COVID-19-Krankheitsverlauf
Corona-Pandemie
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Neue Studie aus Großbritannien: COVID-19 bei Kindern: meist kurz und schmerzlos?

Krankes Mädchen hält Hand an Stirn
An COVID-19 erkrankte Kinder leiden häufig unter Kopfschmerzen. | Bild: RFBSIP / AdobeStock

Eine SARS-CoV-2-Infektion bei Kindern verläuft häufig asymptomatisch oder zumindest mild und ist von kurzer Dauer – dennoch sind auch anhaltende Erkrankungen beschrieben. Doch wie häufig treten diese auf und wie äußern sich die Symptome? Diesen Fragen – nach der Erkrankungsdauer und den Krankheitszeichen bei SARS-CoV-2-positiven und symptomatischen britischen Schulkindern – ging ein Forscherteam nach. Sie konnten dabei auf Daten einer britischen und bislang einer der größten epidemiologischen Bürgerstudie zurückgreifen. Die Wissenschaftler haben ihre Ergebnisse Anfang August im Fachjournal „The Lancet Child & Adolescent Health„Illnes duration and symptom profile in symptomatic UK school-aged Children tested for SARS-CoV-2”  veröffentlicht.

Die Datenerhebung: Zoe-App und Vertrauensperson

Wie kamen die Wissenschaftler an Daten zu COVID-19-Verläufen bei Kindern? Dafür bedurfte es der Zoe-App (über diese können Bürger in Großbritannien Symptome melden, hinter denen eine COVID-19-Erkrankung stecken könnte) und einer Vertrauensperson (z. B. Eltern / Erziehungsberechtigter), die die Gesundheitsdaten der Kinder stellvertretend für die Kinder in die App einpflegte. Durch Download und Registrierung bei der App erteilt man zudem automatisch das Einverständnis, dass die eingegebenen Daten zu COVID-19-Forschungszwecken genutzt werden dürfen. 

Die Vertrauensperson sollte sodann Daten zu Symptomen, SARS-CoV-2-Tests oder Impfungen täglich melden. Die Wissenschaftler werteten diese Datensätze aus und zogen daraus Schlüsse zu Krankheitsdauer, Symptomprävalenz (wie häufig haben die Kinder Symptome?), Symptomdauer (wie lange zeigen die Kinder Symptome?) und Symptombelastung (wie viele Symptome zeigen die Kinder?). Dabei schlossen die Wissenschaftler nur Daten von Kindern ein, die positiv auf SARS-CoV-2 getestet worden waren und bei denen sich die Krankheitsdauer auch bestimmen ließ – lag eine „Meldelücke“ von mehr als einer Woche nach Symptombeginn vor, berücksichtigten die Forscher diese Daten nicht. 

Als symptomatisch galt, wer eine Woche vor bis zwei Wochen nach einem positiven SARS-CoV-2-Test Symptome bemerkte. Die Krankheitsdauer bestimmten die Wissenschaftler mit Einsetzen des ersten Symptoms bis zur Genesung. In die „Symptombelastung“ flossen die Anzahl der Symptome ein, unter denen die Kinder litten. 

Der Datenpool war groß: Insgesamt wurden 258.790 britische Kinder im Alter von 5 bis 17 Jahren zwischen dem 24. März 2020 und dem 22. Februar 2021 untersucht – dabei wurden die Kinder in zwei Gruppen aufgeteilt: jüngere Kinder (5 bis 11 Jahre) und ältere Kinder (12 bis 17 Jahre). Allerdings hatte nicht jedes Kind auch einen positiven SARS-CoV-2-Test. Dieser lag bei 6.975 Kindern vor und nur von 1.912 Kindern (666 jüngere und 1.246 ältere Kinder) ließ sich aufgrund der Daten eine Krankheitsdauer ableiten. Ausgewertet wurden letztlich jedoch nur Daten von 1.734 Kindern (588 jüngere, 1.146 ältere), die ab dem 1. September 2020 erhoben worden waren, da zuvor der Zugang zu Testmöglichkeiten nur sehr eingeschränkt verfügbar war.

Kinder im Median nach sechs Tagen wieder gesund

Die Wissenschaftler kamen bei den Kindern zu einer medianen Krankheitsdauer von sechs Tagen – dabei erkrankten jüngere Kinder mit fünf Tagen kürzer als die älteren mit sieben Tagen. Das Alter scheint somit mit der Krankheitsdauer in Beziehung zu stehen.

Zur Erinnerung: Was ist der Median?

Der Median liegt genau in der Mitte einer Datensammlung, das bedeutet: Die Hälfte der ermittelten Daten ist kleiner als dieser Medianwert, die Hälfte ist größer. Gibt es einen Datensatz mit sieben Zahlen – 3, 7, 11, 12, 15, 16, 18 –, so ist 12 der Median. Nicht zu verwechseln ist der Median mit dem Durchschnitt, dieser läge für diesen Datensatz bei 14,4. Bei einer geraden Anzahl von Daten wird aus den beiden mittleren der Durchschnittswert gebildet, zum Beispiel: 1, 2, 3, 4, 5, 8 – der Median ist 3,5 (3 und 4 bilden die Mitte, diese beiden Zahlen werden addiert und davon die Hälfte genommen). Der Vorteil des Medians im Vergleich zum Durchschnitt ist, dass einzelne Zahlenausreißer weniger ins Gewicht fallen: 2, 2, 2, 2, 14 – der Median ist 2, der Durchschnitt läge bei 4,4.

