COVID-19-Therapieoptionen
Corona-Pandemie
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Casirivimab/Imdevimab: WHO empfiehlt Antikörper zur COVID-19-Prophylaxe

Muster einer Regn-Cov2-Injektion neben Spritze
Mit der neuen Empfehlung zu Casirivimab und Imdevimab bestehe nun die Herausforderung in den hohen Kosten und der knappen Produktion, so die WHO. Deshalb werde mit Roche über niedrigere Preise, eine mögliche Schenkung und eine faire Verteilung in aller Welt verhandelt. | Bild: Bernard Chantal / AdobeStock

SARS-CoV-2-infizierte Patienten, die ein hohes Risiko für Krankenhauseinweisungen haben, sowie Patienten mit schwerem oder kritischem COVID-19, die keine Antikörper gegen SARS-CoV-2 haben, sollen künftig den Antikörper-Cocktail aus Casirivimab und Imdevimab erhalten – das rät die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Ein Gremium der WHO, das für die Entwicklung von Leitlinien zuständig ist, sprach sich am 24. September für die Antikörperbehandlung bestimmter COVID-19-Patienten aus und damit erstmals für eine Prophylaxe von schwerem COVID-19. Veröffentlicht wurde die WHO-Empfehlung im Fachjournal „BMJ“ („British Medical Journal“).

WHO-Leitlinie für Arzneimittel bei COVID-19

Bereits am 4. September hatte die Weltgesundheitsorganisation eine „Dynamische Leitlinie für COVID-19-Arzneimittel“ im „BMJ“ veröffentlicht. Diese soll Ärzte dabei unterstützen, bessere Therapieentscheidungen für ihre Patienten zu treffen, hofft die WHO. Sie teilt dort COVID-19-Patienten je nach Schwere ihrer Erkrankung in drei Gruppen ein:

  • leichtes COVID-19 (non-severe; keine Anzeichen einer schweren Erkrankung),
  • schweres COVID-19 (severe; Sauerstoffsättigung an Raumluft < 90 Prozent, Anzeichen einer Lungenentzündung und Atembeschwerden) und
  • kritisches COVID-19 (critical; benötigt lebenserhaltende Maßnahmen, akute Atembeschwerden, Sepsis, septischer Schock).

In der Leitlinie berücksichtigt die Weltgesundheitsorganisation auch verschiedene Arzneimittel und gibt eine Einschätzung ab, ob diese Arzneimittel bei COVID-19 hilfreich sind und wenn ja, für wen. Zu den berücksichtigten Arzneimitteln zählen die Antikörper Casirivimab und Imdevimab, Interleukin-6-Rezeptorblocker wie Tocilizumab, Ivermectin, Hydroxychloroquin, die bei HIV eingesetzten Wirkstoffe Lopinavir plus Ritonavir, Remdesivir und intravenöse Corticoide.

Keine Behandlung mit Hydroxychloroquin oder Ivermectin

Dabei rät sie von den meisten Präparaten ab: 

  • Lopinavir plus Ritonavir sowie Hydroxychloroquin sollten nicht zur Behandlung von COVID-19 eingesetzt werden (starke Empfehlung),
  • Ivermectin soll laut WHO nur im Rahmen klinischer Studien angewendet werden
  • und auch von Remdesivir (Veklury®) – dem ersten zugelassenen und bislang einzigen antiviralen COVID-19-Arzneimittel – rät die WHO ab (schwache Empfehlung).
  • Für Interleukin-Rezeptorblocker sowie intravenöse Corticosteroide sieht die WHO dagegen einen wichtigen Platz in der Behandlung bei schwer bis kritisch kranken COVID-19-Patienten (starke Empfehlung).

Weniger Krankenhauseinweisungen

Anders nun die beiden Antikörper Casirivimab und Imdevimab. Sie sollen – unter bestimmten Voraussetzungen – bei allen drei COVID-19-Patientengruppen zum Einsatz kommen. Klinische Studien – die allerdings noch nicht wissenschaftlich unabhängig geprüft wurden – konnten zeigen, dass „Casirivimab und Imdevimab wahrscheinlich das Risiko eines Krankenhausaufenthalts und die Dauer der Symptome bei denjenigen verringern, die das höchste Risiko einer schweren Erkrankung haben, wie ungeimpfte, ältere oder immunsupprimierte Patienten“, erklärt die WHO ihre Empfehlung zum Einsatz der beiden Antikörper bei nicht schwer Erkrankten mit hohem Risiko für Krankenhauseinweisungen.

Gut zu wissen: Wie wirken Casirivimab und Imdevimab?

