Fünf neue Corona-Impfstoffkandidaten: EMA startet Rolling Review für Sanofis COVID-19-Impfstoff
Vier COVID-19-Impfstoffe sind in der EU bereits zugelassen und noch immer ist die Pipeline neuer Corona-Vakzinen reich gefüllt. Laut dem vfa (Verband forschender Arzneimittelhersteller e.V.) werden weltweit mindestens 303 Impfstoffprojekte vorangetrieben. Wenn die EMA sodann beginnt, Wirksamkeits- und Sicherheitsdaten der COVID-19-Impfstoffkandidaten zu prüfen, befinden sich diese schon in einem fortgeschrittenen Entwicklungsstadium. Derzeit sitzt die EMA über fünf neuen Corona-Impfstoffkandidaten: Seit Februar laufen dort Rolling-Review-Verfahren zum COVID-19-Impfstoff von Novavax (NVX-CoV3473) und von Curevac (CVnCoV). Im März kam die Überprüfung der russischen Vektorvakzine Sputnik V hinzu und im Mai hat die EMA die rollierende Überprüfung von Sinovac gestartet. Der jüngste Rolling-Review-Kandidat gesellte sich nun am 20. Juli dazu: Seither prüft die Europäische Arzneimittelagentur auch den COVID-19-Impfstoffkandidaten von Sanofi Pasteur: Vidprevtyn.
Zur Erinnerung: Was ist ein Rolling-Review-Verfahren?
Ziel eines Rolling-Review-Verfahrens ist es, die Zulassung von dringend benötigten Arzneimitteln in der EU zu beschleunigen. Denn ein Rolling Review ermöglicht es dem Humanarzneimittelausschuss (CHMP, Committee for Medicinal Products für Human Use) der EMA, die zulassungsrelevanten Daten zur Wirksamkeit, Sicherheit und Verträglichkeit des Impfstoffs nicht erst nach Abschluss der Studien zu begutachten (wie beim Standardzulassungsverfahren), sondern sofort, wenn sie verfügbar sind. Mit der Möglichkeit einer beschleunigten Zulassung will man gesundheitlichen Notlagen – wie der aktuellen COVID-19-Pandemie – begegnen und wirksame und sichere Therapeutika schnellstmöglich verfügbar machen.
Adjuvantiert und rekombinant
Bei Vidprevtyn handelt es sich um einen adjuvantierten – also wirkverstärkten – und rekombinanten COVID-19-Impfstoff auf Proteinbasis. Proteinbasis deswegen, da Sanofi beim Antigen auf das Spikeprotein von SARS-CoV-2 setzt. Rekombinant, weil das Spikeprotein nicht direkt vom Virus gewonnen, sondern im Labor mithilfe von Baculoviren und einer Zelllinie hergestellt wird. Diese Technologie nutzt Sanofi bereits bei seinem rekombinanten Grippeimpfstoff Supemtek, der 2020 auch die Zulassung in der EU erhielt und in der kommenden Grippesaison wohl zum ersten Mal verfügbar sein wird.
Beim COVID-19-Impfstoffkandidaten Vidprevtyn arbeitet Sanofi Pasteur mit GlaxoSmithKline zusammen. Von GSK stammt das Adjuvans in Vidprevtyn, dieses soll die Immunantwort auf den Impfstoff verstärken.
Hohe Spiegel an neutralisierenden Antikörpern
Damit die EMA das Rolling-Review-Verfahren einleitet, müssen bereits vielversprechende Daten zum Impfstoffkandidaten vorliegen. Vorläufige Ergebnisse aus Laborstudien und von frühen klinischen Studien an Erwachsenen deuteten darauf hin, dass Vidprevtyn die Bildung von Antikörpern anregt, die sich gegen SARS-CoV-2 richten. In einer Phase-2-Studie hatte Vidprevtyn einer Mitteilung von Sanofi zufolge bei Erwachsenen in jeder Altersgruppe hohe Raten an neutralisierenden Antikörpern erzielt. Auch bei Teilnehmern, die bereits mit SARS-CoV-2 infiziert gewesen waren, konnte Sanofi hohe Spiegel an neutralisierenden Antikörpern nachweisen, was Vidprevtyn auch für Auffrischimpfungen qualifizieren könnte.
Zulassung noch 2021 geplant
Derzeit läuft die Phase-3-Studie (doppelblind, randomisiert), an der mehr als 35.000 Erwachsene unter anderem in den Vereinigten Staaten, Asien, Afrika und Lateinamerika teilnehmen. Ziel der Studie ist nachzuweisen, dass sich mit Vidprevtyn symptomatische COVID-19-Erkrankungen verhindern lassen. Weitere Studienendpunkte sind die Prävention von schweren Verläufen und von asymptomatischen Erkrankungen. Wenn alles klappt, will Sanofi Vidprevtyn noch 2021 zur Zulassung bringen.
Sanofi forscht auch an einem mRNA-Impfstoff gegen COVID-19
Neben einem Spikeprotein-basierten COVID-19-Impfstoff entwickelt Sanofi auch einen mRNA-Impfstoff gegen COVID-19. Dieser Kandidat ist noch nicht ganz so weit fortgeschritten. Derzeit läuft die Studienphase 1/2 zu MRT5500. Geprüft werden ein oder zwei Dosen der mRNA-Vakzine, die letzteren im Abstand von 21 Tagen. Auch die endgültige Dosierung steht wohl noch nicht fest. Sanofi untersucht die Wirkung von drei mRNA-Mengen: 15 µg, 45 µg und 135 µg. Bei MRT5500 setzt Sanofi, wie auch bei seinen mRNA-Grippeimpfstoffkandidaten, auf unmodifizierte mRNA.