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Baby-Apps: Wie sinnvoll sind die Anwendungen?

Frau hält Säugling in dem Arm und in der Hand ein Smartphone
Apps zur Entwicklung des Kindes sind bei vielen Eltern beliebt. | Bild: Seventyfour / AdobeStock

Eltern haben nach der Geburt des ersten Kindes meist viele Fragen. Sie sehnen sich nach Orientierung und suchen deshalb häufig nach gebündelten digitalen Lösungsansätzen, die den turbulenten Alltag erleichtern sollen. 

Mittlerweile gibt es zahlreiche Baby-Apps, die auf unterschiedliche Bedürfnisse zugeschnitten sind und Eltern unterstützen sollen.

Woran erkennt man eine seriöse Baby-App?

Eltern sollten vor dem Download einer Baby-App darauf achten, dass der Herausgeber vertrauenswürdig ist und die Richtlinien zum Datenschutz vorliegen. Zudem sollten immer nur so viele Daten wie nötig in der App hinterlegt werden können und die Möglichkeit bestehen, individuelle Berechtigungen vor der Nutzung einstellen zu können. 

Gibt es ein klares Verkaufsziel des Anbieters, etwa von Baby-Kleidung oder Beikost, sollten die enthaltenen Informationen immer kritisch betrachtet werden. Weiterhin sollten Apps einfach zu bedienen und alltagstauglich sein, um einen großen Nutzen dadurch zu erzielen. 

Als weiterer Anhaltspunkt dienen die Bewertungen und Downloads einer App innerhalb des jeweiligen App-Stores.

Gut zu wissen: Sind Baby-Apps problematisch?

Die Auswahl einer geeigneten Baby-App sollte immer an die jeweiligen Bedürfnisse angepasst sein. Dabei sind folgende Punkte kritisch zu betrachten:

  • Datenschutz: 
    • Welche Richtlinien liegen vor? 
    • Welche persönlichen Daten werden verwendet?
  • Wissenschaftliche Grundlage: 
    • Auf welchen Theorien beruhen die Empfehlungen in der App?
  • Ablenkung vom Baby: 
    • Übermäßige Nutzung, insbesondere Tracking, lenkt vom Baby ab und reduziert die zwischenmenschliche Interaktion.
  • Übermäßige Abhängigkeit: 
    • Erleichtert die App den Alltag mit Baby? 
    • Unsicherheiten können die Häufigkeit der Nutzung verstärken. 
    • Baby-Apps dienen nur der groben Orientierung.

Baby-App „Ohje, ich wachse“ hält Entwicklungsschritte fest

Die App „Ohje, ich wachse“ soll Eltern in den ersten 20 Lebensmonaten des Kindes durch zehn Entwicklungssprünge begleiten. Jeder Schritt besteht aus einer schwierigen Phase, in der das Kind weinerlich, quengelig und mit der neuen Situation überfordert ist. Ist dieser Sprung überstanden, hat das Kind eine neue Fähigkeit erlernt und wirkt allgemein wieder ausgeglichener.

Die Grundlage dieser Theorie bilden Untersuchungen an Schimpansen aus den 1970er Jahren sowie weitere kleinere Studien an Menschen, bei denen dieses Phänomen beobachtet wurde. 

Das Prinzip der Entwicklungssprünge wird von Wissenschaftlern allerdings als kritisch betrachtet, da es derzeit keine evidenten Belege für derartige mentale Sprünge gibt. Man geht vielmehr davon aus, dass die Entwicklung der Kinder nicht in Wellen, sondern kontinuierlich und individuell abläuft.

Steht ein Entwicklungssprung an, werden die Eltern durch eine App-Benachrichtigung informiert. Dies kann bei vielen Müttern und Vätern zu Unsicherheiten führen, sollte das Kind bestimmte Fähigkeiten noch nicht erlernt haben. 

Die Anwender sollten darüber informiert werden, dass die App als grobe Orientierung zu betrachten ist und in schwierigen Phasen eine sinnvolle Informationsquelle darstellt. Enthaltene Checklisten über Sprünge und deren Zeitpunkt sind kritisch zu hinterfragen und sollten niemals dazu animieren, das eigene Kind mit anderen zu vergleichen.

Gut zu wissen: Apps ersetzen keinen Besuch beim Kinderarzt

Baby-Apps können in keinem Fall den Kinderarztbesuch ersetzen, darauf verweisen auch die meisten Entwickler innerhalb der App. 

Im Rahmen der U-Untersuchungen, die im gelben Kinderuntersuchungsheft einzusehen sind, werden in regelmäßigen Abständen Entwicklungsfortschritte vom Kinderarzt beurteilt. Anhand von Daten (z. B. Gewicht, Körpergröße) wird in Kombination mit einer klinischen Untersuchung das individuelle Gesamtbild betrachtet. Unsicherheiten der Eltern können direkt im persönlichen Gespräch geklärt werden. 

Baby-Apps können dies nicht leisten, da Kinder in kein vorgefertigtes Schema passen. Außerdem sollte immer der Entwicklungsverlauf und nicht nur eine einzelne Momentaufnahme betrachtet werden.

