Postexpositionsprophylaxe: Antivirale Tablette soll SARS-CoV-2-Ansteckung verhindern
Andere Infektionserkrankungen machen es vor – HIV oder Grippe beispielsweise: die Postexpositionsprophylaxe. Darunter versteht man die Gabe von Arzneimitteln nach möglichem Kontakt mit Erregern. Bei Influenza wurde im Januar 2021 Baloxavir (Xofluza®) zur Postexpositionsprophylaxe zugelassen. Es verringert das Ansteckungsrisiko nach Kontakt mit einem an Influenza Erkrankten – auch Oseltamivir (Tamiflu®) kommt hier zum Einsatz. Manchmal werden zur Postexpositionsprophylaxe auch Antikörper verabreicht, welche die Infektionserreger direkt abfangen sollen, beispielsweise nach Kontakt mit Hepatitis B oder Tollwut. Wichtig ist stets, schnell zu reagieren und dem Erreger möglichst wenig Zeit zu lassen, sich zu vermehren und auszubreiten.
Orale Tablette ermöglicht rasche Gabe
An einem solchen Arzneimittel gegen SARS-CoV-2 forscht nun auch Pfizer. In der klinischen Studie der Phase 2/3 EPIC-PEP(Evaluation of Protease Inhibition for COVID-19 in Post-Exposure Prophylaxis) untersucht Pfizer Sicherheit und Wirksamkeit einer antiviralen Kombination: PF-07321332 plus Ritonavir. Die Antiviralia werden oral eingenommen, was eine rasche Postexpositionsprophylaxe ermöglichen könnte, da keine Krankenhausbehandlung (wie bei Infusionen) erforderlich ist.
Warum kombiniert man mit Ritonavir?
Laut Pfizer hemmt PF-07321332 das „wichtigste Proteaseenzym“, das SARS-CoV-2 benötigt, um sich zu vermehren. Ritonavir hingegen ist ein bereits bekannter Wirkstoff, der bei Virusinfektionen – zur Behandlung von HIV und Hepatitis C – angewendet wird. Neben seiner antiviralen Wirkung verfügt Ritonavir über eine weitere Eigenschaft, die man sich in der Behandlung von Viruserkrankungen gerne zunutze macht: Es blockiert den Abbau bestimmter Arzneimittel. Kombiniert man Ritonavir mit bestimmten Antiviralia, verlängert man dadurch deren Wirkdauer und kann sie geringer dosieren.
Auch bei COVID-19 wurde das antivirale Arzneimittel bereits geprüft, und zwar in Kombination mit Lopinavir (antivirales Arzneimittel aus der HIV-Therapie). Die WHO rät jedoch von Ritonavir plus Lopinavir zur COVID-19-Behandlung nachdrücklich ab.
Was schützt besser vor Ansteckung – fünf oder zehn Tage Behandlung?
Nun soll die Kombination von PF-07321332 plus Ritonavir in der Postexpositionsprophylaxe überzeugen. Nach erfolgreicher präklinischer Phase hat sich die antivirale Kombination Pfizer zufolge in Phase 1 als „sicher und gut verträglich“ erwiesen. In der doppelblinden, randomisierten und placebokontrollierten Studie EPIC-PEP sollen nun bis zu 2.660 gesunde Erwachsene eingeschlossen werden, die mit einem bestätigt an SARS-CoV-2-Infizierten zusammenleben (ein Haushalt). Die Teilnehmer werden per Zufall je einer von drei Gruppen zugeteilt – sie erhalten entweder eine wirkstofffreie Tablette (Placebo) oder fünf Tage PF-07321332 plus Ritonavir oder zehn Tage PF-07321332 plus Ritonavir. Ziel der Studie ist, dass 14 Tage nach Therapiebeginn keine symptomatische SARS-CoV-2-Infektion stattgefunden hat.
Nicht nur Prophylaxe, auch Therapie?
Mit EPIC-PEP startet Pfizer nun bereits die dritte Phase-2/3-Studie, in der PF-07321332/Ritonavir untersucht werden. Zwei Studien, in denen Sicherheit und Wirksamkeit einer antiviralen Therapie mit 07321332/Ritonavir bei bereits mit SARS-CoV-2-Infizierten erforscht werden, sind schon in Gang. Seit Juli dieses Jahres läuft EPIC-HREvaluation of Protease Inhibition for COVID-19 in High-Risk Patients , die Sicherheit und Wirksamkeit von PF-07321332/Ritonavir bei bestätigt mit SARS-CoV-2 infizierten Risikopatienten belegen soll. Im August begann EPIC-SR(Evaluation of Protease Inhibition for COVID-19 in Standard-Risk Patients) . Diese Studie sammelt Daten zur Therapie mit 07321332/Ritonavir bei bestätigt mit SARS-CoV-2 Infizierten, die jedoch kein Risiko für schwere COVID-19-Verläufe aufweisen.