Rezeptur: Verwendung von Arzneimittel-Halbfertigware
Aus einer Apotheke erreichte uns folgende Anfrage zur Herstellung von Rezepturen:
Wir verwenden bei uns in der Rezeptur häufig Grundlagen der Firma Ichthyol wie beispielsweise Milch Cordes® zur Herstellung von Zubereitungen. Müssen wir bei diesen Grundlagen eine Identitätsprüfung durchführen und welche wäre dazu geeignet?
Zur Herstellung von Arzneimitteln dürfen in der Apotheke nur Ausgangsstoffe verwendet werden, deren ordnungsgemäße pharmazeutische Qualität gesichert ist. Dies gilt auch für verwendete Arzneimittel-Halbfertigware oder kosmetische Grundlagen.
Für die Prüfung und Feststellung der Qualität aller Ausgangsstoffe ist allein die Apotheke verantwortlich.
Was versteht man unter Arzneimittel-Halbfertigware?
Häufig werden im Rezepturbetrieb vorgefertigt bezogene offizinelle Grundlagen eingesetzt, dabei handelt es sich um Arzneimittel-Halbfertigware. Diese Dermatika-Grundlagen, wie beispielsweise Basiscreme DAC oder Anionische hydrophile Creme DAB, sind im DAC oder DAB monographiert und werden von der Herstellerfirma mit einem gültigen Prüfzertifikat in die Apotheke geliefert.
Sie werden nicht in vom Patienten verwendbaren Endverbraucherpackungen verkauft und es besteht daher keine Zulassungspflicht. Grundlagen wie Unguentum Cordes® oder Milch Cordes® gehören ebenfalls zu den Arzneimittel-Halbfertigwaren.
Bei Arzneimittel-Halbfertigware: Überprüfung des Prüfzertifikats notwendig
Genau wie alle anderen Ausgangsstoffe auch werden Grundlagen, die zu den Arzneimittel-Halbfertigwaren zählen, mit einem Prüfzertifikat nach § 6 ApBetrO in die Apotheke geliefert. Dieses Zertifikat muss in der Apotheke auf Gültigkeit, Plausibilität und Vollständigkeit geprüft werden, dabei sind folgende Punkte zu beachten:
- Das Prüfzertifikat muss den Vorgaben einer gültigen Monographie aus Ph. Eur., DAB oder DAC entsprechen. In Ausnahmefällen kann auch ein Prüfverfahren des Herstellers verwendet werden.
- Alle vorgeschriebenen Prüfungen der Monographie müssen auf dem Prüfzertifikat mit einem eindeutigen Untersuchungsergebnis aufgeführt sein.
- Die Chargenbezeichnung auf der Verpackung muss mit der Bezeichnung auf dem Zertifikat übereinstimmen.
- Das Prüf- und Verfallsdatum sowie die Lagerbedingungen müssen aufgeführt sein.
- Das Prüfzertifikat muss von einer sachkundigen Person unterschrieben sein.
Auf dem Prüfzertifikat der Herstellerfirma muss also eindeutig zu erkennen sein, dass die Grundlage nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln hergestellt und geprüft wurde. Wenn die Apotheke das Prüfzertifikat als valide einschätzt, kann wie bei anderen Wirk- oder Hilfsstoffen auf eine Komplettprüfung in der Apotheke verzichtet werden.
Eine analytische Feststellung der Identität muss aber in jedem Fall erfolgen, auch bei Dermatika-Grundlagen.
Milch Cordes®: Bei zu Irritationen führender Haut
Bei der Grundlage Milch Cordes® handelt es sich um eine kühlende, leicht fettende O/W-Emulsion, die schnell in die Haut einzieht. Milch Cordes® ist besonders zu Irritationen neigender Haut geeignet, da sie frei von Wollwachs, Wollwachsalkoholen und Duftstoffen ist.
