Meldungen vom 28. bis 02.10.2020
Montag, den 28.09.2020
Zunahme von Depressionen und Angststörungen durch Pandemie befürchtet
Die Corona-Pandemie stellt nicht nur ein Risiko für die körperliche Gesundheit dar, sondern könnte auch schwerwiegende Folgen für die psychische Gesundheit von Menschen rund um den Globus haben. Das haben Experten aus Deutschland, Südafrika, Spanien und Nigeria bei einem virtuellen Podiumsgespräch betont, das die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina gemeinsam mit der Südafrikanischen Akademie der Wissenschaften ASSAf organisierte. Während es für eine Bewertung der psychischen Langzeiteffekte noch zu früh sei, zeigten erste Erhebungen bereits, dass Depressionen, Angststörungen und andere psychische Erkrankungen vor allem während der strengeren Lockdown-Phasen zugenommen hätten.
So berichtete die Psychologin Berta Ausín von der Universität von Madrid von einer Verdoppelung der Zahl von Menschen mit depressiven Symptomen während der ersten 100 Tage der Pandemie in Spanien. Auch Ashraf Kagee von der Universität Stellenbosch beschrieb einen deutlichen Anstieg für Südafrika. Andreas Heinz, Leiter der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Charité Berlin, erklärte, dass genaue Daten für Deutschland bislang noch ausstünden, Krankmeldungen aufgrund psychischer Diagnosen aber zugenommen hätten. Nach Angaben der Techniker Krankenkasse lag deren Anteil am Gesamtkrankenstand im ersten Halbjahr 2020 bei fast 20 Prozent.
Zu den Faktoren, welche psychischen Stress verursachten, gehörten den Experten zufolge die Angst vor einer Ansteckung ebenso wie soziale Isolation infolge der Lockdown-Maßnahmen und finanzielle Unsicherheit aufgrund der ökonomischen Folgen der Pandemie. Hinzu komme eine Stigmatisierung von positiv Getesteten. Neben ihnen gehörten Menschen mit psychischen Vorerkrankungen, Frauen, Jüngere und sozial Schwache zu den besonders gefährdeten Gruppen.
Wichtig seien daher finanzielle Hilfen für Menschen, die beispielsweise aufgrund der Pandemie ihren Job verloren hätten. Ebenso sollten sich Regierungen bemühen, frühzeitig und umfassend über das Virus und seine Folgen zu informieren, so Psychologe Kagee. Es habe sich gezeigt, dass derartige Informationen zusammen mit schnellen Schutzmaßnahmen das mentale Stresslevel in einer Bevölkerung senkten. Quelle: dpa/sn
Umfrage: Angst vor Ansteckung und doch mehr Sorglosigkeit
Obwohl immer mehr Menschen sich angesichts wieder steigender Corona-Infektionszahlen um die eigene Gesundheit sorgen, nimmt auch der sorglose Umgang mit Präventionsmaßnahmen zu. So sagen laut einer Befragung des Hamburg Center for Health Economics (HCHE) der Universität Hamburg nur noch 45 Prozent der Menschen in Deutschland, dass sie Abstandsregeln beachten. Noch weniger, nämlich nur 39 Prozent, halten sich demnach an die empfohlene Handhygiene. Auch Umarmungen, Küsse und Händeschütteln zur Begrüßung seien wieder auf dem Vormarsch, teilte die Uni Hamburg am Montag mit. Nur noch 58 Prozent hätten angegeben, dies zu vermeiden. Im April seien es noch 77 Prozent gewesen.
Seit April untersucht das HCHE die Einstellungen, Sorgen und das Vertrauen der Menschen in Bezug auf die Corona-Pandemie. In der aktuell dritten Welle wurden zwischen dem 8. und dem 19. September mehr als 7.000 Menschen in Deutschland, Dänemark, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Portugal und Großbritannien online befragt.
„Wir stellen fest, dass die steigenden Infektionszahlen die Bevölkerung zwar ängstigen, aber gleichzeitig auch, dass eine gewisse Müdigkeit bei der Einhaltung der Regeln zu erkennen ist“, erklärte Professor Jonas Schreyögg, wissenschaftlicher Direktor des HCHE. Fast jeder Vierte in Deutschland glaube, ein hohes Ansteckungsrisiko zu haben. Dies sei ein Anstieg um drei Prozentpunkte zum Juni.
Auch die Zahl der Impfkritiker steigt: Seien im April noch 70 Prozent der Befragten in Deutschland bereit gewesen, sich gegen SARS-CoV-2 impfen zu lassen, seien es aktuell nur noch etwas mehr als die Hälfte. Insbesondere würden diejenigen, die explizit gegen eine Impfung seien, mehr, während die Zahl Unschlüssiger unverändert bleibe. „Wir konnten feststellen, dass zu den Impfgegnern vor allem Personen gehören, die für sich kein gesundheitliches Risiko durch Corona sehen oder die kein Vertrauen in die Informationspolitik ihrer Regierung oder Organisationen wie der WHO haben“, so Schreyögg. Quelle: dpa/sn
Kommt die Party-Obergrenze?
SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach spricht sich angesichts steigender Corona-Zahlen für eine Teilnehmer-Obergrenze bei privaten Feiern aus. „Natürlich wäre es richtig, bei den privaten Feiern eine Obergrenze zu setzen. Ich persönlich würde so weit gehen: 25 Leute maximal“, sagte der Mediziner am Sonntagabend bei „Bild live“.