„BrainProtect“: App soll Gehirnentwicklung voraussagen

Die von Gynäkologen entwickelte App „BrainProtect“ soll anhand von speziellen Daten mögliche Entwicklungsstörungen frühzeitig erkennen. Dafür wird ein „Vorhersage-Tool“ verwendet, das mit Wahrscheinlichkeiten arbeitet. 

Die in der App eingetragenen Informationen werden mit denen anderer Kinder aus einer Datenbank verglichen. Anschließend wird ein Risiko-Score generiert, der angibt, ob eventuelle „kindliche Hirnschädigungen“ oder „Entwicklungsnachteile“ vorliegen könnten. Gezielte Frühfördermaßnahmen sollen diese dann langfristig ausgleichen.

Auch wenn es sich um einen modernen digitalen Ansatz handelt, bei dem viele Daten einbezogen werden, birgt die Darstellung von Wahrscheinlichkeitswerten ein großes Potenzial für Verunsicherung der Eltern. Zudem könnten auch die geringen Risiko-Scores falsch interpretiert werden. 

Außerdem fehlen derzeit Studien, die den wirklichen Nutzen der dargestellten Ergebnisse darlegen. Auch die Möglichkeit der IQ-Vorhersage des Kindes kann den Leistungsdruck bei Müttern und Vätern enorm erhöhen.

„Baby+ Dein Baby-Tracker„ erfasst Stillzeiten, Schlafverhalten und Co.

Die App „Baby+ Dein Baby-Tracker“ von Philips eignet sich zur Erfassung von Alltagsdaten. Neben Stillzeiten, Schlafverhalten, Weinen, Körpertemperatur, Wachstum und erhaltenen Impfungen können auch die Zeitpunkte des Windelwechselns dokumentiert werden. 

Die App bietet zudem Informationen zu Entwicklungsschritten für die ersten zwölf Lebensmonate und schlägt passende Fördermöglichkeiten bzw. altersgerechte Aktivitäten vor. Mit der Tagebuchfunktion können persönliche Meilensteine festgehalten werden.

Eltern sollten darüber informiert werden, dass die Grafiken und Empfehlungen in der App ausschließlich auf den persönlich eingetragenen Daten beruhen. Außerdem sollten nur solche Dinge getrackt werden, die für den Einzelfall sinnvoll sind, beispielsweise das Gewicht, wenn das Kind nur langsam zunimmt, oder die Häufigkeit der Stillmahlzeiten.

Baby-Apps im Überblick:

  • Tracker-Apps
    • Notieren von Daten wie Windelwechsel, Stillzeiten und Schlafverhalten
    • Beispiel: Baby+ Dein Baby-Tracker, Stillen Tracker & Babytagebuch, Baby Tracker
  • Entwicklungs-Apps
    • Gehen auf Fähigkeiten des Babys in den ersten Lebensmonaten anhand unterschiedlicher Schwerpunkte ein
    • Beispiel: Oje, ich wachse, BrainProtect
  • Info-Apps
    • Informationen über die nächste Impfung, eine anstehende U-Untersuchung beim Kinderarzt oder zu babyfreundlichen Restaurants, Spielplätzen oder Stillorten in der Umgebung
    • Beispiel: Hipp Baby App, Mamamap
  • Ernährungs-Apps
    • Tipps zum Stillen und zur Beikosteinführung
    • Beispiel: Hipp Baby App, Baby & Essen (Angebote vom Bund derzeit nicht verfügbar)
  • Wachstums-Apps
    • digitale Darstellung von Wachstumskurven des Kindes in Bezug auf Gewicht, Körpergröße und Kopfumfang
    • Beispiel: Wachstumskurven für Babys
  • GKV-Apps
    • Informationen für die erste Zeit mit Baby (meist nur für Versicherte)
    • Beispiel: TK-BabyZeit, AOK Kids-Time
  • Geräusche-Apps
    • beruhigende Geräusche, die Babys beim Einschlafen helfen können
    • Beispiel: White Noise

 

Eltern mit Unsicherheiten immer zum Kinderarzt schicken

PTA können in der Beratung die verschiedenen App-Angebote erläutern und die Eltern darauf hinweisen, dass sie als nützliche Werkzeuge für den Alltag gesehen werden können. 

Apps sollten weder verunsichern noch Vergleiche mit anderen Kindern unterstützen. Die individuelle Entwicklung sollte immer im Fokus stehen und nicht durch vordefinierte Meilensteine aus den Augen verloren werden.

Tauchen potenzielle Auffälligkeiten beim Kind auf, beispielsweise aufgrund von eingetragenen Daten in einer Baby-App, sollte ein Termin beim Kinderarzt vereinbart werden. Die aufgezeichneten Informationen können die Untersuchung beim Arzt durchaus unterstützen und in die Beurteilung mit einfließen. Quellen:
- https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/5_Publikationen/Praevention/Berichte/4_4_3_Gesundheits-Apps.pdf
- https://www.tagesschau.de/wissen/gesundheit/baby-apps-100.html
- https://www.brainprotect.de/
- Google-Play Store (02/2025)