COVID-19-Therapieoptionen
Corona-Pandemie
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Mögliche Therapieoption bei COVID-19?: COR-101 – ein besonderer Antikörper

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Bisher gab es im Zusammenhang mit der Medikamentensuche gegen COVID-19 eher ernüchternde Stimmen. Nun macht ein Antikörper Hoffnung. | Bild: dusanpetkovic1 / Adobe Stock

Vor wenigen Tagen informierte Corat Therapeutics, dass nun die ersten 45 COVID-19-Patienten mit dem Antikörper COR-101 behandelt werden. Im Rahmen der Phase-2b/2-Studie sollen Sicherheit und Wirksamkeit des Antikörperpräparates bei mäßig bis schwer erkrankten COVID-19-Patienten untersucht werden. COR-101 wurde von der TU Braunschweig – genauer: von dem von Prof. Michael Hust und Prof. Stefan Dübel geleiteten Corona Antikörper Team (CORAT) – und der Biotechnologiefirma YUMAB GmbH in Braunschweig entwickelt. Corat Therapeutics wurde eigens und mit Unterstützung des Landes Niedersachsen gegründet, um COR-101 nun klinisch weiter zu erforschen.

Ursprünglich wurde der Antikörper aus genesenen Patienten isoliert und mithilfe von biotechnologischen Methoden entwickelt, sprich im Reagenzglas. Herausgekommen ist ein vollständig menschlicher Antikörper, der das neuartige Coronavirus effektiv hemmen soll.

Wie wirkt COR-101? 

COR-101 zielt auf das Spikeprotein von SARS-CoV-2 ab. Der TU Braunschweig zufolge bindet der Antikörper auf der Virusoberfläche „großflächig“ und  mit „sehr hoher Bindungsstärke“ an genau die Bindungsstelle, die SARS-CoV-2 benötigt, um an der menschlichen Zelle anzudocken. Die Folge: Das Coronavirus wird „neutralisiert“, kann nicht mehr in die menschliche Zelle eindringen und sich dort auch nicht mehr vermehren. Zur Erinnerung: SARS-CoV-2 ist als Virus auf eine Wirtszelle angewiesen, es nutzt den Stoffwechselapparat der menschlichen Zelle zur Vermehrung und Verbreitung – und ohne Wirtszelle keine Vermehrung. COR-101 blockiert nun diese Kontaktstelle zwischen SARS-CoV-2 und der menschlichen Zelle sehr effektiv und permanent. Dadurch gewinnt der Patient Zeit, bis sein eigenes Immunsystem dem Coronavirus eine hoffentlich ausreichende Immunantwort bietet und das Virus bekämpft. 

Wirksamkeit auch gegen Virusvarianten erhofft

Da COR-101 die Bindungsstelle von SARS-CoV-2 an die menschliche Zelle „großflächig“ abdeckt, erhofft man sich eine stabile Wirksamkeit, selbst wenn das Virus mutiert. COR-101 ist laut Dr. Andreas Herrmann, CEO von CORAT Therapeutics, in der Lage, „selbst eine Virusversion mit sieben Mutationen in der Rezeptor-bindenden Region des SARS-CoV-2-Spike-Proteins zu neutralisieren“, das erklärte er noch vor Beginn der klinischen Studien im Dezember 2020.

Schnellere Genesung von Hamstern

In präklinischen Studien hatte COR-101 damals bereits überzeugen können: Mit SARS-CoV-2 infizierte Hamster genasen mit der COR-101-Antikörpertherapie innerhalb von zwei Tagen. Hamster ohne Behandlung erreichten diesen Gesundheitszustand hingegen erst nach sieben Tagen. Zudem gelang es COR-101, die Virustiter in der Lunge bei mit Antikörper behandelten Hamstern im Vergleich zu unbehandelten Tieren innerhalb von drei Tagen um 99 Prozent zu senken. Dies bestätige „die hervorragenden neutralisierenden Eigenschaften“, die man bereits im Labor gemessen habe, erklärte Corat Therapeutics. Es zeige, dass COR-101 das Virus im lebenden Organismus effizient neutralisiere und das Fortschreiten der Krankheit verhindere. Auch der Gewichtsverlust der Tiere war unter COR-101 deutlich geringer als ohne Behandlung, was Corat Therapeutics als Hinweis auf einen allgemein besseren Gesundheitszustand der Tiere einstufte.

