Rezeptur
Praxiswissen
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Rezeptur: Herstellung von Insulin-Augentropfen

Eine Hand hält eine Einmalampulle mit Augentropfen
Insulin-Augentropfen werden aus Fertigarzneimitteln hergestellt. | Bild: NorGal / AdobeStock

Der Blutzuckerspiegel im Körper wird über eine Reihe von Hormonen gesteuert. Dabei spielt das Insulin eine entscheidende Rolle: Das Peptidhormon aus der Bauchspeicheldrüse sorgt für eine Aufnahme von Glucose in die Zellen, fördert den Aufbau von Energiespeichern und senkt somit den Glucose-Spiegel im Blut. 

Ist dieser Glucosestoffwechsel gestört, tritt das Krankheitsbild des Diabetes mellitus auf, beim insulinpflichtigen Typ-1-Diabetes muss Insulin dann von außen zugeführt werden. 

Bei neurotropher Keratopathie: Insulin zur Anwendung am Auge

Insulin kann aber auch am Auge appliziert werden und kommt dort bei der sogenannten neurotrophen Keratopathie zum Einsatz. Dabei handelt es sich um eine degenerative Augenerkrankung, bei der eine Verringerung oder ein Verlust der Hornhautsensibilität eintritt. 

Durch die gestörte Heilungsfähigkeit der Hornhaut können schwerwiegende Komplikationen beim Sehvermögen auftreten. Die Anwendung von Insulin am Auge zeigt bei diesem Krankheitsbild gute Erfolge, was den Eigenschaften der Substanz als Wachstumsfaktor zugeschrieben wird. 

Gut zu wissen: Nasale und lokale Anwendung von Insulin

Neben der Anwendung am Auge sind weitere eher ungewöhnliche Applikationsarten für Insulin bekannt. Bei schlecht heilenden Wunden können Dermatika mit Insulin auch lokal auf die Haut aufgetragen werden, als Darreichungsformen kommen sterile Lösungen oder Hydrogele in Betracht. 

Auch eine Gabe von Insulin mittels Nasenspray ist bekannt. Die Substanz kann aus der Nasenhöhle über den Riechnerv direkt ins Gehirn gelangen, versuchsweise wurde Insulin nasal bei Alzheimer-Patienten angewendet. Die Ergebnisse dazu waren allerdings enttäuschend und es ist fraglich, ob sich eine Alzheimer-Erkrankung durch intranasale Insulin-Anwendung verbessert. 

Nasales Insulin wird auch bei Kindern mit Phelan-McDermid-Syndrom eingesetzt. Bei diesem seltenen genetischen Defekt leiden die betroffenen Kinder an neurologischen Problemen, die die motorische und sprachliche Entwicklung deutlich verzögern. Bei manchen Kindern kam es nach der Anwendung eines Insulin-Nasensprays zu Verbesserungen ihrer motorischen und kognitiven Fähigkeiten.

Insulin-Augentropfen mittels Verdünnung von Fertigarzneimitteln

Fertigarzneimittel mit Insulin zur Anwendung am Auge sind nicht erhältlich. Es ist aber möglich, die gewünschten Zubereitungen in der Rezeptur herzustellen. Das DAC/NRF-Team hat dazu einen neuen Rezepturhinweis zum Insulin bereitgestellt. Darin wird die Herstellung wässriger Augentropfen beschrieben. 

Da Insulin als Rezeptursubstanz nicht erhältlich ist, werden zur Herstellung Insulin-Fertigarzneimittel mit isotonischer Kochsalzlösung verdünnt. In den Rezepturvorschlägen des DAC/NRF wird dabei Actrapid® 100 Injektionslösung oder Huminsulin® Normal verwendet. 

Beide sterile Lösungen zur Injektion enthalten Humaninsulin 100 I.E./ml. Dieses Humaninsulin wird mithilfe gentechnisch veränderter Bakterien hergestellt und hat die gleiche Struktur wie menschliches Insulin. 

