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Gefahr für Mutter und Kind : Syphilis & Co. bei Schwangeren: Gefahr fürs Kind?

Sexuell übertragbare Krankheiten, abgekürzt STD oder STI aus dem Englischen „sexually transmitted diseases“ oder „sexually transmitted infections“ werden beim ungeschützten Geschlechtsverkehr von Mensch zu Mensch übertragen. Oft verlaufen sie mit milden oder ohne Symptome, sodass eine Infektion häufig unbemerkt bleibt. Daraus können gesundheitliche Langzeitfolgen entstehen, die sich z. B. auf die Fruchtbarkeit auswirken können.
Liegt eine STI bei einer schwangeren Frau vor, kann diese in den meisten Fällen über die Plazenta bzw. bei der Geburt auf das Kind übertragen werden. Daher gibt es in Deutschland Screenings auf die häufigsten STI in der Frühschwangerschaft. Medikamentös behandelt, kann die Übertragung (Transmission) von der Mutter auf das Baby verhindert werden.
Welche sexuell übertragbaren Krankheiten sind besonders gefährlich für das ungeborene Kind?
Genitalherpes in Schwangerschaft gefährlich
Genitalherpes wird durch Herpes-simplex-Viren, typischerweise vom Typ 2 (HSV2), ausgelöst. Lippenherpes, der durchaus auch an anderen Stellen im Gesicht sowie an Nase und Augen auftreten kann, wird in der Regel vom HSV1 (Typ 1) verursacht.
Wer einmal mit Herpesviren – ganz gleich ob HSV1 oder HSV2 – infiziert war, bleibt lebenslang Träger. Die Viren schlummern in den Nervenganglien. Kommt es zu einer Schwächung des Immunsystems, kann eine Infektion erneut ausbrechen.
Auch eine Schwangerschaft kann einen Wiederausbruch triggern. Meist verläuft ein Rezidiv weniger heftig als eine Erstinfektion. Daher ist bei einer Primärinfektion von Schwangeren das Ansteckungsrisiko für das ungeborene Kind höher als bei einem wiederaufflammenden Herpes.
Genitalherpes: Welches Risiko besteht für das Ungeborene?
Besonders bei einem schweren Verlauf bei der Mutter im ersten Schwangerschaftsdrittel können die Viren auf das Kind übertragen werden. Fehlbildungen bis hin zu Fehl- oder Totgeburten können die Folge sein – die Mortalität nach Ansteckung des Babys liegt bei 50 Prozent.
Meist kommt es aber erst während der Geburt zur Übertragung im Geburtskanal, besonders wenn eine Infektion bei der Mutter unbemerkt bleibt (häufig auch asymptomatisch).
Auch eine neonatale Herpesinfektion kann für das Neugeborene lebensgefährlich sein. Die Viren, die sich durch das unreife Immunsystem in dem kleinen Körper viel leichter ausbreiten, können eine Herpessepsis oder eine Gehirnentzündung (Herpesenzephalitis) auslösen, die schwere, bleibende Schäden bis hin zum Tod nach sich ziehen können. Die Überlebensrate von schweren Herpesinfektionen bei Neugeborenen liegt unbehandelt gerade einmal bei circa 15 Prozent.
Herpesinfektion bei Schwangeren schnellstmöglich medikamentös behandeln
Daher muss eine Herpesinfektion einer Schwangeren umgehend medikamentös behandelt werden, sobald sie festgestellt wird. Treten zunächst Juckreiz und Spannungsgefühl im Intimbereich, später Ausfluss, Brennen und Bläschen auf, sollte umgehend ein Arztbesuch folgen (natürlich nicht nur bei Schwangeren). Meist gesellen sich grippeähnliche Symptome wie Gliederschmerzen, Fieber und Abgeschlagenheit hinzu. Ein Abstrich kann Gewissheit bringen.
Wichtig: Die Therapie muss sofort begonnen werden. Aciclovir ist auch in der Schwangerschaft das Mittel der Wahl (off-label).
Auch infizierte Neugeborene werden intravenöse mit Aciclovir behandelt. Sogar prophylaktisch kann es eingesetzt werden, um ein Rezidiv um die Geburt herum und das damit erhöhte Transmissionsrisiko zu senken, sodass eine vaginale Geburt möglich ist. Solange sich auf der Brust keine frischen, infektiösen Läsionen zeigen, kann das Baby gestillt werden.
Achtung: Auch HSV1 (Lippenherpes) und andere Keime können schwere Komplikationen beim Kind auslösen. Neugeborene sollten daher niemals von Besuchern/Freunden/Verwandten auf den Mund oder ins Gesicht geküsst werden!
