Topiramat: Wann wird der Wirkstoff eingesetzt?
Der Wirkstoff Topiramat zählt zur Arzneimittelgruppe der Antiepileptika und wird zur Therapie unterschiedlicher Formen der Epilepsie angewendet. Bei Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern ab sechs Jahren wird der Wirkstoff als Monotherapie bei sogenannten fokalen Krampfanfällen eingesetzt. Dabei handelt es sich um epileptische Anfälle, die nur in Teilen des Gehirns auftreten.
Diese Anfälle können sich allerdings zu einem sekundär generalisierten Anfall entwickeln, dann sind beide Gehirnhälften betroffen. Auch gegen diese Art von Anfällen ist Topiramat wirksam.
Bei Kindern ab zwei Jahren sowie bei Jugendlichen und Erwachsenen wird die Substanz häufig auch mit anderen Antiepileptika kombiniert.
Bei Erwachsenen wird Topiramat auch zur Prophylaxe von Migräne-Kopfschmerzen verwendet, jedoch ist der Arzneistoff nicht zur Akutbehandlung vorgesehen.
Genauer Wirkmechanismus von Topiramat noch offen
Der genaue Mechanismus der antiepileptischen und Migräne-prophylaktischen Wirkung von Topiramat ist bisher noch nicht vollständig bekannt.
Die antiepileptische Wirkung kommt wahrscheinlich über verschiedene Mechanismen zustande: Einmal werden spannungsabhängige Natriumkanäle gehemmt, wodurch Aktionspotentiale in bestimmten Neuronen unterdrückt werden. Weiterhin erhöht Topiramat die Aktivität des hemmenden Neurotransmitters Gamma-Aminobuttersäure (GABA).
Topiramat wird abhängig von der Indikation dosiert
Der verschreibungspflichtige Wirkstoff ist in Form von Filmtabletten in den Dosierungen 25 mg, 50 mg, 100 mg und 200 mg erhältlich. Sowohl zur Behandlung von Epilepsie als auch bei Migräne wird Topiramat einschleichend dosiert und die Dosis dann wöchentlich gesteigert.
Begonnen wird meist mit einer Einzeldosis von 25 mg, bei Kindern über sechs Jahre wird mit 0,5 bis 1 mg Topiramat pro Kilogramm Körpergewicht begonnen.
Zur Therapie der Epilepsie wird folgende Dosierung empfohlen:
- Bei Erwachsenen liegt die Zieldosis zwischen 100 mg und 200 mg pro Tag, verteilt auf zwei Dosen. Die maximale Tagesdosis liegt bei 500 mg.
- Bei Kindern ab sechs Jahren liegt die Zieldosis bei 100 mg pro Tag, ebenfalls verteilt auf zwei Dosen.
- Präparatebeispiele: Topiramat-ratiopharm® 25 mg Filmtabletten, Topiramat Heumann 50 mg Filmtabletten, Topiramat Hexal® 100 mg Filmtabletten, Topiramat Stada® 200 mg Filmtabletten
Zur Prophylaxe von Migräne-Kopfschmerzen bei Erwachsenen liegt die empfohlene Tagesdosis bei 100 mg Topiramat, verteilt auf zwei Einzeldosen. Bei Kindern und Jugendlichen wird Topiramat nicht zur Prävention von Migräne eingesetzt.
- Präparatebeispiele: Topiramat AL Migräne 25 mg Filmtabletten, Topiramat Migräne Stada® 50 mg Filmtabletten
Niedriger dosierte Zubereitungen mit Topiramat aus der Rezeptur
Benötigen Kinder weniger als 25 mg Topiramat pro Tag, können passende Zubereitungen in der Rezeptur hergestellt werden. Um eine flüssige Darreichungsform zu erhalten, kann der Wirkstoff in die Suspensionsgrundlage SyrSpend® SF pH 4 eingearbeitet werden:
Rezepturbeispiel: Topiramat 5 mg/ml in SyrSpend® SF pH 4:
Topiramat | 0,5 g |
SyrSpend® SF pH 4 flüssig | zu 100 ml |
Zur Herstellung wird zunächst ein Überschuss an Tabletten fein verrieben und daraus die benötigte Menge an Wirkstoff abgewogen. Das abgewogene Topiramat wird dann in eine mit Pistill tarierte Fantaschale überführt und mit ungefähr einem Drittel der benötigten Suspensionsgrundlage angerieben. Anschließend wird ein weiteres Drittel Suspensionsgrundlage in einem Messzylinder vorgelegt und die Wirkstoff-haltige Anreibung dazugegeben. Zum Schluss wird die restliche Menge an Grundlage bis zum gewünschten Volumen ergänzt.
