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Was ist eigentlich eine Gallengangatresie?

Betroffene Kinder kommen meist ohne erkennbare Symptome zur Welt. Auch vor der Geburt zeigen sich in den Ultraschalluntersuchungen in der Regel noch keine Auffälligkeiten. Das ändert sich innerhalb der ersten Lebenswochen. Dann macht sich eine Gallengangatresie unter anderem dadurch bemerkbar, dass die Stuhlfarbe des Säuglings verändert ist. Stellen Eltern oder die Hebamme dieses Symptom fest, heißt es schnell zu handeln.
Wie entsteht eine Gallengangatresie?
Bei einer Gallengangatresie kommt es zu entzündlichen Prozessen und narbigen Veränderungen in den Gallengängen, woraufhin sich diese innerhalb kurzer Zeit zunehmend verengen und schon bald nach der Geburt ganz verschlossen sind.
Die in der Leber gebildete Gallenflüssigkeit kann dadurch nicht mehr in den Dünndarm fließen. Sie staut sich in der Leber (Cholestase), wodurch das lebenswichtige Organ geschädigt wird. Binnen weniger Wochen entwickelt sich beim Baby eine Leberzirrhose.
Typische Verdachtssymptome einer Gallengangatresie
Infolge des Gallenstaus in der Leber kann das Abbauprodukt des Blutfarbstoffs Hämoglobin – das Bilirubin – nicht wie vorgesehen über den Darm ausgeschieden werden. Das gelb gefärbte Bilirubin tritt stattdessen wieder ins Blut über. Es wird zum einen über den Urin ausgeschieden, wodurch sich dieser dunkelgelb färbt. Zum anderen lagert sich Bilirubin in der Haut und den Augen ab, sodass eine Gelbsucht (Ikterus) entsteht.
Allerdings tritt auch bei vielen gesunden Neugeborenen in den ersten Lebenstagen eine Gelbsucht auf, die aber meist harmlos ist und sich von selbst zurückbildet. Besteht eine Gelbsucht länger als zwei oder drei Wochen, sollte das Kind auf eine Lebererkrankung hin untersucht werden.
Dringender Verdacht auf eine Gallengangatresie besteht, wenn der Stuhl des Kindes auffallend hellgelb bis weißlich ist. Grund für die Entfärbung ist, dass durch den Gallenstau der dunkle Gallenfarbstoff nicht mehr in den Darm gelangt.
Da die in der Leber gestaute Galle nicht mehr für die Fettverdauung im Dünndarm zur Verfügung steht und fettlösliche Vitamine nicht aufgenommen werden, kommt es auch zu Gedeihstörungen.
Hilfreiche Stuhlfarbkarte im Kinderuntersuchungsheft
Seit November 2023 ist das Kinderuntersuchungsheft („Gelbes Heft“) mit einer Stuhlfarbkarte ausgestattet. Man findet sie auf Seite 14 beim Kapitel U2.
Anhand von sieben Farbfeldern können Eltern oder Hebammen abschätzen, ob der Stuhl noch normal aussieht oder auffällig ist. Bei einem auffälligen Befund muss das Kind innerhalb von 24 Stunden in einer Kinderarztpraxis vorgestellt werden – am besten mitsamt der Windel mit dem auffälligen Stuhl.
Welche diagnosesichernden Untersuchungen gibt es?
Nun gilt es festzustellen, ob für den Gallenstau tatsächlich eine Gallengangatresie oder eine andere Störung verantwortlich ist.
Diagnostisch werden meist Bluttests durchgeführt, unter anderem zur Bestimmung des Bilirubinspiegels. Mit einem Bauchultraschall lassen sich eventuell anatomische Anomalien erkennen.
Weitere Untersuchungsmethoden sind u. a. eine bildgebende Darstellung der Gallengänge mittels Kontrastmittel oder auch eine Leberbiopsie, um den Zustand des Lebergewebes zu beurteilen.
Bei Gallengangatresie: Schneller Eingriff notwendig!
Bestätigt sich die Diagnose Gallengangatresie, kommt es auf eine zügige Behandlung an, um die weitere Zerstörung der Leber aufzuhalten. Möglichst noch im ersten Lebensmonat sollte in einem Spezialzentrum ein chirurgischer Eingriff – die sogenannte Kasai-Operation – erfolgen.
Hierbei werden die äußeren verschlossenen Gallengänge entfernt, und aus einer entnommenen Dünndarmschlinge wird eine neue Verbindung von der Leber zum Darm hergestellt. Durch diesen künstlichen Ableitungsweg soll die Galle in den Darm fließen.
Doch selbst wenn die Operation erfolgreich verläuft, nimmt die Leberschädigung in vielen Fällen weiter zu, sodass häufig dennoch eine Lebertransplantation erforderlich wird. Die Gallengangatresie ist der häufigste Grund für eine Lebertransplantation im Kindesalter. Unbehandelt führt die Erkrankung immer zum Tod, und das noch im Kleinkindalter.
Neben den chirurgischen Maßnahmen ist weitere medizinische Unterstützung nötig, u. a. Antibiotika-Gaben, Vitamin-Substitutionen und Nahrungsanreicherung mit MCT-Fetten.
Ursache der Gallengangatresie noch ungeklärt
Die Gallengangatresie ist eine sehr seltene Erkrankung. So ist nur circa eines von 18.000 Neugeborenen betroffen. In Deutschland kommen jedes Jahr ungefähr 35 Babys mit dieser Lebererkrankung zur Welt.
Die Ursachen des Defekts sind noch weitgehend unbekannt. Genetische Faktoren, aber auch Umwelteinflüsse oder Infektionserreger könnten eine Rolle spielen. Quellen:
- Deutsche Leberhilfe e.V.
- Leberkrankes Kind e.V.
- Gesellschaft für Pädiatrische Gastroenterologie und Ernährung e.V. (GPGE)
- Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V. (DGKJ)
- Stiftung Kindergesundheit
- Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Centrum für Angeborene Fehlbildungen
Gallengangatresie in Kürze
- Seltene lebensgefährliche Leberfehlbildung beim Neugeborenen.
- Anomalie der Gallengänge: verengen und verschließen sich innerhalb kurzer Zeit; dadurch Gallenstau in der Leber und rasche Leberzerstörung im Säuglingsalter.
- Vor und bei Geburt meist noch unauffällig; in ersten Lebenswochen Gelbsucht und charakteristisches Merkmal Stuhlentfärbung (daher Stuhlfarbkarte im neuen Kinderuntersuchungsheft).
- Bei Krankheitsverdacht schnelles Handeln entscheidend; bei fachärztlicher Diagnosesicherung chirurgischer Eingriff in Spezialklinik nötig, aber oft nur Lebertransplantation langfristig lebensrettend.
- Erkrankung sehr selten: circa 1 : 18.000 Geburten (in Deutschland durchschnittlich 35 Fälle pro Jahr).