EMA prüft Zyklusstörungen nach COVID-19-Impfung
Bei Impfungen seien „leichte Veränderungen in der Periode nicht ungewöhnlich“, da „Immun- und Hormonsystem miteinander verknüpft“ seien, erklärt „Frauenärzte im Netz“, ein Informationsportal zur Frauenheilkunde, das der Berufsverband der Frauenärzte e. V. betreibt.
Es geht um Zyklusstörungen nach COVID-19-Impfungen. Erst im Januar 2021 hatten US-amerikanische Wissenschaftler eine Studie dazu im Fachjournal „Obstetrics & Gynecology“(„Association between Menstrual Cycle Length and Coronvirus Disease 2019 [COVID-19] Vaccination) veröffentlicht. Sie hatten tatsächlich eine Verlängerung des weiblichen Zyklus gezeigt – um knapp einen Tag –, die Blutungsdauer war jedoch unverändert.
Die „Zyklus-Studie“ in Kürze
Von 3.959 Studienteilnehmerinnen (Alter 18 bis 45 Jahre) waren 2.403 geimpft, 1.556 waren ungeimpft. Die meisten der geimpften Frauen (55 Prozent) hatten den Impfstoff von Biontech/Pfizer erhalten, etwa jede Dritte Moderna (35 Prozent) und nur 7 Prozent den Vektorimpfstoff von Janssen.
Die Kohorte der geimpften Frauen war etwas älter als die der ungeimpften (34 Prozent 30-bis 34-Jährige vs. 24 Prozent), häufiger kinderlos (79 Prozent vs. 69 Prozent) und hatte eher einen Hochschulabschluss (77 Prozent vs. 60 Prozent). Zudem waren geimpfte Teilnehmerinnen häufiger aus dem Westen oder Nordosten der USA und tendenziell eher weißer Hautfarbe (54 Prozent vs. 47 Prozent).
Die Wissenschaftler werteten Zyklusdaten von Oktober 2020 bis September 2021 aus. Die ersten COVID-19-Impfungen hatten die Frauen zwischen Dezember 2020 und Juli 2021 erhalten.
Vor Impfung hatten die Frauen über normale Zykluslängen (durchschnittlich 24 bis 38 Tage) berichtet, zudem mussten nach einer Schwangerschaft oder nach der Anwendung von hormonellen Verhütungsmitteln mindestens drei Zyklen vergangen sein.
Jede Frau berichtete über sechs Menstruationszyklen – bei Geimpften drei Zyklen vor und drei Zyklen nach der ersten Impfung (inklusive des Zyklus, in welchem die Frauen geimpft wurden).
Nach der ersten Impfdosis verlängerte sich der Zyklus bei den geimpften Frauen um 0,64 Tage, nach der zweiten Dosis um 0,79 Tage (bereinigtes Modell), während nicht geimpfte Frauen keine signifikante Änderung bei ihrer Zykluslänge beobachteten. Was sich nicht änderte, war die Dauer der Blutung.
Die Schlussfolgerung der Wissenschaftler: „Die COVID-19-Impfung steht in Zusammenhang mit einer geringfügigen Veränderung der Zykluslänge, nicht aber der Dauer der Menstruation.“
Nun nimmt sich auch der für die Bewertung von Arzneimittelrisiken bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) zuständige PRAC der möglichen Zyklusstörungen im Zusammenhang mit COVID-19-Impfungen an: Nach gemeldeten Fällen von „starken Menstruationsblutungen“ und dem Ausbleiben der Menstruation (Amenorrhö) über drei oder mehr aufeinanderfolgende Monate nach Impfung mit den mRNA-Vakzinen von Biontech/Pfizer (Comirnaty®) und Moderna (Spikevax®) will der PRAC nun einen möglichen ursächlichen Zusammenhang prüfen, und zwar anhand von „allen verfügbaren Daten“ aus Studien, aus Spontanmeldesystemen und der veröffentlichten Literatur dazu.
August 2021: PRAC sah keinen ursächlichen Zusammenhang
Der PRAC hat sich nun erneut – nach Spontanberichten über Menstruationsstörungen bei den beiden Corona-Impfstoffen und aufgrund von Erkenntnissen aus der Literatur – zu diesem Schritt entschlossen.
Es ist nicht das erste Mal, dass der PRAC die möglichen Zyklusnebenwirkungen bewertet. Schon am 5. August 2021 standen Menstruationsstörungen im Zusammenhang mit COVID-19-Impfungen bei der EMA auf der Sitzungs-Agenda. Damals sah der PRAC jedoch keinen ursächlichen Zusammenhang zwischen Zyklusstörungen und Corona-Impfungen, sondern erinnerte daran, dass auch zahlreiche Erkrankungen – wie Myome oder Endometriose – oder Stress und Müdigkeit zu Zyklusstörungen führen könnten.