Die Aufbrauchsfrist der Suspension kann mit 90 Tagen festgesetzt werden.
Abgabe von Topiramat: Was ist für die Beratung wichtig?
Bei der Abgabe entsprechender Fertigarzneimittel sollten die Patienten darüber informiert werden, dass Topiramat unabhängig von den Mahlzeiten eingenommen werden kann.
Auf eine ausreichende Zufuhr von Flüssigkeit ist zu achten, da es während der Behandlung zu vermindertem Schwitzen kommen kann. Ansonsten besteht die Gefahr – vor allem bei Kindern – dass es bei körperlichen Aktivitäten und hoher Umgebungstemperatur zu einem Anstieg der Körpertemperatur kommen kann.
Auch können während der Therapie schwerwiegende, teils lebensbedrohliche Hautreaktionen wie das Stevens-Johnson-Syndrom auftreten. Sollten Patienten Hautveränderungen bei sich bemerken, müssen diese einem Arzt gezeigt werden.
Zur Erinnerung: Was ist das Stevens-Johnson-Syndrom?
Das Stevens-Johnson-Syndrom ist eine schwere, lebensbedrohliche Überempfindlichkeitsreaktion der Haut. Auslöser sind meist Arzneimittel, vor allem Sulfonamide, andere Antibiotika sowie Antiepileptika. Die Krankheit kommt sehr selten vor, etwa zwei Fälle je 1 Million Menschen pro Jahr.
Die Krankheit beginnt häufig mit Fieber, grippeähnlichen Symptomen und Beschwerden an den Schleimhäuten und Augen. Nach 1–3 Tagen kommt ein roter, masernartiger Hautausschlag im Gesicht und am Hals dazu, der sich schnell über die Extremitäten ausbreitet und zu Blasenbildung und stellenweise auch zur Ablösung der Haut führen kann.
Vorsicht: Topiramat ist eine Gefahr für das ungeborene Kind
Bei Frauen im gebärfähigen Alter sollte vor Beginn der Therapie mit Topiramat ein Schwangerschaftstest durchgeführt werden. Denn: Unter Einnahme von Topiramat kann es zu schweren Fehlbildungen und zu Wachstumsbeeinträchtigungen beim ungeborenen Kind kommen. Ebenso scheint das Risiko für neurologische Entwicklungsstörungen wie Autismus und Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) erhöht zu sein.
Die Patientin muss daher vollständig über die Gefahr einer Einnahme von Topiramat in der Schwangerschaft aufgeklärt werden. Während der Therapie sollten Frauen zudem eine hochwirksame Verhütungsmethode wie ein Intrauterinsystem anwenden. Bei der Anwendung hormoneller Kontrazeptiva sollte wegen möglicher Wechselwirkungen zusätzlich eine Barrieremethode wie ein Kondom verwendet werden.
Bei einer geplanten Schwangerschaft muss vor Absetzen der Empfängnisverhütung mit dem behandelnden Arzt eine Umstellung der Therapie auf andere antiepileptische Wirkstoffe besprochen werden. Quellen:
- https://www.gelbe-liste.de/wirkstoffe/Topiramat_27387
- https://www.bfarm.de/SharedDocs/Risikoinformationen/Pharmakovigilanz/DE/RHB/2023/rhb-topiramat.pdf?__blob=publicationFile
- Fachinformation Topiramat-ratiopharm® Filmtabletten
- https://fagron.de/wp-content/uploads/2023/06/Fagron_SyrSpend-Kompatibilitaetstabelle-10-2024_01.pdf