Zum Schutz vor mikrobiellem Befall enthält die wasserreiche Grundlage als Konservierungsmittel Sorbinsäure und zum oxidativen Schutz die beiden Antioxidantien Butylhydroxytoluol und Palmitoylascorbinsäure. Die Grundlage hat einen pH-Wert im leicht sauren Bereich zwischen 3,5 und 4,7.
Prüfung auf Identität bei Arzneimittel-Halbfertigware
Im Arzneibuch oder im DAC existieren für diese Art von Grundlagen meist keine Prüfvorschriften, von der Herstellerfirma können aber Vorschläge zur Feststellung der Identität erhalten werden.
Auch hier liegt es wieder im Ermessen des verantwortlichen pharmazeutischen Personals zu entscheiden, durch welche Prüfungen die Identität der Grundlage eindeutig nachgewiesen werden kann. Neben einer Beurteilung des Aussehens, des Geruchs und der Konsistenz kann als analytische Reaktion ein Nachweis auf ethoxylierte Gruppen durchgeführt werden.
Gut zu wissen: Wie funktioniert der Nachweis auf ethoxylierte Gruppen?
Unter ethoxylierten Gruppen versteht man Polyethylenglycol-Gruppen, die in der Grundlage unter anderem im Emulgator Macrogolether enthalten sind. Diese funktionellen Gruppen können nasschemisch nachgewiesen werden.
Dazu werden einige Tropfen Milch Cordes® auf ein Uhrglas gegeben und mit 1 bis 2 ml Wasser vermengt. Danach werden einige Tropfen Ethoxy-Reagenz dazugegeben.
Bei Anwesenheit von Polyethylen-Gruppen tritt ein Farbumschlag von violett nach hellblau auf. Das benötigte Ethoxy-Reagenz ist eine Lösung aus Ammoniumthiocyanat und Cobalt (II)-nitrat.
Verarbeitung von Milch Cordes® mit Harnstoff in Rezepturen
Um den feuchtigkeitsspendenden Effekt zu erhöhen, kann Milch Cordes® mit 3 % bis 10 % Harnstoff oder mit bis zu 5 % Glycerol 85 % versetzt werden.
Zu allen Grundlagen der Firma Ichthyol stehen auf der Homepage auch Kompatibilitätstabellen zur Verfügung, die die mit der jeweiligen Grundlage verträglichen Wirkstoffe in der geprüften Konzentration aufführen. So kann Milch Cordes® unter anderem mit zahlreichen Glucocorticoiden, Clotrimazol und Metronidazol sowie Polidocanol zu stabilen Zubereitungen verarbeitet werden.
Rezepturbeispiel aus der Ziegler Rezepturbibliothek
Wie bereits erwähnt wird Milch Cordes® häufig zusammen mit Harnstoff verarbeitet:
Harnstoff 5 % in Milch Cordes® (ZRB D19-18):
Harnstoff | 5,0 g |
Milch Cordes® | zu 100,0 g |
Zur Herstellung wird zunächst der Harnstoff mit etwa der zwei- bis fünffachen Menge an Grundlage homogen angerieben. Danach wird portionsweise weitere Grundlage dazugegeben und jeweils unter häufigem Abschaben verrührt.
Als Aufbrauchsfrist für die fertige Emulsion können zwölf Wochen empfohlen werden. Quelle:
- Bergner A.: Praxishilfe Rezeptur, Schritt-für Schritt-Anleitungen für die Apotheke, 2. Auflage, Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 2021.
Frage aus der Rezeptur?
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Dann schicken Sie uns gerne eine Kopie des Rezepts. Wir greifen interessante Rezepturthemen in unserer Rubrik „Fragen aus der Rezeptur“ auf.
Die Anfragen werden von unserer erfahrenen Rezepturexpertin Dr. Annina Bergner oder einem anderen kompetenten Ansprechpartner bearbeitet. Hierfür wird Ihre Anfrage per E-Mail weitergeleitet. Ihre persönlichen Daten werden nach der Bearbeitung gelöscht. Bitte beachten Sie, dass wir keine akute Hilfestellung vor der Abgabe leisten können.