Lauterbach ist nicht der Erste, der vor dem Treffen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Regierungschefs der Länder am Dienstag eine Party-Obergrenze befürwortet. Auch der Landkreistag sprach sich am Wochenende dafür aus. „Ab 50 Teilnehmern wird es logistisch extrem schwierig, die Kontakte nachzuverfolgen, wenn ein COVID-Positiver unter der Gesellschaft war!, hatte Landkreistagspräsident Reinhard Sager der !Neuen Osnabrücker Zeitung! gesagt. Bislang gibt es keine einheitliche Begrenzung.
Am Dienstag will Merkel mit den Regierungschefs der Länder über Folgerungen aus den wieder steigenden Zahlen beraten. Zuletzt gab es in Deutschland immer wieder Tage mit mehr als 2.000 bestätigten Corona-Neuinfektionen. Quelle: dpa/sn
Grippeimpfstoff: Mögliche Engpässe vs. kostenlose Impfung für alle
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnt wegen der großen Nachfrage nach Grippe-Impfstoff vor möglichen Engpässen. Länder, die nicht genug Impfstoff bestellt haben, sollten Prioritäten setzen und zuerst Pflegepersonal und ältere Menschen impfen, das geht aus einer neuen WHO-Empfehlung hervor.
Ein höherer Bedarf habe sich aufgrund der Coronavirus-Pandemie im April abgezeichnet, sagte die Leiterin des WHO-Impfprogramms, Ann Moen, am Freitag in Genf. Der Impfstoff schütze zwar nicht vor der durch das Virus ausgelösten COVID-19-Krankheit. Mit umfangreichen Grippeschutzimpfungen wollten Regierungen aber möglichst viele schwere Grippeverläufe verhindern, um in Krankenhäusern Betten für COVID-19-Patienten bereitzuhalten.
Dass der Grippeimpfstoff wegen vieler Impfungen knapp werden könnte, fürchten Gesundheitsexperten im Bundestag eher nicht. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach forderte jüngst kostenlose Grippeschutz-Impfungen für alle Versicherten für diesen Herbst und Winter. „Auch dieses Jahr wird der Impfstoff reichen – wir können es uns leisten, diesen allen Versicherten kostenfrei zur Verfügung zu stellen“, sagte Lauterbach. Ähnlich äußerte sich die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, Kordula Schulz-Asche: „Wir müssen mit einer präventiven Strategie in die kalte Jahreszeit gehen, um steigende Grippe- und COVID-19-Infektionen zu verhindern.“
In Deutschland sind nach Angaben des Paul-Ehrlich-Instituts bislang mehr als 17 Millionen Dosen Grippe-Impfstoff freigegeben. Quelle: dpa/sn
Corona-Krise sorgt für Preisanstieg bei Einmalhandschuhen
Einmalhandschuhe für Pflege- und Rettungskräfte haben sich in der Corona-Krise massiv verteuert und sind mitunter nur noch schwer zu beschaffen. „Einzelne Händler haben uns mitgeteilt, dass die Versorgungslage und Preisentwicklung bei Einmalhandschuhen dramatisch sei“, sagte der Sprecher des Bundesverbands Medizintechnologie (BVMed), Manfred Beeres, der Deutschen Presse-Agentur. Die Bezugskosten stiegen zurzeit „sehr stark an“. Der Verband rechnet demnach mit Preisen, die teilweise 500 Prozent höher liegen – je nach Handschuhtyp – im Vergleich zu Normalpreisen.
Während der ersten Infektionswelle sei die Nachfrage noch gering gewesen, fast flächendeckend habe sie befriedigt werden können. „Dies hat sich durch die enorme Nachfrage des Weltmarktes nun radikal geändert“, teilte der Verband mit. Vor der Krise habe eine Packung Nitril-Handschuhe mit 100 Stück zwischen 6 und 8 Euro gekostet. Mittlerweile seien die Preise 3 bis 4 Euro höher als noch vor vier Wochen, mitunter seien auch Pakete für 18 Euro zu bekommen. Einen Mangel sieht der Verband aktuell aber nicht. „Wenn alle vernünftig bestellen, wird es funktionieren“, sagte Beeres. Spekulationen, die die Preise zusätzlich in die Höhe trieben, müssten gestoppt werden. Quelle: dpa/sn
RKI-Chef sieht Lage aktuell gelassen
Der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, sieht die Lage in Deutschland momentan gelassen. „Zurzeit scheint noch alles unter Kontrolle“, sagte Wieler der „Welt am Sonntag“. Allerdings könne sich die Situation jederzeit ändern, und die Fallzahl könne exponentiell steigen, betonte er unter Verweis auf die Entwicklungen in Israel, Spanien und Frankreich.
Wieler appellierte an die Menschen, sich an die Regeln zu Abstand, Hygiene und Maskentragen zu halten und in Räumen zu lüften. „Wenn das alle tun, dann bin ich davon überzeugt, dass wir das gut überstehen können.“ Mit einem zweiten Lockdown rechnet der RKI-Chef nicht unbedingt. „Wenn wir die Ernsthaftigkeit behalten, die Achtsamkeit behalten, dann kann das aus meiner Sicht vermieden werden.“
Derzeit steckten sich die Menschen in Deutschland hauptsächlich im privaten Umfeld an, „also auf Partys, Hochzeitsfeiern, Beerdigungen, auch im Gottesdienst“. In Geschäften und auch in Betrieben gebe es dagegen – mit einigen spektakulären Ausnahmen – nicht viele Ansteckungen. „Die meisten Betriebe scheinen die Pandemie gut zu managen.“
Auch die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel hält Wieler zurzeit nicht für bedenklich, „wenn man Mund-Nasen-Bedeckung trägt und Abstand hält“. „Ich fahre auch jeden Tag mit der S-Bahn“, sagte er, räumte jedoch ein, dass das Lüften in der Bahn in der kalten Jahreszeit schwierig werden könnte. Quelle: dpa/sn