Was ist das Besondere an COR-101?

Anders als die zur Behandlung von COVID-19 bereits eingesetzten – doch noch nicht zugelassenen (siehe Infobox) – Antikörper soll COR-101 nicht nur in früheren Phasen der Erkrankung, sondern auch noch später im Krankheitsverlauf gegeben werden können. Warum ist das so? Der Antikörper ist speziell so gebaut worden, dass er keine überschießende Immunantwort provoziert. Dafür ist es wichtig zu wissen, dass alle Antikörper aus einem Bindungsteil bestehen, der beispielsweise ein Virus bindet – im Falle von COR-101 das Spikeprotein von SARS-CoV-2. Es gibt einen zweiten Teil – den Effektorteil beziehungsweise Fc-Teil des Antikörpers –, der nach Antigenbindung sodann Immunzellen aktiviert, damit diese beispielsweise eine Infektionen bekämpfen.

COR-101 verhindert überschießende Immunreaktion

Allerdings darf die Aktivierung von Immunzellen und Entzündungsmolekülen auch nicht überschießend sein. Denn manche COVID-19-Patienten entwickeln in der späten Erkrankungsphase ein sogenanntes Hyperinflammationssyndrom – hier dominiert weniger die Virusvermehrung das Krankheitsbild, sondern es stehen vielmehr immunologische Prozesse im Vordergrund, und diese können zur Lungenschädigung beitragen. Damit dies unter COR-101 nicht passiert, haben Tübinger Wissenschaftler den Fc-Teil des Antikörpers gentechnisch so abgeschwächt, dass COR-101 die unerwünschten Immunreaktionen nicht mehr auslösen kann. „Eine überschießende Reaktion des Immunsystems müssen wir insbesondere bei der Entwicklung von Antikörpern gegen SARS-CoV-2 unbedingt vermeiden. Dann können diese Medikamente auch in einem späteren Stadium der Erkrankung gegeben werden“, erklärte Professor Dr. Gundram Jung von der Abteilung für Immunologie der Universität Tübingen Ende April.

Antikörper bei SARS-CoV-2

Die EU hat bislang noch keine Antikörpertherapien gegen COVID-19 zugelassen. Dennoch finden REGN10933 (Casirivimab) in Kombination mit REGN10987 (Imdevimab) sowie LY-CoV555 (Bamlanivimab) und LY-CoV016 (Etesevimab) im Rahmen von individuellen Heilversuchen gemäß deren Notfallzulassungen in den Vereinigten Staaten Einsatz. Wie bei COR-101 handelt es sich um neutralisierende IgG1-Antikörper gegen das Spikeprotein. Allerdings weist das Robert Koch-Institut explizit darauf hin, dass die Antikörper ausschließlich in der Frühphase der Erkrankung (< 10 Tage nach Symptombeginn, ≤ 3 Tage nach einem positiven PCR-Test) angewendet werden sollen: „Kein Einsatz bei Patienten, die aufgrund von COVID-19 bereits hospitalisiert sind und/oder Sauerstoff-Substitution erhalten.“ Es gebe keinen Vorteil bei bereits hospitalisierten Patienten. Bei Patienten mit COVID-19-bedingter Sauerstoff-Substitution oder Beatmung könne eine Behandlung mit den Antikörpern sogar „gegebenenfalls nachteilig“ sein. Eingesetzt werden dürfen sie bei Personen mit Risikofaktoren für einen schweren Verlauf, die mindestens 12 Jahre alt sind und mindestens 40 Kilogramm wiegen.

Zulassung noch im Sommer erwartet

Nach Informationen der Universität Tübingen, die an klinischen Studien zu COR-101 teilnimmt, sollen in die zweite Phase der klinischen Prüfung insgesamt 250 Patienten – auch international – eingeschlossen werden. Die Ergebnisse sollen Grundlage für einen möglichen Zulassungsantrag für das Arzneimittel bilden. Noch im Sommer soll es die ersten Ergebnisse geben. Fallen diese positiv aus, könnte noch in diesem Jahr eine Zulassung erfolgen.

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