Kurzprofil zu Genitalherpes:
- Meldepflicht: nein
- Erreger: Virus
- Risiko für die Mutter: eher gering
- Risiko für das Kind: ja
- Stillen möglich: ja, mit Einschränkungen
Chlamydien werden am häufigsten sexuell übertragen
Chlamydien gehören zu den häufigsten STI. Oft tritt eine Erstinfektion mit dem Bakterium Chlamydia trachomatis bei jungen, sexuell aktiven Menschen auf. Chlamydien können durch Antikörper im Blut nachgewiesen werden, diese schützen allerdings nicht vor einer Reinfektion.
Typischerweise besiedelt der Erreger bei Frauen den Gebärmutterhals. Zu einem auffälligen Ausfluss, wie durch andere bakterielle Infektionen, kommt es bei Chlamydien nur selten.
Eine Infektion kann sich durch Juckreiz und Brennen beim Wasserlassen, durch Zwischenblutungen, Ober- und/oder Unterbauchschmerzen, Fieber und gleichzeitige Harnwegsinfekte bemerkbar machen. Allerdings verläuft eine Infektion in 80 % asymptomatisch bzw. unspezifisch.
Chlamydien-Infektion häufig Grund für unerfüllten Kinderwunsch
Unbehandelt können sich Langzeitkomplikationen wie Entzündungen in der Gebärmutter, im Bauchfell und in der Leber manifestieren. Sogar zu Unfruchtbarkeit kann eine unbehandelte Chlamydien-Infektion führen, da sich die Eileiter dadurch entzünden und verschließen können.
Circa 100.000 Frauen bleiben in Deutschland durch Chlamydien ungewollt kinderlos. Der Antikörpertest kann bei unerfülltem Kinderwunsch Chlamydien als Ursache ein- oder ausschließen. Auch nicht austragbare und vor allem gefährliche Eileiter- und Bauchhöhlenschwangerschaften können die Folge einer verschleppten Infektion sein.
Aufgrund dieser Langzeitkomplikationen und der Häufigkeit von Chlamydien-Infektionen übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen einmal im Jahr die Kosten für ein Chlamydien-Screening bei sexuell aktiven Frauen unter 25 Jahren.
Unbehandelte Chlamydien-Infektion erhöht Risiko für Frühgeburt
Infiziert sich eine schwangere Frau mit Chlamydien bzw. bleibt bei bestehender Infektion unbehandelt, steigt das Risiko für eine Frühgeburt. Daher werden auch alle Schwangeren in Deutschland im ersten Schwangerschaftsdrittel auf Chlamydien getestet. Circa 2,5 % sind dabei positiv, besonders bei sehr jungen Müttern treten diese Infektionen häufiger auf.
Besteht noch während der Geburt eine Infektion, können die Bakterien auf das Neugeborene übertragen werden. Das Risiko ist bei einer vaginalen Geburt höher als bei einem Kaiserschnitt. Bei dem neugeborenen Kind können Chlamydien in den ersten 14 Lebenstagen eine Bindehautentzündung, Ohrenentzündung oder eine Entzündung der Atemwege (Nasenrachenraum, Lunge) auslösen.
Mittel der Wahl gegen Chlamydien in der Schwangerschaft ist Azithromycin, bei Unverträglichkeit Erythromycin. Neugeborene können mit Erythromycin behandelt werden.
Kurzprofil zu Chlamydien:
- Meldepflicht: ja, seit 2022
- Erreger: Bakterium
- Risiko für die Mutter: Langzeitfolgen, wenn unbehandelt
- Risiko für das Kind: ja
- Stillen möglich: ja
HIV: Übertragung auf das Ungeborene unbedingt vermeiden
HIV (Humanes Immundefizienz-Virus) ist eine der schwerwiegendsten, bisher unheilbaren Krankheiten unserer Zeit. Auch, wenn sie medikamentös behandelbar ist und ein nahezu normales Leben möglich ist, bleibt man doch – stand jetzt – lebenslang infiziert und auf Medikamente angewiesen.
Ist eine schwangere Frau HIV-positiv, liegt das Hauptaugenmerk deswegen darin, eine Übertragung des Virus auf das ungeborene Kind unbedingt zu vermeiden.
Jede Schwangere mit unbekanntem HIV-Status sollte daher möglichst früh einen HIV-Test machen. Dieser ist freiwillig und das Ergebnis wird nicht im Mutterpass notiert. Eine HIV-positive Schwangerschaft gilt allerdings als Risikoschwangerschaft, eine engmaschige Kontrolle von Mutter und Kind ist dann dringend erforderlich.
