Retax-Fragen
Praxiswissen
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Biologika: Was gilt beim Aus­tausch der Darreichungsform?

PTA steht im Backoffice vor dem PC
In der Anlage 1 des Rahmenvertrags sind die austauschbaren biotechnologisch hergestellten Arzneimittel gelistet. | Bild: Drazen / AdobeStock

Aus einer Apotheke erreichte uns folgende Anfrage:

Wir erhielten eine Verordnung über „Humira 40 mg/0,4 ml 101 Care Inj.-Lsg. 6 Fertigpens N3“. Die Arztpraxis hatte keine PZN aufgedruckt und ein Mitarbeiter gab versehentlich Fertigspritzen anstatt der Pens ab, was nicht auffiel, da der Patient mit der Anwendung der Spritzen wie auch der Pens vertraut war.  

Die Krankenkasse stellte uns jedoch eine Nullretax aus, mit der Begründung: „Rezeptbelieferung stimmt nicht mit der Verordnung überein. Das belieferte Arzneimittel ist gem. § 129 Absatz 1a Satz 1 SGB V nicht mit dem verordneten austauschbar (AM-RL Anlage VII – Teil A Hinweis zur Austauschbarkeit von Darreichungsformen).“  

Wir möchten gerne Einspruch einlegen, da es sich um eine hochpreisige Retax über 2.850 € handelt. Wir wissen aber nicht, wie wir diesen gegenüber der Krankenkasse begründen können. Können Sie uns helfen? 

Anfrage einer Apotheke

Rahmenvertrag listet austauschbare Biologika

Grundsätzlich ist die Retaxation der Krankenkasse berechtigt, da die verordneten Fertigpens nur gegen andere Fertigpens aus der vorliegenden Original-Import-Gruppe austauschbar sind. Das Arzneimittel Humira enthält den Wirkstoff Adalimumab, der zu den biotechnologisch hergestellten Arzneimitteln gehört.

Anlage 1 des Rahmenvertrags nach § 129 Abs. 2 SGB V listet die austauschbaren biotechnologisch hergestellten Arzneimittel. Adalimumab ist jedoch nicht in der Anlage 1 aufgeführt. Das bedeutet, dass Adalimumab-Präparate wie Humira nicht mit anderen wirkstoffgleichen Präparaten ausgetauscht werden dürfen. Ein Austausch ist nur im Original-Import-Vergleich möglich – das bedeutet Fertigpens gegen Fertigpens. Fertigspritzen und Fertigpens gelten als eigenständige Darreichungsformen.

Zur Erinnerung: Was sind Biologika?

Biologika sind biotechnologisch hergestellte Arzneimittel, das heißt Arzneimittel, die beispielsweise mithilfe gentechnisch veränderter Zellen oder aus tierischen bzw. pflanzlichen Zellen mittels eines komplexen Herstellungsprozesses gewonnen werden. 

Dadurch werden die charakteristischen Eigenschaften der Biologika nicht nur durch den enthaltenen Wirkstoff definiert. Auch die Ausgangsstoffe und der Herstellungsprozess haben Einfluss auf die Struktur und damit auf die Wirkeigenschaften des Endprodukts. 

Gleiche Darreichungsform für Fertigpens und -spritzen

Doch auch wenn die Kürzung durch die Krankenkasse zwar berechtigt ist, ist sie anfechtbar, denn die Begründung ist nicht korrekt. Die Krankenkasse bezieht sich auf Anlage VII – Teil A der Arzneimittel-Richtlinie –, die zwar Hinweise zur Austauschbarkeit von Darreichungsformen bei Arzneimitteln listet, die jedoch nicht für Biologika gilt. In jener Anlage ist beispielsweise geregelt, dass Ibuprofen-Sirup aut-idem gegen Ibuprofen-Suspension zum Einnehmen ausgetauscht werden darf. 

Außerdem existiert für beide Präparate (Fertigspritzen und -pens) eine gemeinsame Fachinformation, die als Darreichungsform „Injektionslösung (Injektion)“ angibt. Auch in der Lauer-Taxe sind beide Arzneimittel mit identischer Darreichungsform „ILO“ aufgeführt und in den Basisinformationen ist beiden Präparaten die Darreichungsform „Injektionslösung“ zugeordnet. 

Der Krankenkasse ist kein wirtschaftlicher Schaden entstanden und die Arzneimitteltherapie war nicht gefährdet, da die Handhabung beider Applikationsformen bekannt war. Somit lässt sich ein Einspruch durchaus begründen.

Gut zu wissen: Hintergrund zum Austausch von Darreichungsformen bei Biologika

Ist ein Wirkstoff in Anlage 1 des Rahmenvertrags aufgenommen, so ist ein Austausch auch bei in der Taxe abweichender Darreichungsform möglich. Die gleiche Darreichungsform nach Fachinformation ist hier für den Austausch maßgeblich, siehe § 9 Abs. 3 Buchst. d Rahmenvertrag:

„[…] Das für die Abgabe ausgewählte Fertigarzneimittel muss gegenüber dem ärztlich verordneten Fertigarzneimittel folgende Kriterien erfüllen: […] d) gleiche oder austauschbare Darreichungsform, dabei gelten folgende Kriterien: […] die in Anlage 1 genannten wirkstoffidentischen biotechnologisch hergestellten Arzneimittel mit gleicher Darreichungsform laut Punkt 3 der Fachinformation sind unabhängig von der im Preis- und Produktverzeichnis gemeldeten Darreichungsform austauschbar.“ 

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