Retax-Fragen
Praxiswissen
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Retaxation einer Biologika-Verordnung: Wann müssen Biologika ausgetauscht werden?

PTA prüft Rezept am Computer
Bei Biologika-Verordnungen lohnt ein Blick in Anlage 1 zum Rahmenvertrag. Dort werden jene Biologika aufgelistet, die als wirkstoffgleich gelten und somit austauschbar sind. | Bild: IMAGO / Westend61

Aus einer Apotheke erreichte uns folgende Anfrage:

Uns wurde im November 2022 eine Verordnung aus dem Januar 2022 über „Erypo FS 4000 I.E./0,4 ml 6 Fertigspritzen N3 PZN 06301286 >>Dj<<“ retaxiert. Die Verordnung war zulasten der Novitas BKK (IK 104491707) ausgestellt. Die Begründung der Krankenkasse lautete „Nichtabgabe Rabattartikel“. Wir können aber keinen Rabattartikel recherchieren. Können Sie uns helfen, den Fehler aufzudecken?

Biologika, Bioidentical und Biosimilar

Für die Beantwortung dieser Frage müssen zunächst einige Begrifflichkeiten erläutert werden: 

Biologika sind biotechnologisch hergestellte Arzneimittel, das heißt Arzneimittel, die beispielsweise mithilfe gentechnisch veränderter Zellen oder aus tierischen bzw. pflanzlichen Zellen mittels eines komplexen Herstellungsprozesses gewonnen werden. Dadurch werden die charakteristischen Eigenschaften der Biologika nicht nur durch den enthaltenen Wirkstoff definiert. Auch die Ausgangsstoffe und der Herstellungsprozess haben Einfluss auf die Struktur und damit auf die Wirkeigenschaften des Endprodukts. 

Nachahmerprodukte der Biologika bezeichnet man je nach Herstellungsprozess als Bioidenticals oder Biosimilars. Bioidenticals werden aus identischen Ausgangsstoffen in identischen Herstellungsprozessen gewonnen und sind daher identisch zum Referenzprodukt. Bei Biosimilars ist der Wirkstoffname zwar der gleiche wie beim Referenzpräparat, jedoch weichen der Herstellungsweg und die Ausgangsstoffe ab, was auch eine abweichende Struktur zur Folge haben kann.

Wann müssen Biologika ausgetauscht werden?

Zurzeit gelten Biologika, die in der Anlage 1 zum Rahmenvertrag gelistet sind, als wirkstoffgleich und somit austauschbar. Auch Importe, die in Bezug auf das Original zugelassen sind, können substituiert werden. In beiden Fällen müssen Rabattverträge beachtet und vorrangig rabattierte Biologika abgegeben werden. 

Nach § 13 Abs. 1 des Rahmenvertrags zählen biotechnologisch hergestellte und antineoplastische Arzneimittel zur parenteralen Anwendung aber nicht zum importrelevanten Markt. Hier ist die Apotheke also nicht zur Abgabe preisgünstiger Importe verpflichtet. Biologika sind demnach für das Einsparziel nicht relevant.

War die Erypo®-Retaxation berechtigt?

Im vorliegenden Fallbeispiel hatte die Apotheke die Erypo®-Verordnung wie verschrieben abgegeben und nichts ausgetauscht. Ein Blick in die Anlage 1 zum Rahmenvertrag zeigt: Erypo® (Wirkstoff Epoetin alfa) wird als biotechnologisch hergestelltes Arzneimittel dort nicht aufgeführt.

Tabelle zu biotechnisch hergestellten Arzneimitteln
Abb.: Anlage 1 zum Rahmenvertrag, austauschbare biotechnologisch hergestellte Arzneimittel nach § 9 Abs. 1 Buchstabe d)

In Anlage 1 des Rahmenvertrags ist zwar der Wirkstoff Epoetin alfa mit verschiedenen austauschbaren Biologicals vertreten, jedoch ist das Original Erypo® hier nicht aufgeführt. Ein Austausch wäre demnach unter den aufgelisteten Biologicals Abseamed®, Binocrit® und Epoetin alfa Hexal® erlaubt und im Rahmen von Rabattverträgen auch verpflichtend. Bei einer Verordnung ausgehend von Erypo® ist ein Austausch dagegen nicht zulässig. Auch sind für das verordnete Original keine Importe im Handel.

Aus diesen Gründen war die Abgabe des verordneten Erypo® korrekt. Gegen die Retaxierung sollte Einspruch eingelegt werden, der von der Krankenkasse anerkannt werden muss.

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