COVID-19-Impfung
Corona-Pandemie
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Einschätzung der STIKO: Auffrischimpfungen nur für Immun­geschwächte

Im Vordergrund hält Person in Schutzkleidung Impfspritze, im Hintergrund Seniorin mit Mundschutz
Unter anderem Senioren ab 80 Jahren können bereits Auffrischimpfungen erhalten. Doch die STIKO grenzt ihre Empfehlung dazu im aktuellen Epidemiologischen Bulletin stark ein. | Bild: Rido / AdobeStock 

Die EMA prüft derzeit noch Daten zur Zulassung von Booster-Impfungen mit den beiden mRNA-Impfstoffen von Pfizer/Biontech und Moderna. Auf Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz vom 2. August werden Auffrischimpfungen aber bereits seit September verabreicht, und zwar an Menschen mit Immunschwäche, Pflegebedürftige und Höchstbetagte (ab 80 Jahren). Nun hat sich auch die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut (RKI) offiziell im Epidemiologischen Bulletin 39|2021 zu Auffrischimpfungen positioniert – aber den Kreis der Impfempfänger kleiner gehalten.

Nur bei Immunschwäche

Geht es nach der Einschätzung der STIKO, sollen zum jetzigen Zeitpunkt ausschließlich Menschen mit Immunschwäche eine Auffrischimpfung mit einem mRNA-Impfstoff erhalten. Diese Empfehlung gilt „zulassungskonform“ für Comirnaty® und Spikevax® ab dem Alter von zwölf Jahren
Zahlreiche Studien hätten belegt, dass Patienten mit Immundefizienz oftmals schlechter auf die COVID-19-Impfung ansprechen. Dabei hätten gerade sie bereits ein höheres Risiko für schwere COVID-19-Verläufe oder gar Tod als Immungesunde. Die Booster-Impfung solle stets mit einer mRNA-Vakzine erfolgen, unabhängig davon, ob die primäre Impfserie mit einem mRNA-Impfstoff (Pfizer/Biontech oder Moderna) oder einer vektorbasierten Vakzine (AstraZeneca oder Janssen) erfolgt ist, so die Empfehlung der STIKO.

Wann wird geimpft?

Beim Impfzeitpunkt einer dritten Impfstoffdosis unterscheidet die Ständige Impfkommission jedoch: Bei den meisten Menschen mit Immundefizienz soll die zusätzliche Impfstoffdosis tatsächlich als Auffrischung und dann sechs Monate nach der zweiten Dosis verabreicht werden. Liegt jedoch eine schwere Immunschwäche vor – die STIKO denkt dabei unter anderem an Menschen nach Organtransplantation oder mit Hämodialyse, Krebserkrankte unter immunsuppressiver, antineoplastischer Behandlung, MS-Patienten unter Ocrelizumab oder Menschen mit täglich 10 bis 20 mg Prednisolon oder 20 mg MTX pro Woche –, könne die zusätzliche Impfstoffdosis als „Optimierung der primären Impfserie“ und dann bereits vier Wochen nach der Grundimmunisierung erfolgen.

Und wie sieht es bei diesen Patienten dann mit einer Auffrischimpfung aus? Sollen sie zusätzlich nach sechs Monaten ebenfalls eine weitere Dosis erhalten? Das muss nach Ansicht der STIKO sodann im Einzelfall entschieden werden – eine Dreier-Grundimmunisierung schließt damit aber eine zusätzliche Auffrischimpfung nicht grundsätzlich aus.

Antikörpertest: ja oder nein?

