Herstellung von Zubereitungen mit Octenidindihydrochlorid
Der Wirkstoff Octenidindihydrochlorid hat ein breites antimikrobielles Spektrum mit guter Wirkung sowohl gegen grampositive als auch gegen gramnegative Bakterien und ist auch wirksam gegen Hefen und Pilze.
Das doppelt positiv geladene Octenidin-Kation reagiert mit Zuckerverbindungen der Zellwand von Keimen, kann dort enzymatische Vorgänge beeinflussen und sorgt so für eine Undichtigkeit der Zellmembran. Auch schädigt Octenidindihydrochlorid die normale Zellfunktion der Mikroorganismen.
Der Wirkstoff kann als Haut-, Wund- und Schleimhautantiseptikum eingesetzt werden und eignet sich auch schon zur Hautdesinfektion von Frühgeborenen.
Octenidindihydrochlorid ist mit Anionen inkompatibel
Octenidindihydrochlorid ist als Ausgangsstoff zur Herstellung von Rezepturen erhältlich. Das weiße Pulver ist dabei in Ethanol leicht löslich, auch in Glycerol 85 % und Wasser ist es löslich.
Aufgrund seiner kationischen Struktur ist der Arzneistoff unverträglich mit anionischen Wirk- oder Hilfsstoffen, darunter Emulgatoren, Gelbildner und Konservierungsstoffe. Der kationische Teil des Octenidindihydrochlorids reagiert mit dem vorhandenen Anion zu einem schwer löslichen Salz. Dabei kommt es sowohl zu einer Wirkungsbeeinträchtigung des Wirkstoffs als auch zu einer Beeinträchtigung des Emulsions- oder Gelsystems.
Octenidindihydrochlorid kann daher nicht mit folgenden offizinellen Dermatikagrundlagen verarbeitet werden:
- Anionische hydrophile Creme DAB
- Anionische hydrophile Creme SR DAC (NRF S.27.)
- Wasserhaltiges Liniment SR DAC (NRF S.40.)
- Hydrophile Basisemulsion DAC (NRF S.25.)
- Carbomergel pH 5 / pH 6 (NRF S. 43.)
- 2-Propanolhaltiges Carbomergel DAB
- Wasserhaltiges Carbomergel DAB
- Carmellose-Natrium-Gel DAB
Auch nichtionische Grundlagen können zu Unverträglichkeiten führen
Allerdings sind mit Octenidindihydrochlorid nicht nur anionische Grundlagen inkompatibel, auch bei der Kombination mit nichtionischen Dermatikagrundlagen können Unverträglichkeiten auftreten. Und zwar immer dann, wenn diese mit Sorbinsäure oder einer Mischung aus Sorbinsäure/Kaliumsorbat konserviert sind. Hier kann es konzentrationsabhängig zur Bildung schwerlöslicher Salze kommen.
Der Wirkstoff kann daher auch nicht mit folgenden nichtionischen Grundlagen verarbeitet werden, sofern diese fertig bezogen werden und dann standardmäßig mit Sorbinsäure oder Kaliumsorbat konserviert sind:
- Nichtionische hydrophile Creme DAB
- Nichtionische hydrophile Creme SR DAC (NRF S.26.)
- Nichtionisches wasserhaltiges Liniment DAC (NRF S.39.)
- Hydrophobe Basiscreme DAC (NRF S.41.)
- Hydroxyethylcellulosegel DAB
Welche Grundlagen sind für Octenidindihydrochlorid geeignet?
Soll Octenidindihydrochlorid mit einer O/W-Grundlage verarbeitet werden, kann auf die Basiscreme DAC zurückgegriffen werden. Diese nichtionische hydrophile Grundlage enthält keine eigentlichen Konservierungsstoffe, sondern ist durch einen 20%igen Propylenglycolanteil bezogen auf die Wasserphase ausreichend vor mikrobiellem Verderb geschützt.
Basiscreme DAC kann mit Wasser oder einer Mischung aus Propylenglycol und Wasser zu einer hydrophilen Emulsion verdünnt und dann ebenfalls mit Octenidindihydrochlorid verarbeitet werden.
