vorbeizuleiten.
Nach der Geburt wird der Ductus arteriosus nicht mehr benötigt und schließt sich von selbst.
Ab dem dritten Schwangerschaftsdrittel – also ab der 28. Schwangerschaftswoche – ist Dexibuprofen aufgrund von Nierenfunktionsstörungen beim Kind sowie einer möglichen Verlängerung der Geburt kontraindiziert.
Während der Stillzeit ist eine Anwendung von Dexibuprofen in niedriger Dosierung und bei kurzer Anwendungsdauer jedoch vertretbar. Quellen:
- https://www.gelbe-liste.de/wirkstoffe/Dexibuprofen_44984
- https://www.ptaheute.de/serien/arzneistoffe-und-ihre-indikationen/ibuprofen-gegen-schmerzen-und-entzuendungen
- Fachinformation VoltaDexibu Schmerztabletten 200 mg Filmtabletten
- Fachinformation Deltaran® 300 mg / 400 mg Filmtabletten
- https://www.efsm.online/de_de/article-overview/101/2021/dexibuprofen-a-portrait