Auffrischimpfungen ohne Zulassung?
Wer hochbetagt, immungeschwächt oder pflegebedürftig ist, soll nach Abschluss der Grundimmunisierung eine zusätzliche Auffrischungsdosis mit einem mRNA-Impfstoff erhalten. Das beschloss die Gesundheitsministerkonferenz bereits am 2. August 2021. Diese Booster-Impfungen werden nun seit Anfang September umgesetzt, und auch die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut (RKI) hat sich am 24. September zu Auffrischimpfungen geäußert: Sie rät jedoch derzeit nur dazu, dass ausschließlich immungeschwächte Menschen eine zusätzliche Impfdosis mit einem mRNA-Impfstoff erhalten sollen. Verabreicht werden solle diese etwa sechs Monate nach der zweiten Dosis. Geimpft wird mit Comirnaty® von Pfizer/Biontech oder Spikevax® von Moderna, und das unabhängig davon, ob bei der primären Impfserie mit einem mRNA- oder Vektorimpfstoff geimpft worden ist.
Ein dritter Player, wenn es um Auffrischimpfungen in Deutschland geht, ist die Europäische Arzneimittelagentur EMA – schließlich lässt sie die Booster-Impfdosen zu. Allerdings prüft sie derzeit noch die Zulassung der Auffrischungsdosen bei den beiden mRNA-Impfstoffen von Pfizer/Biontech und Moderna. Wie passt das zusammen? Werden in Deutschland folglich gerade Risikopatienten off-label, also außerhalb der zugelassenen Anwendungsgebiete, drittgeimpft? Die Redaktion hat beim Bundesgesundheitsministerium nachgefragt.
Keine Zulassung nötig
Laut BMG sind für Auffrischungsimpfungen keine extra Zulassungen erforderlich. Eine Sprecherin des Bundesgesundheitsministeriums erklärt: „Für die Auffrischimpfungen, die derzeit bestimmten Gruppen angeboten werden, ist keine gesonderte Zulassung notwendig.“ Da die Impfstoffe für das Anwendungsgebiet „aktive Immunisierung zur Vorbeugung von COVID-19 verursacht durch SARS-CoV-2“ zugelassen seien, decke dieses auch zusätzliche Impfdosen im Rahmen einer Auffrischimpfung ab. Und weiter: „Dies ist bei allen gegenwärtig in Deutschland zugelassenen COVID-19-Impfstoffen der Fall“. Ob jemand sodann eine Auffrischungsimpfung erhält, fällt damit dem BMG zufolge in die Threapieentscheidung des Arztes.
EMA-Prüfung überflüssig?
Wenn also keine Zulassung erforderlich ist – warum macht sich die EMA dann eigentlich die Mühe, all die neuen Studiendaten zu Auffrischimpfungen zu prüfen? Sowohl Pfizer/Biontech wie auch Moderna haben Daten vorgelegt, die den Nutzen ihrer Booster-Dosen stützen. So können Pfizer/Biontech eine Studie an 306 Menschen vorweisen, die zeigt, dass nach einer dritten Comirnaty®-Dosis die Antikörperspiegel 3,3-fach so hoch sind wie nach einer zweiten Dosis. Diese Daten hatten am 22. September bereits die FDA überzeugt, die eine dritte Dosis Comirnaty® bei ab 65-Jährigen und bestimmten Menschen mit hohem Risiko für eine schwere COVID-19-Erkrankung zugelassen hat. Moderna konnte ebenfalls nachweisen, dass eine Auffrischimpfung mit Spikevax® zu höheren Antikörperspiegeln und weniger Durchbruchinfektionen führt. Ist aber die EMA-Prüfung dieser Daten nun völlig überflüssig? Nicht ganz. Das BMG erklärt dazu: „Wenn der pharmazeutische Unternehmer den Impfstoff mit einer Änderung – explizit ausgewiesen als Auffrischimpfung – in den Verkehr bringen möchte, muss die Zulassung angepasst werden.“