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Seltene Lebererkrankung frühzeitig erkennen: U-Heft: Wie funktioniert die Stuhlfarbkarte?

aufgeschlagenes Kinderuntersuchungsheft mit den einzelnen U-Untersuchungen
Das Kinderuntersuchungsheft beinhaltet medizinische Untersuchungen, die wichtig für die Entwicklung des Kindes sind. Darin enthalten ist mittlerweile auch eine Stuhlfarbkarte. | Bild: Ralf Geithe / AdobeStock

Das Kinderuntersuchungsheft – auch bekannt als „gelbes Heft“ oder „U-Heft“ – wird bei der Geburt ausgegeben und dient der frühzeitigen Erkennung von Krankheiten und Entwicklungsstörungen bei Kindern. 

Das U-Heft ist ein wichtiger Teil der Gesundheitsvorsorge und umfasst die vordefinierten Untersuchungen U1 bis U9, die innerhalb der ersten fünf Lebensjahre in festen Abständen in der Kinderarztpraxis durchgeführt werden. Die erste Untersuchung (U1) erfolgt direkt nach der Geburt, meist noch in der Klinik. Die U2 findet am 3.–10. Lebenstag statt und die U3 in der 4.–5. Lebenswoche. 

Die Ergebnisse werden im gelben Heft eingetragen und dienen im Verlauf auch der Beurteilung von wichtigen Entwicklungsschritten. Alle U-Untersuchungen werden standardmäßig von den gesetzlichen Krankenkassen (GKV) finanziert.

Kinderuntersuchungsheft um Stuhlfarbkarte ergänzt

Der vorgegebene Zeitraum für eine jede U-Untersuchung ist wichtig, um Erkrankungen rechtzeitig festzustellen und deren Behandlung einzuleiten. Verantwortlich für die Empfehlungen im U-Heft ist der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), dessen Mitglieder sind zuständig für die Ausarbeitung der Kinder-Richtlinie. 

Der G-BA hat im Juli 2023 das Kinderuntersuchungsheft um eine Stuhlfarbkarte ergänzt. Diese Farbkarte soll der frühzeitigen Erkennung einer seltenen Lebererkrankung – dem Gallengangverschluss – dienen. Seit Anfang 2024 sind die U-Hefte mit der Stuhlfarbkarte im Umlauf.

Stuhlfarbkarte: Blasser Stuhl als Indiz für Gallengangverschluss

Mithilfe der Farbkarte kann die Stuhlfarbe des Babys beurteilt werden. Eine auffällig blasse Färbung stellt ein wichtiges Indiz für einen Gallengangverschluss dar. Mit der Farbkarte wird dieses Warnsignal nun besser erkannt, da es anschaulicher dargestellt ist.

Die zuvor enthaltenen Hinweise im U-Heft wurden von den Fachkreisen als ungenügend eingestuft, da die Erkrankung zu Hause oft übersehen wurde.

Eltern werden im Rahmen der U2 und U3 über die Stuhlfarbkarte und die damit verbundene Lebererkrankung aufgeklärt. Die Stuhlfarbkarte ist auf Seite 14 im Heft abgedruckt und findet zusätzlich Erwähnung im Fließtext auf den Seiten der U2 und U3.

Gut zu wissen: Was ist ein Gallengangverschluss?

Der Gallengangverschluss ist eine seltene Lebererkrankung, die insbesondere bei Neugeborenen auftritt. Jährlich erkranken circa 35 Babys in Deutschland daran, die Wahrscheinlichkeit wird mit 1:20.000 eingestuft. 

Durch den Verschluss der Gallengänge staut sich die Gallenflüssigkeit, wodurch die Leber belastet wird. Unerkannt führt dies zu einem Leberversagen zwischen dem zweiten und dritten Lebensjahr, welches in den meisten Fällen tödlich verläuft. 

Durch eine Früherkennung kann eine Operation zwischen dem 45. und 60. Lebenstag erfolgen. Dadurch kann die Leber länger erhalten bleiben und eine Transplantation deutlich herausgezögert werden. Eine medikamentöse Therapie ist nicht möglich.

Stuhlfarbkarte: Was bedeuten die verschiedenen Stuhlfarben?

Stuhlfarbkarte mit Farbskala zur Beurteilung des Stuhls bei Neugeborenen. | Screenshot: Gemeinsamer Bundesausschuss

Eltern sollten den Stuhl ihres Neugeborenen hinsichtlich der Farbe beobachten. Die Farbkarte definiert anschaulich in den Bildern 1–4 eine normale Stuhlfarbe, die zwischen braun, grünlich-braun, orange und gelb variieren kann. 

Die Farben der Bilder 5–7 werden als blass (hellgelb, grün und beige) eingestuft und können ein Hinweis auf einen Gallengangverschluss sein. 

Wird eine derartige Farbe beim Säugling festgestellt, sollte innerhalb von 24 Stunden ein Kinderarzt aufgesucht werden, um weitere diagnostische Maßnahmen einzuleiten.

Gut zu wissen: Stuhlfarbkarte überbrückt Sprachhindernisse

Die Anschaulichkeit der Stuhlfarbkarte hilft Ärzten und Eltern dabei, mögliche Kommunikationsprobleme aufgrund von Sprachhindernissen zu überbrücken. 

Das Kinderuntersuchungsheft ist auch online auf der Website des G-BA in englischer Sprache zu finden. Hier ist die Stuhlfarbkarte als „Stool colour chart“, genau wie in der deutschen Fassung, auf Seite 14 einsehbar. Die Dokumentation erfolgt dennoch ausschließlich im analogen Heft, welches nur in deutscher Sprache ausgegeben wird.

Anhaltende Gelbsucht ist typisch bei Gallengangverschluss

Bestätigt der Kinderarzt die blasse Stuhlfarbe, wird überprüft, ob zusätzlich eine anhaltende Gelbsucht (Ikterus) vorliegt. Dies ist der Fall, wenn die Gelbsucht über vierzehn Tage bzw. bei voll gestillten Kindern über 21 Tage hinweg besteht. 

Charakteristisch ist eine Gelbfärbung der Haut und der weißen Bereiche im Auge, die aufgrund einer Anhäufung von Bilirubin – einem Abbauprodukt des roten Blutfarbstoffes Hämoglobin – entsteht. Normalerweise wird Bilirubin vom Körper ausgeschieden, die Ursachen für eine Anhäufung hängen meist mit einer Lebererkrankung zusammen. 

Eine Bestimmung des Bilirubins im Blut ergänzt die Diagnostik, da erhöhte Werte ein zusätzliches Symptom des Gallengangverschlusses darstellen. Quellen:
- https://www.g-ba.de/presse/pressemitteilungen-meldungen/1104/
- https://www.g-ba.de/downloads/39-261-6013/2023-05-12_Kinder-RL_Ueberpruefung-Frueherkennung-Gallengangatresie_BAnz.pdf
- https://www.dgkj.de/detail/post/jeder-tag-zaehlt-die-neue-stuhlfarbkarte
- https://www.g-ba.de/downloads/83-691-809/2023-05-12_G-BA_Kinderuntersuchungsheft_WEB_WZ_PW.pdf