Allerdings kündigte er bereits im Sommer des letzten Jahres an, diese Phänomene weiter zu beobachten. Auch hatte er die Zulassungsinhaber der Impfstoffe aufgefordert, weitere Daten zu sammeln und diese in den monatlichen Sicherheitsberichten verfügbar zu machen.
Zyklusstörungen auch nach COVID-19-Erkrankung berichtet
Erneut erinnert der Risikoausschuss daran, dass Zyklusstörungen vielfältige Ursachen zugrunde liegen können – auch, dass Fälle nach durchgemachter COVID-19-Infektion berichtet worden seien. Und: Bislang sei ein ursächlicher Zusammenhang nicht erwiesen. Auch gebe es keine Hinweise, dass COVID-19-Impfstoffe die Fruchtbarkeit beeinträchtigen.
Das PEI sieht kein Risikosignal
Auch dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) sind Meldungen zu Menstruationsstörungen nach Corona-Impfung nicht entgangen: In seinem jüngsten Sicherheitsbericht zu COVID-19-Impfstoffen vom 7.2.2021 (Datenerfassung bis 31.12.2021) geht das Paul-Ehrlich-Institut jedoch nicht auf die mögliche Nebenwirkung näher ein.
„Menstruelle Erkrankungen“ erwähnt das PEI lediglich im Zusammenhang mit der Biontech/Pfizer-Impfung bei Jugendlichen im Alter von 12 bis 17 Jahren, die über die unerwünschte Reaktion berichteten. Dem PEI zufolge kam es etwa zu 0,03 Fällen pro 1.000 Impfungen nach der ersten oder der zweiten Dosis, seltener trat das Phänomen nach einer Booster-Impfung auf.
PEI hielt Zyklusstörung bislang für unwahrscheinlich
Zuletzt war das PEI in seinem Sicherheitsbericht vom 20. August 2021 (Datenerfassung bis 31.07.2021) auf Zyklusstörungen im Zusammenhang mit COVID-19-Impfungen eingegangen: 310 Einzelfallmeldungen eines „breiten Spektrums“ von Zyklusstörungen im Zusammenhang mit einer COVID-19-Impfung hatten das PEI bis zu diesem Zeitpunkt erreicht – darunter Zwischenblutung, menstruelle Erkrankung, unregelmäßige Menstruation, Menstruationsbeschwerden, Amenorrhö, verzögerte Menstruation, Oligomenorrhö, Polymenorrhö, Hypomenorrhö, starke Menstruationsblutung, Menometrorrhagie und postmenopausale Blutung. Diese seien einen Tag bis mehr als zwei Monate nach COVID-19-Impfung aufgetreten.
Wie auch im ersten Sicherheitsbericht des PRAC vom August 2021 kam jedoch auch das PEI damals zu dem Fazit: „Unter Berücksichtigung der Anzahl geimpfter Frauen in den relevanten Altersgruppen und der Häufigkeit von Zyklusstörungen erscheint die Zahl der Meldungen nicht ungewöhnlich hoch zu sein, wenngleich davon auszugehen ist, dass viele, insbesondere vorübergehende Zyklusstörungen, nicht berichtet werden“, erklärte das PEI.
Wie der PRAC bemerkte das Paul-Ehrlich-Institut, dass Zyklusstörungen generell nichts Ungewöhnliches seien – bis zu einem Drittel aller Frauen hätten im Laufe ihres Lebens anormale Gebärmutterblutungen.
Ob diese Einschätzung beibehalten wird – Einfluss darauf werden sicherlich die Ergebnisse der PRAC-Überprüfung nehmen. Die EMA will – sobald neue Erkenntnisse vorliegen – diese umgehend verfügbar machen.
Gut zu wissen: „Normaler“ Zyklus vs. Zyklusstörungen
„Ein normaler Menstruationszyklus hat eine Frequenz von 24 bis 38 Tagen, dauert 7 bis 9 Tage und geht mit einem Blutverlust von 5 bis 80 Millilitern einher“, definiert das PEI.
Zyklusstörungen ließen sich grundsätzlich in zwei Gruppen einteilen, je nachdem, ob die Zyklusdauer oder -stärke verändert seien. Dabei spricht man von einer Oligomenorrhö, wenn die Zyklusdauer verlängert ist, und von einer Polymenorrhö, wenn sie verkürzt ist.
Kommt es zu einer abgeschwächten Regelblutung, liegt eine Hypomenorrhö vor (was meist auch mit einem verkürzten Zyklus und weniger Blutverlust einhergeht).
Im Gegensatz dazu spricht man von einer Hypermenorrhö, wenn die Blutung stark ist und der Blutverlust mehr als 80 ml beträgt. Dauert die Blutung länger als acht Tage, liegt eine Menorrhagie vor (meist in Kombination mit erhöhtem Blutverlust).
Blutungen außerhalb des Zyklus werden als Zwischenblutungen (Metrorrhagie, Menometrorrhagie) beschrieben. Von einer Amenorrhö spricht man, wenn die Blutung über mindestens drei bis sechs Monate vollständig ausbleibt.