Viruslast der Schwangeren ist ausschlaggebend für eine Übertragung
Wie hoch das Risiko einer Infektion des Embryos mit HIV durch die Mutter ist, ist stark abhängig davon, welche Viruslast bei der Schwangeren besteht. Ist diese medikamentös gut eingestellt und das Virus liegt unter der Nachweisgrenze (je nach Test < 20–50 RNA-Kopien/ml Blut), ist eine Übertragung sehr unwahrscheinlich.
Im Schnitt liegt das Risiko einer intrauterinen Infektion bei circa sieben Prozent. Kurz vor oder während der Geburt steigt es auf 18 Prozent an.
Die Übertragungswege von Mutter auf Kind sind dabei noch nicht vollständig geklärt. Mütterliches Blut, Sekret, aber auch Muttermilch sind scheinbar „Übertragungsmedien“.
Antiretrovirale Therapie der Mutter senkt Risiko für Ungeborenes
Durch verschiedene Interventionen kann das Risiko einer Ansteckung auf unter ein Prozent gesenkt werden. Am entscheidendsten dafür ist eine antiretrovirale Kombinationstherapie (ART) der Mutter. In der Schwangerschaft zugelassen sind Atazanavir, Lopinavir, Darunavir und Zidovudin. Off-label kommen auch andere Kombinationen für die ART bei Schwangeren zum Einsatz.
Ist die Viruslast der Mutter (noch) erhöht, kann das Baby nach der Geburt eine Expositionsprophylaxe erhalten. Ein Kaiserschnitt senkt das Risiko zusätzlich.
Stillen trotz HIV-Infektion?
Aktuell wird dazu geraten, auf das Stillen zu verzichten, um eine Ansteckung über die Muttermilch zu verhindern und das Kind nicht länger der mütterlichen Medikation auszusetzen als (in der Schwangerschaft) nötig.
Trotzdem kann hier je nach Einzelfall das Pro und Kontra des Stillens abgewogen werden, da der Wunsch von Müttern zu stillen immer mehr zunimmt. Mittlerweile weicht das Stillverbot für HIV-positive Mütter auch bei den Medizinern immer mehr auf, wenn die Viruslast der Mutter unter der Nachweisgrenze liegt.
Kurzprofil zu HIV:
- Meldepflicht: ja
- Erreger: Virus
- Risiko für die Mutter: ja
- Risiko für das Kind: ja
- Stillen möglich: bislang wird vom Stillen abgeraten
Syphilis: rote Knötchen bis hin zum Geschwür und geschwollene Lymphknoten
Syphilis wird durch das Bakterium Treponema pallidum ausgelöst, das durch Mikroverletzungen in die Schleimhaut gelangt. Die Erkrankung verläuft unbehandelt in drei Stadien:
- Primäre Syphilis (2–6 Wochen nach Infektion)
- Sekundäre Syphilis (circa 9–24 Wochen nach Infektion)
- Tertiäre Syphilis (nach vielen Jahren (ohne Therapie) – heute selten)
Nach einer Ansteckung bildet sich zunächst ein hartes, rotes Knötchen an der Eintrittsstelle, welches sich zu einem Geschwür entwickelt. Die nächstliegenden Lymphknoten, meist in der Leistengegend, schwellen an und bleiben monatelang hart und vergrößert, schmerzen aber nicht.
Bleibt die Syphilis unerkannt und dadurch unbehandelt, folgen wiederkehrend neue Ausbrüche, bei denen es zur Organschädigung kommt. Beinah das gesamte Organsystem kann betroffen sein. Langzeitfolgen der Syphilis sind vor allem neurologische Schäden (Neurosyphilis) und Herz-Kreislauf-Schäden (kardiovaskuläre Syphilis).
Syphilis-Infektion beim Ungeborenen selten, aber möglich
Eine unbehandelte Syphilis in der Schwangerschaft ist sehr selten, da in Frühschwangerschaftsscreenings serologisch auch auf Syphilis getestet wird. Wie bei Nicht-Schwangeren kommt bei einem positiven Ergebnis Penicillin, alternativ Ceftriaxon, zur Behandlung der Syphilis zum Einsatz.