Rezepturbeispiele zur Herstellung von Insulin-Augentropfen

Bei den im Rezepturhinweis beschriebenen Rezepturvorschlägen handelt es sich um Augentropfen mit 1 I.E./ml Insulin oder – höher konzentriert – mit 25 I.E./ml. 

 

Insulin-Augentropfen 1 I.E./ml 

Actrapid® 100 Injektionslösung oder Huminsulin® Normal 100 I.E./ml 1 ml
Isotonische Natriumchloridlösungzu 100,0 ml


Zur Herstellung wird die benötigte Menge an Insulin in einem tarierten Becherglas mit der isotonischen Natriumchloridlösung vermischt. Die erhaltene Insulin-Lösung 1 I.E./ml wird dann durch einen hydrophilen Membranfilter in Polypropylen-Kunststoffspritzen sterilfiltriert. 

Zur Erinnerung: Wie funktioniert eine Sterilfiltration?

Im Gegensatz zur Sterilisation werden die Mikroorganismen bei einer Sterilfiltration nicht abgetötet, sondern aus der Zubereitung entfernt. 

Dazu werden Filter mit einer Porengröße von lediglich 0,2 µm verwendet, die in der Lage sind, Bakterien abzutrennen. Für hydrophile Lösungen wie die wässrigen Augentropfen kommen Filter aus Polyethersulfon zum Einsatz. 

Nach der Filtration sollte die Funktionsweise des Filters im Rahmen einer Inprozesskontrolle überprüft werden. Dieser Membranfilter-Integritätstest ist auch unter der Bezeichnung „Bubble-Point-Test“ bekannt. 

Dazu wird eine Spritze mit 10 ml Luft gefüllt und anschließend der benutzte Filter aufgesetzt. Die Spritze wird dann in ein mit Wasser gefülltes Becherglas getaucht und die Luft durch den Filter bis zum Austreten eines Blasenstroms herausgedrückt. Sobald Luftblasen zu sehen sind, wird das noch vorhandene Luftvolumen abgelesen. Beträgt dieses Volumen 2 ml oder weniger, war der benutzte Filter intakt.

Beim Arbeiten unter einem Laminar-Air-Flow-Gerät oder einer Rezepturwerkbank können die beiden sterilen Lösungen auch einfach ohne anschließende Sterilfiltration miteinander vermischt werden. 

Die Herstellung der höher konzentrierten Insulin-Augentropfen 25 I.E./ml kann analog zur Herstellung der Insulin-Augentropfen 1 I.E./ml erfolgen. Dazu werden 20 ml Insulin-Fertigarzneimittel mit 60 ml Isotonischer Kochsalzlösung vermischt.

Wie lange sind Insulin-Augentropfen haltbar?

Die verwendeten Insulin-Fertigarzneimittel enthalten zwar Metacresol zur Stabilisierung, doch ob die Substanz auch bei Verdünnung eine konservierende Wirkung aufweist, ist nicht bekannt. Den hergestellten Augentropfen wird auch kein weiteres Konservierungsmittel hinzugefügt, da es keine Daten zur Verträglichkeit von Konservierungsstoffen mit Insulin gibt. 

Nachdem die Augentropfen in die Kunststoffspritzen sterilfiltriert wurden, können diese bei einer Temperatur von 2 bis 8 °C für 3 Monate gelagert werden. Zur Anwendung müssen diese in sterile Augentropfen-Einmalampullen abgefüllt werden. 

Diese unkonservierten wässrigen Augentropfen können beim Patienten bei einer Lagerung im Kühlschrank für 7 Tage aufbewahrt und nach Anbruch für 24 Stunden verwendet werden. Quellen:
DAC/NRF-Rezepturhinweise Insulin Human (10.06.2024)
Bergner/Seidel: Galenische Übungen, Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 2024.
 

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