Kopfschmerzen, Müdigkeit, Halsschmerzen

Zu den häufigsten Symptomen einer SARS-CoV-2-Infektion bei Kindern zählten Kopfschmerzen (62,2 Prozent aller Kinder), wobei von den älteren Kindern öfter Kopfschmerzen berichtet wurden als von den jüngeren (65,9 Prozent vs. 55,1 Prozent). Auch Müdigkeit trat bei älteren Kindern mit 60,7 Prozent häufiger auf als bei jüngeren mit 43,9 Prozent – zusammengenommen litt mehr als jedes zweite Kind an Müdigkeit (55 Prozent). An dritter Stelle folgte bei den jüngeren Kindern Fieber, 43,7 Prozent der 5- bis 11-Jährigen litten darunter – hingegen entwickelten weniger ältere Kinder Fieber, nämlich 34,6 Prozent. Von den älteren Kindern wurde als dritthäufigstes Corona-Symptom über Halsschmerzen berichtet (51 Prozent der  12- bis 17-Jährigen) –  bei den jüngeren war es gut ein Drittel (36,2 Prozent). Zu Bauchschmerzen kam es bei 27,7 Prozent der jüngeren Kinder und bei jedem Vierten zu anhaltendem Husten (24,7 Prozent). Die älteren Kinder klagten zudem häufig über Geschmacksverlust (48,3 Prozent) und ebenfalls jeder Vierte über anhaltenden Husten (26 Prozent). Die Wissenschaftler fassen zusammen: „Drei Viertel (74,5 Prozent) der positiv getesteten Kinder litten an Fieber, Husten, Geschmacksverlust oder einer Kombination aus diesen Symptomen.“

Meist drei Symptome

In der ersten Krankheitswoche litten die jüngeren Kinder im Mittel unter drei Symptomen, die älteren Kinder unter vier. Über alle Kinder hinweg wurden drei Symptome berichtet. Auch hatten die Wissenschaftler Daten zu Krankenhausvorstellungen vorliegen. Denen zufolge waren 16 (von 588) der 5- bis 11-Jährigen und 21 (von 1.146) der 12- bis 17-Jährigen im Krankenhaus vorstellig.  

Von Erwachsenen ist bekannt, dass sie unter Long-COVID leiden können, Daten des King's College London zeigen, dass 13,3 Prozent der Erwachsenen mit einem positiven SARS-CoV-2-Test mindestens vier Wochen (LC28) lang unter Symptomen leiden, 4,5 Prozent weisen sogar mindestens acht Wochen (LC56) Symptome auf. Doch wie sehen die Vier- und Acht-Wochen-Daten bei den Kindern aus? 

Nur wenige Kinder mit Long-COVID nach vier und acht Wochen

Den Wissenschaftlern zufolge zeigten 4,4 Prozent der Kinder auch vier Wochen nach Symptombeginn noch immer Symptome. Im Mittel litten diese Kinder auch generell unter mehr Symptomen – sechs in der ersten Krankheitswoche und acht über die gesamte Krankheitsdauer hinweg. Allerdings besserten sich die Symptome über die Zeit: So wurde die mittlere Symptombelastung nach vier Wochen mit zwei angegeben (drei bei jüngeren Kindern und ein Symptom bei älteren). Zu den häufigsten Symptomen zählten auch hier Müdigkeit (84,4 Prozent), Kopfschmerzen und Geschmacksverlust (je 77,9 Prozent) sowie Halsschmerzen (74 Prozent). Die Wissenschaftler beobachteten, dass vor allem Müdigkeit und Kopfschmerzen fortbestanden.

1,8 Prozent der Kinder haben anhaltende Beschwerden

Nach acht Wochen hatten sich bei den meisten Kindern die Symptome weiter verbessert: 1,8 Prozent (25 von 1.379) zeigten acht Wochen nach Symptombeginn noch anhaltende Symptome, am häufigsten waren der Geschmackssinn beeinträchtigt (84 Prozent) und es wurden Kopfschmerzen, Halsschmerzen (je 20 Kinder, 80 Prozent) sowie Müdigkeit (19 Kinder, 76 Prozent) beschrieben.

Long-COVID nicht schlimmer als Spätfolgen bei anderen Infektionen

Die Wissenschaftler erklären: „Nur bei wenigen Kindern dauerte die Erkrankung länger als vier Wochen. Auch nahm die Symptombelastung mit der Zeit ab. Bei fast allen Kindern waren die Symptome nach acht Wochen verschwunden.“ Darüber hinaus sei die Symptombelastung bei Kindern mit einer sogenannten Long-COVID-19-Infektion nicht größer als durch andere längere Erkrankungen bei Kindern.

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