Bei Lieferengpass von Oralpädon, Elotrans und Co.: Glucose-Elektrolyt-Mischungen aus der Rezeptur
Reisediarrhö tritt bei Urlauben im feucht-heißen Klima relativ häufig auf. Glucose-Elektrolyt-Mischungen helfen dabei, den Flüssigkeits- und Salzverlust rasch wieder auszugleichen und gehören daher in jede Reiseapotheke. In den letzten beiden Jahren war die Nachfrage danach aufgrund der Corona-Pandemie stark zurückgegangen, doch diesen Sommer ist die Reiselust zurückgekehrt und zahlreiche Kunden lassen sich zur Zusammenstellung benötigter Arzneimittel in der Apotheke beraten. Der Hype in den sozialen Netzwerken zum Einsatz von Elektrolytlösungen nach durchgefeierten Nächten hat die Nachfrage noch einmal deutlich erhöht.
Fertigarzneimittel kaum noch erhältlich
Die Firma STADA arbeitet zwar mit Hochdruck an Nachschub, Tatsache ist aber, dass Produkte zur Rehydratation und Elektrolytsubstitution bei Durchfallerkrankungen in Apotheken praktisch nicht mehr erhältlich sind.
Bei diesen Fertigarzneimitteln handelt es sich um Pulvermischungen zur Herstellung einer Lösung zur Einnahme, die aus den Salzen Natriumchlorid, Kaliumchlorid und Natriumcitrat sowie dem Einfachzucker Glucose bestehen. Entsprechende Fertigarzneimittel wie Oralpädon 240®, Elotrans® oder das Präparat Saltadol®, das als Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke gilt, orientieren sich dabei an dem Rezepturvorschlag der WHO zur Zusammensetzung einer entsprechenden Glucose-Elektrolyt-Mischung.
Bei Lieferengpass: Rezepturen als Alternative
Sind Präparate zur Behandlung von Durchfallerkrankungen ausverkauft, kann die Apotheke ihren Kunden aber durch Herstellung einer Rezeptur weiterhelfen. Im NRF sind drei verschiedene Vorschriften für eine Glucose-Elektrolyt-Mischung (ORS = Oral Rehydration Salts) zu finden:
Glucose-Elektrolyt-Mischung ORS 40 / ORS 60 / New-ORS-WHO (NRF 6.5.) 1 Pulver enthält: | |||
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ORS 40 | ORS 60 | New-ORS-WHO | |
Natriumchlorid | 0,85 g | 1,75 g | 2,6 g |
Kaliumchlorid | 1,5 g | 1,5 g | 1,5 g |
Natriumcitrat (Trinatriumsalz, Dihydrat) | 2,5 g | 2,9 g | 2,9 g |
Glucose | 20,15 g | 19,85 g | 13,5 g |
Die Pulvermischungen unterscheiden sich hauptsächlich in ihrem Gehalt an Natrium-Ionen in der fertigen Lösung. Die Ziffer hinter der Abkürzung „ORS“ gibt dabei den Gehalt dieser Kationen in mmol/L an. Alle drei Zucker-Salz-Mischungen sorgen (nach dem Auflösen in Wasser) bei Durchfallerkrankungen für einen schnellen Wasser- und Elektrolytersatz.
Dosierung und Zubereitung
Ein abgeteiltes Pulver wird dabei in 1 Liter abgekochtem Trinkwasser oder Tee aufgelöst und diese Lösung über den Tag verteilt getrunken. Kinder unter 1 Jahr sollen dabei 600 bis 1.000 ml zu sich nehmen, Kinder bis zu 4 Jahren 1 bis 2 Liter und ältere Kinder und Erwachsene können bis zu 4 Liter der gebrauchsfertigen Lösung trinken.
Bei der Zubereitung der Lösung sollte die vorgeschriebene Menge von 1 Liter Flüssigkeit eingehalten werden, denn eine zu hohe Konzentration an Glucose kann selbst Durchfälle auslösen. Bei zu starker Verdünnung kann die Aufnahme von Natrium-Ionen und Glucose in der Schleimhaut des Dünndarms beeinträchtigt sein. Macht der Arzt keine weiteren Angaben auf dem Rezept, so ist bei einer Verschreibung die orale Rehydratationslösung der WHO herzustellen.
