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Zum Welttag des Schlafes: Lernen im Schlaf – geht das?

Junge Frau schläft im Bett neben aufgeschlagenen Notizbüchern
Nach dem Lernen schlafen zu gehen, kann helfen, das Erlernte zu verfestigen. | Bild: Charlize D/peopleimages.com / AdobeStock

Ein Wunschtraum aller Schüler: Beim Zubettgehen schiebt man einfach Vokabelheft und Chemiebuch unters Kopfkissen und bis zum nächsten Morgen ist das ganze Wissen in den Kopf gewandert. 

So märchenhaft diese Vorstellung auch anmutet – es steckt durchaus ein Körnchen Wahrheit darin. Denn während wir schlafen, verfestigen sich Gedächtnisinhalte. Natürlich funktioniert das nur, wenn wir unser Gehirn schon zuvor mit entsprechenden Informationen gefüttert haben. 

Was Schlaf mit Gedächtnis zu tun hat

Zahlreiche Studien haben es in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder bestätigt: Schlaf hilft dabei, dass man etwas, das man zuvor erlernt oder bewusst erlebt hat, besser im Gedächtnis behält. 

Dieser Vorgang heißt Gedächtniskonsolidierung. Hierbei werden die tagsüber aufgenommenen Informationen beim Schlafen im Gehirn sozusagen reaktiviert, um dann ins Langzeitgedächtnis in der Hirnrinde integriert und dort verfestigt zu werden. 

Als eine wichtige Schaltzentrale auf dem Weg ins Langzeitgedächtnis gilt der Hippocampus. Das ist eine Hirnregion, die zum Limbischen System gehört und die man sich als eine Art Zwischenspeicher für die tagsüber aufgenommenen Erfahrungen und Sinneseindrücke vorstellen kann. 

Auch Power Naps beeinflussen das Erinnerungsvermögen

Es hat sich in Studien gezeigt, dass außer dem Nachtschlaf auch schon ein kurzer Schlaf wie der Mittagsschlaf oder sogar ein Nickerchen („Power Nap“) eine gedächtniskonsolidierende Wirkung haben kann.  

Klassischerweise mussten Probanden bei den Schlaf-Gedächtnis-Studien Wortpaare lernen (z. B. Fantasieverbindungen wie „Milch-Taxi“ oder „Wohn-Sinn“). Während die eine Versuchsgruppe anschließend schlief, blieb die andere wach. Die Teilnehmer, bei denen auf das Lernen Schlaf folgte, konnten sich anschließend besser an das Gelernte erinnern als diejenigen, die wach gebliebenen waren.  

In einem weiteren Versuch wurde deutlich, dass das bessere Abschneiden von schlafenden Probanden darauf beruhte, dass ihre Gedächtnisleistung erhalten blieb und sich nicht verschlechterte. 

Ihr Erinnerungsvermögen an gelernte Wortpaare war nach einem 45- bis 60-minütigen Schlaf also genauso gut wie unmittelbar nach dem Lernvorgang. Die andere Hälfte der Teilnehmer, die nicht geschlafen hatte, konnte sich dagegen deutlich schlechter an das Gelernte erinnern.  

Schon Babys „lernen“ im Schlaf

Wie wichtig Schlaf nach dem Lernen für das Gedächtnis ist, zeigt sich schon im Säuglingsalter. In einem Versuch machten Forscherinnen Säuglingen in einem ersten Schritt mit einer Handpuppe bestimmte Bewegungen vor, die die Kinder zur Nachahmung anregten. 

In einem zweiten Schritt beobachteten die Forscherinnen, ob die Kinder Handlungen nachahmten, wenn sie die Handpuppe Stunden später erneut sahen. Das Ergebnis: Nur Babys, die dazwischen mindestens eine halbe Stunde am Stück geschlafen hatten, ahmten die Handlungen nach. Dagegen hatten sich Kinder, die nicht geschlafen hatten, die Bewegungen der Puppe nicht gemerkt.   

Der Welttag des Schlafes auf PTAheute.de

Jedes Jahr am dritten Freitag im März wird der Weltschlaftag begangen. Dieses Datum liegt immer kurz vor der Tagundnachtgleiche – also jenem Tag, an dem der Tag und die Nacht gleich lang sind.  

Schlaf ist nicht nur wichtig, um sich vom Tag zu erholen. Ausreichend und erholsamer Schlaf spielt eine wesentliche Rolle für unsere Gesundheit. Deshalb widmen wir uns auf PTAheute.de anlässlich des Weltschlaftages dem Thema Schlaf.

Ausgewählte Artikel informieren Sie darüber, wie wir im Schlaf lernen, was hinter der Wolfsstunde steckt und ob Mittagsschlaf wirklich gesund ist. Wir sprechen aber auch darüber, wenn es mit dem Schlaf nicht klappen will: Insomnie als Nebenwirkung von Arzneimitteln und in welchen Arzneimitteln Melatonin steckt und worin sie sich unterscheiden.

