Retax-Fragen
Praxiswissen
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Erstattungsfähigkeit von Medizinprodukten – Welche Retax ist gerechtfertigt?

Verbandsmaterial auf weißem Untergrund
Der Arzt hat ein Medizinprodukt verordnet, doch sind Medizinprodukte nur in Ausnahmefällen erstattungsfähig. | Bild: Stephanie Eichler / Adobe Stock

Aus einer Apotheke erreichte uns folgende Frage:

Wir erhielten eine Retaxierung über Actimaris Wundgel (PZN 10259006) mit folgender Begründung: „Medizinprodukt lt. Anlage 5 AM-RL keine Kostenübernahme“. Das Kassensystem hat uns jedoch bei der Abgabe keinen Warnhinweis gegeben, sodass wir davon ausgehen, alles richtig gemacht zu haben. Können Sie uns sagen, warum die Kasse dieses Rezept retaxiert?

Antwort:

Richtig ist zunächst, dass Medizinprodukte grundsätzlich nicht zulasten der gesetzlichen Krankenkassen verordnungsfähig sind. Das am 1. Juli 2008 in Kraft getretene Medizinproduktegesetz (MPG) weist dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) allerdings die Aufgabe zu, in einer Art „Positivliste“ festzulegen, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Medizinprodukte doch in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden. Hierbei handelt es sich um die Anlage V zur Arzneimittelrichtlinie. Dort sind Medizinprodukte mit Arzneicharakter aufgelistet, die von den gesetzlichen Kassen erstattet werden, wie z. B. einige Macrogole, verschiedene Läusemittel oder Kochsalzlösungen. Recherchieren kann man diese z. B. in der Datenbank „Verordnungsfähige Medizinprodukte“ des DeutschenApothekenPortals. Unter der Obergruppe „Medizinprodukt“ finden sich auch viele Untergruppen, die für die jeweiligen Leistungserbringer – gegebenenfalls unter speziell festgelegten Bedingungen – auch ohne Listung erstattet werden müssen.

Im Apothekenbereich sind dies hauptsächlich:

  • Hilfsmittel (z. B. Blutzuckermessgeräte)
  • Verbandmittel (z. B. Verbandstoffe und Pflaster)
  • Teststreifen (z. B. Blutzucker- oder Harnteststreifen)

Dies ist per Gesetz in § 31 Abs. 1 SGB V geregelt.

Das verordnete Actimaris Wundgel ist im Artikelstamm unter „Verbandstoffe und Pflaster“ gelistet:

Bild: Privat

Verbandmittel, zu denen das Wundgel, aber auch Kompressen, Fixierbinden oder Hydrokolloidpflaster zählen, sind demnach Medizinprodukte und nach § 31 Absatz 1 SGB V verordnungs- und erstattungsfähig, auch ohne Listung in der Anlage V der AM-RL. Sie fallen auch nicht unter den Verordnungsausschluss nach § 34 SGB V. Dennoch werden Verbandmittel immer wieder retaxiert. Wir raten in diesem Fall, Einspruch gegen die Retaxierung einzulegen!

Fazit

Zu den Medizinprodukten gehören nicht nur Medizinprodukte mit Arzneicharakter, die nur erstattungsfähig sind, sofern sie in der Anlage V zur Arzneimittel-Richtlinie gelistet sind, sondern auch Verbandstoffe und Pflaster. Die Gruppe der Verbandstoffe und Pflaster ist ebenso, wie die Gruppe der Teststreifen, aufgrund des § 31 SGB V erstattungsfähig. Eine Listung in der Anlage V ist nicht notwendig. Auch Hilfsmittel wie Blutzuckermessgeräte sind eine Gruppe der Medizinprodukte, die ohne Listung in der Anlage V erstattungsfähig sein können. Eine Retaxierung aufgrund einer fehlenden Listung in der Anlage V AM-RL ist daher immer genau zu prüfen.

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