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Lagevrio erhält keine Zulassungsempfehlung

Packung Lagevrio
Da das Arzneimittel keine Zulassungsempfehlung erhält, darf Lagevrio nicht weiter in Verkehr gebracht werden. | Bild: IMAGO / Panthermedia

Es ist wohl das Aus für Lagevrio® in Deutschland: Am vergangenen Freitag verwehrte der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) dem Medikament die Zulassungsempfehlung. 

Damit erlischt hierzulande die Grundlage für das Inverkehrbringen nach der Medizinischer Bedarf Versorgungssicherstellungsverordnung (MedBVSV), informiert das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). „Die weitere Abgabe des Arzneimittels Lagevrio wird daher eingestellt“, schreibt die Bundesoberbehörde auf ihrer Webseite. 

„Bereits an den pharmazeutischen Großhandel und Apotheken ausgelieferte Ware darf nicht weiter abgegeben werden.“

Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)

Laut BfArM bringt das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) seit Anfang 2022 das zentral beschaffte Arzneimittel Lagevrio® mit dem Wirkstoff Molnupiravir ohne Zulassung in Verkehr. Basis hierfür war eine Bewertung des Bundesinstituts nach § 3 Absatz 2 MedBVSV zum erwartbaren positiven Nutzen-Risiko-Verhältnis. 

Dieser Bewertung war im November 2021 eine Bewertung des CHMP vorausgegangen, der basierend auf vorläufigen Daten eine Empfehlung zur Verwendung von Lagevrio zur Behandlung von Menschen mit COVID-19 ausgesprochen hatte.

Zur Erinnerung: Wie wirkt Molnupiravir?

Molnupiravir zählt zu den Virostatika und hemmt die Vermehrung von RNA-Viren. Die RNA enthält die genetische Information des Virus. Es handelt sich um eine lange Zucker-Phosphat-Kette, an die einzelne Nukleinbasen – Adenin, Cytosin, Guanin und Uracil – angeknüpft sind. Als Zuckerbaustein dient Ribose, daher auch der Name Ribonukleinsäure.

Will sich ein Virus nun vermehren, muss es zunächst seine Erbinformation für die Nachfolgegeneration verdoppeln und eine neue RNA-Kette, bestehend aus Zucker-Phosphat und den daran angehängten Nukleinbasen, knüpfen. 

Molnupiravir ähnelt von seinem chemischen Aufbau der Nukleinbase Cytosin und wird so als „falscher“ Baustein in die neue RNA der Virus-Nachkommen eingebaut, was die RNA-Synthese und damit Virusvermehrung stört. 

Letztendlich schleust Molnupiravir, während sich das Virus vermehrt, Fehler in dessen Genom ein, die dann auch im neu entstehenden Virus eingebaut werden. Das Virus ist dadurch nicht mehr überlebensfähig und kann sich auch nicht weiter vermehren. Molnupiravir ist in Forscherkreisen auch bekannt als EIDD-2801 und wurde schon als Wirkstoff bei Grippe untersucht, wohl aber noch nicht klinisch.

Kein klinischer Nutzen für Lagevrio® feststellbar

Das zentrale Zulassungsverfahren lief in der Zwischenzeit weiter – vergangenen Freitag beschloss der Ausschuss nun, den Zulassungsantrag für Lagevrio® abzulehnen. Ein klinischer Nutzen des Präparats bei der Behandlung von Patienten mit COVID-19, die keinen zusätzlichen Sauerstoff erhalten und bei denen ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines schweren Verlaufs einer COVID-19-Erkrankung besteht, konnte nicht festgestellt werden, so lautet die Begründung.

Die vorgelegten Daten zeigten nicht, dass Lagevrio® das Risiko einer Krankenhauseinweisung oder eines Todesfalls verringern oder die Krankheitsdauer oder die Zeit bis zur Genesung verkürzen kann. 

„Darüber hinaus war es nicht möglich, eine bestimmte Gruppe von Patientinnen und Patienten in der EU zu ermitteln, bei denen ein klinisch relevanter Nutzen von Lagevrio zu erwarten wäre“, fasst das BfArM zusammen. „Daher kommt der CHMP zu dem Schluss, dass das Nutzen-Risiko-Verhältnis bei der Behandlung von COVID-19 nicht ermittelt werden konnte, weshalb der CHMP empfiehlt, den Zulassungsantrag abzulehnen.“

Apotheken: Packungen in Quarantäne schieben

Was Apotheken mit jenen Packungen machen sollen, die sie womöglich noch an Lager haben, ist dem Schreiben nicht zu entnehmen. Es empfiehlt sich, mögliche Lagerbestände zunächst in Quarantäne zu verschieben und auf weitere Information zu warten.

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