Warum Tiefschlaf die Gedächtnisleistung stärkt

Auf welcher Basis funktioniert aber nun die Gedächtniskonsolidierung im Schlaf? Grundsätzlich werden hierfür im Gehirn Synapsen-Verbindungen zwischen Nervenzellen teilweise verstärkt und teilweise abgeschwächt – ein Vorgang, der Neuroplastizität genannt wird. 

Während des Schlafs werden wichtige Nervenzellverbindungen gestärkt, unwichtige abgeschwächt. Bewerkstelligt wird dies nach derzeitiger Kenntnislage durch verschiedene elektrophysiologische Prozesse im Gehirn.  

Schon seit vielen Jahren weiß man, dass an der Gedächtnisbildung während des Nachtschlafs die Tiefschlafphasen maßgeblich beteiligt sind. Sie treten vor allem in der ersten Nachthälfte auf und sind durch sogenannte Slow Waves gekennzeichnet. 

Diese elektrischen Schwingungen sind im Elektroenzephalogramm (EEG) sichtbar und werden auch Delta-Wellen genannt. Es handelt sich um sehr langsame Erregungswellen in der Hirnrinde (Frequenz: 0,5 bis 4 Hz), die eine hohe Amplitude aufweisen. Die Slow Waves entstehen, weil die elektrische Spannung vieler Nervenzellen synchron auf- und abschwingt. 

Wie bedeutsam diese Schwingungen für das Lernen sind, konnte man experimentell nachweisen: Verstärkte man bei Versuchspersonen künstlich von außen die Slow Waves, verbesserte sich ihre Gedächtnisleistung.  

Kürzlich konnten Forscher die genaueren zugrunde liegenden Mechanismen aufdecken. Demnach verstärken die Slow Waves periodisch die synaptischen Verbindungen zwischen den Neuronen in der Hirnrinde und machen die Nervenzellen damit immer wieder für kurze Zeiträume besonders aufnahmebereit für das Speichern von Erinnerungen. 

Die Wissenschaftler hoffen, dass sich diese Erkenntnisse zukünftig auch therapeutisch nutzen lassen. So könnte man vielleicht bei Personen mit beginnender Altersvergesslichkeit die Slow Waves im Schlaf mittels kleiner Stromimpulse (transkranielle Elektrostimulation) beeinflussen.    

Wer schläft, erinnert sich besser an ganze Ereignisse

Neben den Slow Waves gibt es noch ein weiteres elektrophysiologisches Ereignis, das für die Gedächtniskonsolidierung im Schlaf wichtig ist. Das sind die sogenannten Schlafspindeln. 

Bei diesen Hirnwellen handelt es sich um rhythmisch auftretende kurze Phasen einer erhöhten Hirnaktivität (Frequenz: 11 bis 16 Hz). Die Schlafspindeln dauern jeweils 0,5 bis 1,5 Sekunden und sind charakteristisch für die leichte Schlafphase, treten aber auch während des Tiefschlafs auf.

Forscher kamen kürzlich zu der Erkenntnis, dass Schlafspindeln insbesondere bei der Gedächtnisverfestigung komplexer Zusammenhänge eine wichtige Rolle spielen. Solche komplexen Zusammenhänge sind zum Beispiele Erlebnisse, die sich aus verschiedenen Bestandteilen wie einem Ort, mehreren Personen und verschiedenen Objekten zusammensetzen. 

Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass während des Schlafs im Gehirn gezielt schwache Assoziationen gestärkt werden. Außerdem werden neue Verbindungen zwischen Elementen gestärkt, die beim Lernen nicht direkt miteinander verknüpft waren. 

Das ließ sich bei Versuchspersonen nachweisen, die nach dem Lernen von Ereignissen mit komplexen Assoziationen geschlafen hatten: Sie konnten sich gut an mehrere Elemente eines Ereignisses erinnern, auch wenn ihnen nur ein einziger Hinweisreiz vorgegeben wurde. Den Probanden, die nicht geschlafen hatten, gelang das weniger gut. Schlaf hilft also dabei, die Erinnerung an ganze Ereignisse zu vervollständigen und zu festigen.  

Warum Schlafmangel dem Lernerfolg schadet

Neben der Gedächtniskonsolidierung hat Schlaf offenbar noch eine weitere wichtige Funktion für Lernerfolg und Erinnerungsvermögen: das Gehirn nach einem Tag voller Eindrücke wieder aufnahmefähig für neue Informationen zu machen. 

Dies geschieht vor allem dadurch, dass unwichtige synaptische Verbindungen im Schlaf abgeschwächt werden. Bei Schlafmangel hingegen unterbleibt diese Abschwächung. Die Hirnrinde bleibt dadurch dauerhaft übererregt, was die Neuvernetzung zwischen Nervenzellen behindert. Dann fällt es schwerer, neue Reize und Informationen zu verarbeiten und zu behalten.  

Experten betonen also zu Recht immer wieder, dass man überall dort, wo gelernt wird, die positiven Wirkungen von Schlaf beachten sollte. Quellen: Charité – Universitätsmedizin Berlin; Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund; Ludwig-Maximilians-Universität München; Ruhr-Universität Bochum; Universität des Saarlandes