Bleibt eine Infektion doch unerkannt, können die Erreger vor allem im primären Stadium von der Mutter auf das ungeborene Kind übertragen werden. Infiziert sich das Baby im Mutterleib, meist ist das ab dem 5. Schwangerschaftsmonat der Fall, spricht man von einer konnatalen Syphilis. Wie hoch das Übertragungsrisiko ist, hängt dabei von der Erregerkonzentration im Blut der Mutter ab. Durch die Transmission auf den Fetus kann es zu Fehl- oder Frühgeburten kommen. Das Risiko für eine Totgeburt liegt bei 70 %.
Eine Infektion in einem früheren Stadium der Schwangerschaft oder einem späteren Stadium der Krankheit ist möglich, aber weniger wahrscheinlich. Aber auch während des Geburtsvorgangs können Erreger auf das Kind übersiedeln.
Wie äußert sich eine Syphilis bei Neugeborenen?
Ein Neugeborenes mit angeborener Syphilis kann keine Symptome zeigen oder schwere Komplikationen entwickeln. Zu Beginn scheinen die Kinder gesund, zeigen aber zwischen der 2. und 12. Lebenswoche hochinfektiöse Blasen an Händen und Füßen, Hautausschläge und -knötchen, trockenen, später blutigen Husten sowie Organschäden.
Neben der ZNS-Infektion kann es zu motorischen, kognitiven Einschränkungen und Entwicklungsverzögerungen sowie zu Hör- und Sehstörungen und zu Knochenveränderungen kommen.
Man unterscheidet dabei die frühe angeborene Syphilis (innerhalb der ersten drei Lebensmonate) und die späte angeborene Syphilis (nach den ersten zwei Lebensjahren), die sich in ihrer Ausprägung der Schäden und Symptome unterscheidet.
Sowohl Mutter als auch Baby können mit Penicillin meist erfolgreich behandelt werden, sodass schwerwiegende Folgen in Deutschland sehr selten sind.
Kurzprofil zu Syphilis:
- Meldepflicht: ja
- Erreger: Bakterium
- Risiko für die Mutter: unbehandelt ja
- Risiko für das Baby: ja
- Stillen möglich: ja, wenn keine syphilitischen Läsionen im Brustbereich
Wie sieht es bei Gonorrhoe („Tripper“) aus?
- Meldepflicht: nur in Sachsen, deutschlandweit nur, wenn Erreger mit verminderter Antibiotikaempfindlichkeit festgestellt werden
- Erreger: Bakterium Neisseria gonorrhoeae
- Symptome bei Frauen: vermehrter Ausfluss, Schmerzen beim Urinieren oder Zwischenblutungen, oft aber asymptomatisch
- Ansteckung im Mund- oder Rachenraum oder im Analbereich möglich – hier oft beschwerdefrei oder nur leichte Rötung und Reizung
- unbehandelt: Ausbreitung ins Becken, chronische Unterleibsschmerzen, Unfruchtbarkeit
- in Schwangerschaft: Fehl- oder Frühgeburten, Bindehautentzündung des Neugeborenen bis hin zum Erblinden (unbehandelt)
- Therapie Schwangere/Stillende/Kinder: Ceftriaxon
Gut zu wissen: Weitere STI, die auf das Baby übertragbar sind
- Hepatitis B und C
- Humane Papillomviren (HPV)
- Trichomoniasis
Andere Infektionskrankheiten, die Schäden beim Baby auslösen können:
- Mumps, Masern, Röteln
- Ringelröteln
- Windpocken
- Zytomegalie
- Borreliose/FSME
- B-Streptokokken
- Zika-Virus
- Hepatitis A
- Toxoplasmose
- Listeriose
Quellen:
- https://www.frauenaerzte-im-netz.de/schwangerschaft-geburt/infektionen-und-schwangerschaftsspezifische-erkrankungen/infektionserkrankungen/
- https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2024/07/08/wie-geschlechtskrankheiten-waehrend-der-schwangerschaft-das-ungeborene-schaedigen-koennen
- https://register.awmf.org/assets/guidelines/059-006l_S2k_Sexuell-uebertragbare-Infektionen-Beratung-Diagnostik-Therapie-STI_2019-09-abgelaufen.pdf
- https://www.sozialministerium.at/Themen/Gesundheit/Uebertragbare-Krankheiten/Infektionskrankheiten-A-Z/Gonorrhoe-(Tripper).html#:~:text=Während%20einer%20Schwangerschaft%20kann%20eine,Fällen%20ebenfalls%20zur%20Unfruchtbarkeit%20führen.
- https://daignet.de/media/filer_public/37/fb/37fbf014-f89e-4195-87bb-9eee6f8a9730/art_schwangerschaft_2020_ohne_ref_master_final_12022021.pdf