Bei Casirivimab handelt es sich um einen humanen monoklonalen Antikörper. Er bindet an das Spikeprotein von SARS-CoV-2 und verhindert dadurch, dass das Coronavirus in die menschlichen Zellen eindringen kann. Auch der Antikörper Imdevimab bindet an das Spikeprotein von SARS-CoV-2 und vermindert die Fähigkeit von SARS-CoV-2, Zellen zu infizieren. 

In den USA liegt seit November 2020 für den kombinierten Einsatz Casirivimab/Imdevimab in REGN-COV2 eine Notfallzulassung vor. Die EMA hingegen prüft den Antikörpercocktail seit Februar 2021 in einem Rolling-Review-Verfahren. Zugelassen sind Casirivimab/Imdevimab in der EU somit noch nicht. Allerdings hat sich der Humanarzneimittelausschuss (CHMP) der EMA bereits mit Casirivimab/Imdevimab beschäftigt und eine wissenschaftliche Grundlage geschaffen, die es nationalen Entscheidungsträgern in der EU ermöglichen soll – noch vor Zulassung –, den Einsatz der Antikörper besser zu beurteilen. Nach Einschätzung der EMA kann Casirivimab/Imdevimab bei COVID-19-Patienten angewendet werden, wenn diese keinen zusätzlichen Sauerstoff benötigen, doch ein hohes Risiko für schwere COVID-19-Verläufe haben. Die Bundesregierung hatte sich bereits im Januar 2021 für 400 Millionen Dollar mit Antikörperpräparaten gegen COVID-19 eingedeckt, darunter war auch das Regeneron-Arzneimittel REGN-COV2.

Casirivimab und Imdevimab wurden von dem Biotechnologieunternehmen Regeneron Pharmaceuticals entwickelt. Allerdings hat Regeneron mit Roche einen Vertrag über Herstellung und Vermarktung von Casirivimab und Imdevimab außerhalb der Vereinigten Staaten abgeschlossen.

Weniger Todesfälle bei Patienten ohne Antikörper

Für schwer oder kritisch an COVID-19 erkrankte Patienten hatten Casirivimab und Imdevimab in der RECOVERY-Studie einen Nutzen gezeigt und bei „seronegativen Patienten wahrscheinlich die Zahl der Todesfälle (von 49 weniger pro 1.000 bei Schwerkranken bis zu 87 weniger bei Schwerstkranken) und die Notwendigkeit einer mechanischen Beatmung“ verringert, begründet die WHO.

Nicht für jeden COVID-19-Patienten

Wichtig ist zudem ein weiterer Satz: „Bei allen anderen COVID-19-Patienten sind die Vorteile dieser Antikörperbehandlung wahrscheinlich nicht von Bedeutung“, schätzt die Weltgesundheitsorganisation. Zudem bestehe die Möglichkeit, dass bei neu auftretenden Varianten die Wirksamkeit der Antikörper geringer sei.

Die Dosierungen

Dabei sollen COVID-19-Patienten mit hohem Risiko für schwere Verläufe 1.200 bis 2.400 mg des Antikörpercocktails erhalten, und zwar intravenös oder subkutan. Bei bereits schwer oder kritisch Erkrankten sollten die Antikörper hingegen ausschließlich intravenös gegeben werden. Auch startet die Dosis erst bei 2.400 mg und kann bis 8.000 mg erhöht werden.

Die Kosten

Die WHO sieht durchaus Probleme bei der nun ausgesprochenen Empfehlung zur Antikörperprophylaxe und -therapie: die knappe Produktion und die Kosten. Vor allem Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen könne der Zugang zu dem Arzneimittel erschwert sein. So seien beispielsweise serologische Schnelltests erforderlich, um schwer erkrankte Patienten zu identifizieren, die für eine Behandlung in Frage kommen (die also keine Antikörper haben). Außerdem müsse die Behandlung intravenös mit Spezialgeräten verabreicht werden und die Patienten sollten auf allergische Reaktionen überwacht werden, gibt die WHO zu bedenken. Doch ist die WHO bereits aktiv, um dieses Problem zu lösen: Wie die Deutsche Presseagentur (dpa) berichtet, will die Weltgesundheitsorganisation mit Roche über niedrigere Preise, mögliche Schenkungen und eine faire Verteilung des Arzneimittels sprechen. Auch darüber, ob andere Hersteller Casirivimab und Imdevimab produzieren und günstiger anbieten dürfen. Ärzte ohne Grenzen fordert laut dpa, dass das Unternehmen in ärmeren Ländern auf Patente verzichtet, doch habe Regeneron bereits in mindestens elf ärmeren Ländern Patentanträge gestellt. Daten von Ärzte ohne Grenzen zufolge kostet der Antikörper-Cocktail in Deutschland 2.000 Dollar (1.700 Euro), in Indien 820 Dollar.

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