Weiterhin kann Nichtionische hydrophile Creme DAB ohne das mit dem Wirkstoff unverträgliche Kaliumsorbat in der Apotheke selbst hergestellt werden. Eine Verarbeitung mit dem Lokalantiseptikum ist dann problemlos möglich. Die Aufbrauchsfrist beim Patienten beträgt dann allerdings lediglich eine Woche.
Verarbeitung von Octenidindihydrochlorid als Stammlösung
Aufgrund der langsamen Wasserlöslichkeit des Wirkstoffs bietet sich zur Verarbeitung in Grundlagen der Einsatz eines flüssigen Rezepturkonzentrates an. Im NRF ist dazu unter der Vorschrift S.50. ein Herstellungsvorschlag für eine 2%ige Stammlösung zu finden.
Zur Herstellung wird Octenidindihydrochlorid in Glycerol 85 % unter Erwärmen gelöst – Verdunstungsverluste werden mit Gereinigtem Wasser ergänzt.
Die dickflüssige Lösung kann in eine Braunglasflasche abgefüllt und dann für drei Jahre zur Herstellung von Arzneimitteln verwendet werden.
Rezepturbeispiel für eine hydrophile Creme mit Octenidindihydrochlorid
Bei einer Verarbeitung von Octenidindihydrochlorid in Basiscreme DAC kann ein konkreter Rezepturvorschlag folgendermaßen aussehen:
Octenidindihydrochlorid 0,1 % – Basiscreme DAC:
Octenidindihydrochlorid-Stammlösung 2 % (NRF S.50.) | 5,0 g |
Basiscreme DAC | zu 100,0 g |
Die Stammlösung mit Octenidindihydrochlorid kann ohne Anwendung von Wärme in die Grundlage eingerührt werden. Als Aufbrauchsfrist werden sechs Monate empfohlen.
Gut zu wissen: Grenzflächenaktivität von Octenidindihydrochlorid
Octenidindihydrochlorid gehört zu den grenzflächenaktiven Arzneistoffen, wässrige Lösungen zeigen daher eine Schaumbildung. Bei der Verarbeitung des Wirkstoffes mit Basiscreme DAC führt diese Eigenschaft dazu, dass Zubereitungen von weicherer Konsistenz entstehen.
Wird die Basiscreme DAC mit Wasser und Propylenglycol verdünnt, wird in Anwesenheit des Octenidindihydrochlorids die Fließgrenze – also die Umwandlung einer halbfesten Zubereitung zur Emulsion beim Verdünnen – deutlich eher erreicht.
Octenidindihydrochlorid in Kombination mit Glucocorticoiden
Bei entzündlichen Hauterkrankungen mit bakterieller Infektion verordnen Ärzte häufig eine Kombination von Octenidindihydrochlorid zusammen mit einem Glucocorticoid. Das Lokalantiseptikum kann dabei zusammen mit Betamethasonvalerat kombiniert werden. Zur Herstellung bietet sich die NRF-Vorschrift 11.37. Hydrophile Betamethasonvalerat-Creme an.
In der Kinderheilkunde wird meist eine Kombination mit Prednicarbat angefragt. Hierzu kann die Herstellung nach dem standardisierten Rezepturvorschlag Hydrophile Prednicarbat-Creme mit Octenidindihydrochlorid 0,1 % (NRF 11.145.) erfolgen.
Ist eine Verarbeitung mit Kühlcreme möglich?
Wird statt einer hydrophilen Creme eine Verarbeitung mit einer lipophilen Grundlage gewünscht, so kann auf die Kühlcreme DAB zurückgegriffen werden.
Aufgrund der Konservierung mit Kaliumsorbat ist eine Kombination mit Hydrophober Basiscreme DAC (NRF S.41.) nicht möglich.
Octenidindihydrochlorid-Stammlösung 2 % (NRF S.50.) kann aber in Kühlcreme DAB stabil eingearbeitet werden und es wird eine Octenidindihydrochlorid-Kühlcreme 0,1 % erhalten. Quellen:
- DAC/NRF-Rezepturhinweis Octenidindihydrochlorid (27.03.2023)
- Bergner A.: Praxishilfe Rezeptur, Schritt-für-Schritt-Anleitungen für die Apotheke, 2. Auflage, Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 2021.
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