Auch bei der Durchführung von Antikörpertests nach erfolgter Impfung will die STIKO unterscheiden, ob eine Immunschwäche oder eine schwere Immunschwäche vorliegt. Mittels Antikörpertests lässt sich überprüfen, wie effektiv die humorale Immunantwort (Antikörperantwort) auf die Impfung ausgefallen ist. Die Krux an der Sache: Die Antikörperschwelle, ab welcher man von einem sicheren Immunschutz ausgehen kann, ist derzeit unbekannt oder nicht definiert. Deswegen empfiehlt auch die STIKO keine grundsätzliche serologische Antikörpertestung, da „der Wert nicht bekannt ist, ab dem man auf eine dritte Impfstoffdosis verzichten würde“, erklärt die STIKO. Zudem bestünden „bei einer dritten Impfstoffdosis auch bei vorbestehender guter Immunantwort nach der zweiten Impfstoffdosis keine Sicherheitsbedenken“, ergänzt das Robert Koch-Institut und will damit wohl die Angst vor einem „Zu-viel“-Impfen nehmen.

Schwer immungeschwächt: Antikörpertest nach zweiter und dritter Impfdosis

Allerdings: Bei schwer immungeschwächten Menschen verhält es sich anders, da sie eine „erwartbar stark verminderte“ Impfantwort haben. Aus diesem Grund sollen die Antikörper (Gesamtprotein, S1-Untereinheit oder Rezeptorbindungsdomäne) bei diesen Patienten zweimal getestet werden, und zwar frühestens vier Wochen nach der zweiten Impfung und dann wieder vier Wochen nach der dritten Impfdosis. Dabei räumt die STIKO auch die Möglichkeit ein, dass der erste Antikörpertest tatsächlich am selben Tag erfolgt, an dem auch die dritte Impfdosis verabreicht wird, wobei das Antikörperergebnis für die dritte Gabe nicht abgewartet werde. Doch warum testet man dann überhaupt? Ein mehrmaliges Testen ermögliche, einen potenziellen Impferfolg – eine „Antikörperdynamik“ – zu beobachten.

Kein Impferfolg: was tun?

Und was passiert, wenn kein Impferfolg eintritt? Hier räumt die STIKO derzeit vor allem die Möglichkeit der Information des Patienten über diese Tatsache ein: „Sollten nach der dritten Impfstoffdosis unverändert sehr niedrige oder keine spezifischen Antikörper messbar sein, sind die betroffenen Patientinnen und Patienten über den möglicherweise fehlenden Immunschutz aufzuklären.“ Allerdings besteht die Option, dann zumindest die Kontaktpersonen gut zu schützen: Für den Fall, dass eine schwer immundefiziente Person auf die COVID-19-Impfungen nicht ausreichend angesprochen habe, solle engen Haushaltskontaktpersonen eine mRNA-Auffrischimpfung frühestens sechs Monate nach deren primärer COVID-19-Impfserie angeboten werden, so der Rat der STIKO.

Wie werden Immunsupprimierte nach durchgemachter SARS-CoV-2-Infektion geimpft?

Eine Einzelfallentscheidung ist, wie mit Menschen mit Immunschwäche impftechnisch verfahren wird, wenn diese gesichert eine SARS-CoV-2-Infektion durchgemacht haben. Reicht eine Impfdosis? Muss eine vollständige Impfserie verabreicht werden? Diese Entscheidung hängt laut STIKO vor allem von Art und Ausprägung der Immundefizienz ab.

Kontaktpersonen impfen und Hygieneregeln einhalten

Die STIKO betont, wie wichtig – vor dem Hintergrund einer unter Umständen suboptimalen Impfantwort – Abstands- und Hygieneregeln für immungeschwächte Menschen bleiben. Auch die Bedeutung der vollständigen Impfung (nicht nur gegen COVID-19, auch gegen andere Infektionserkrankungen, wie Influenza) aller Kontaktpersonen wird betont.

Im nächsten Schritt will die Ständige Impfkommission nun evaluieren, ob auch für andere Personen – z. B. Senioren oder solche mit beruflich erhöhtem Risiko einer SARS-CoV-2-Infektion – Booster-Impfungen sinnvoll sind. Eine Entscheidung dazu will sie in den „kommenden Wochen“ treffen.

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