Trotz schriftlicher Anweisung: Dronabinoltropfen-Set retaxiert
Aus einer Apotheke erreichte uns folgende Frage:
Uns lag eine Verordnung über Dronabinoltropfen inklusive schriftlicher Anweisung vor. Die Krankenkasse kürzte das von uns in Rechnung gestellte Herstellset, da dieses für die Herstellung nicht unbedingt erforderlich sei und vergütete uns lediglich die in der Arzneimittelpreisverordnung vorgesehenen anteiligen Einzelkomponenten.
Die Nutzung des Herstellsets mit der benötigten Menge
- 0,05% Palmitoylascorbinsäure in Miglyol 812 50 ml,
- einem 30 ml med. Tropfglas,
- einem für die korrekte Dosierung geeigneten Senkrechttropfer (1 Tropfen = 0,88 mg Dronabinol) bzw. alternativ,
- einer geeigneten Dosierpumpe 33 µl (1 Hub = 0,83 mg Dronabinol) mit beigefügter Patienteninformation
bedeutete für uns eine erhebliche Zeitersparnis.
Gegenüber der von uns in Rechnung gestellten Rezepturherstellung der verordneten 10 ml öligen Dronabinoltropfen 25 mg/ml gemäß NRF 22.8 (entsprechend 250 mg Dronabinol) errechnet der Retax-Dienstleister eine Ersparnis in Höhe von 244,28 Euro minus 221,97 Euro = 22,31 Euro minus 2,91 Euro BtM-Gebühr = 19,40 Euro.
Ist diese Retaxation gerechtfertigt?
Antwort
Seit März 2017 sind Cannabis und cannabishaltige Zubereitungen unter bestimmten Voraussetzungen für medizinische Zwecke verordnungs- und erstattungsfähig. Vor Versorgungsbeginn durch die Apotheke ist allerdings vom behandelnden Vertragsarzt eine Genehmigung der zuständigen Krankenkasse einzuholen, die diese nur in begründeten Ausnahmefällen verweigern darf.
Die gesetzliche Voraussetzung
Geregelt ist die Genehmigungserteilung in § 31 Abs. 6 SGB V:
§ 31 Abs. 6 SGB V
Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung haben Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon, wenn
- eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung
a) nicht zur Verfügung steht oder
b) im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann, - eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.
Die Leistung bedarf bei der ersten Verordnung für eine Versicherte oder einen Versicherten der nur in begründeten Ausnahmefällen abzulehnenden Genehmigung der Krankenkasse, die vor Beginn der Leistung zu erteilen ist.
Bei der Genehmigung nach § 31 Abs. 6 SGB V geht es darum, ob die Voraussetzungen für eine Erstverschreibung vorliegen. Die Dauer der Therapie legt jedoch nicht die Krankenkasse fest. Letzteres hat das Bundesversicherungsamt erst im September 2018 beanstandet.
Genehmigungsfristen
Krankenkassen müssen die Anträge innerhalb von drei Tagen bearbeiten, wenn Cannabis in der ambulanten Palliativversorgung verordnet wird. Bei „normalen“ Genehmigungsanträgen hat die Krankenkasse drei Wochen Zeit, um über den Antrag zu entscheiden. Wenn sie zur Klärung den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) einschalten muss, lässt der Gesetzgeber ihr fünf Wochen Zeit (§ 13 Abs. 3a SGB V). Wird innerhalb dieser Fristen keine Entscheidung getroffen, gilt der Antrag als genehmigt (Genehmigungsfiktion).
Auch der Hersteller empfiehlt, bei der Taxierung der Rezepturbestandteile ausschließlich nach Verbrauch und gemäß Hilfstaxe zu berechnen. Dies gelte auch für das Herstellset.
Bleibt also zu hoffen, dass bei den künftigen Vertragsverhandlungen auch auf den aufwendigen Herstellungs- und Dokumentationsaufwand Rücksicht genommen wird und auch praxisnahe Arbeitserleichterungen für die Apotheken Berücksichtigung finden.