Herstellung einer Glucose-Elektrolyt-Mischung im Porzellanmörser
Die Zubereitung der Glucose-Elektrolyt-Mischungen ist relativ einfach: Vor dem Vermischen müssen die in unterschiedlicher Teilchengröße vorliegenden kristallinen Feststoffe zunächst zerkleinert werden. In einer ausreichend rauen Reibschale werden dazu Natriumchlorid, Kaliumchlorid und Natriumcitrat unter Abschaben fein verrieben. Zur Herstellung von 5 Einzeldosen sollte die verwendete Schale einen Innendurchmesser von mindestens 15 cm haben und nur zu etwa einem Drittel mit Pulver gefüllt sein. Ein effektives Verreiben ist nur bei geringer Befüllung der Reibschale möglich.
Wenn die drei Salze als feines, weißes Pulver vorliegen und einzelne Kristalle nicht mehr zu erkennen sind, kann die bereits fein gepulvert vorliegende Glucose anteilig eingearbeitet werden.
Steht ein ausreichend großer Porzellanmörser nicht zur Verfügung, so können die drei Salze alternativ in einer kleineren Schale mit mindestens 12,5 cm Innendurchmesser verrieben werden. Diese Verreibung kann dann in einer 500 ml Pulvermischdose mit Stahlkugeln oder in einer glatten Schale mit der benötigten Menge an Zucker vermischt werden. Die Einzeldosen können dann in einen Papierflachbeutel (Abmessung etwa 13 cm x 8,5 cm) abgepackt werden, die einzelnen Beutel werden in einen Bodenbeutel geeigneter Größe gegeben.
Nach Zugabe von Wasser ergeben alle drei Rezepturvorschriften eine schwach hypotonische Lösung. Der pH-Wert der Trinklösung liegt bedingt durch die basische Reaktion des Natriumcitrats zwischen 7 und 8.
Kennzeichnung und Haltbarkeit von Glucose-Elektrolyt-Mischungen
Pulvermischungen gehören zu den festen Darreichungsformen und sind mikrobiell daher nicht anfällig, ihre Laufzeit beträgt 1 Jahr. Bei der fertigen Trinklösung sieht es anders aus. Diese muss vor Gebrauch frisch hergestellt und innerhalb von 24 Stunden aufgebraucht werden. Während der Anwendung sollte die Lösung im Kühlschrank aufbewahrt werden. Nicht verbrauchte Lösung muss verworfen werden.
Neben den üblichen Angaben nach § 14 Apothekenbetriebsordnung muss eine individuelle Gebrauchsanweisung auf den Flach- und Bodenbeutel geschrieben werden. Für ein Schulkind von 7 Jahren lautet diese folgendermaßen: „Den Inhalt eines Beutels in 1 Liter abgekochtem Trinkwasser oder Tee lösen. Bis zu 4 Liter Lösung über den Tag verteilt trinken.“ Weiterhin ist auch der Hinweis „Nicht verbrauchte Lösung nach 24 Stunden verwerfen“ wichtig.
Wann übernimmt die Krankenkasse die Kosten?
Arzneimittel für eine Reiseapotheke werden von der gesetzlichen Krankenkasse natürlich nicht übernommen. Bei Durchfällen zur oralen Rehydratation sind Glucose-Elektrolyt-Mischungen für Kinder unter 12 Jahren aber verordnungsfähig.
Bei der Abgabe einer solchen Pulvermischung als Rezeptur statt einem Fertigarzneimittel ist es aber empfehlenswert, das Rezept entsprechend vom Arzt ändern zu lassen. Denn für Verordnungen von Zubereitungen gibt es andere Vorgaben als für Fertigarzneimittel. Auch bei Lieferschwierigkeiten eines Fertigarzneimittels ist es also hinsichtlich des Retaxationsrisikos sicherer, ein neues Rezept aus der Arztpraxis zu organisieren. Quellen:
Glucose-Elektrolyt-Mischung ORS 40 / ORS 60 / New-ORS-WHO (NRF 6.5.)
https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2021/daz-18-2021/verkanntes-potenzial
https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2022/07/25/ibu-zaepfchen-statt-saft-geht-das-einfach-so