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Was ist eigentlich das Holiday-Heart-Syndrom?

Junger Mann auf Sofa hält rechte Hand auf der Brust
Nach exzessivem Alkoholkonsum kann es zu Herzrhythmusstörungen kommen. | Bild: staras / AdobeStock

Es ist vor allem ein Freizeitphänomen: An Wochenenden oder im Urlaub wird Party gemacht und dabei innerhalb kurzer Zeit reichlich Alkohol konsumiert. Wer es damit übertreibt, läuft Gefahr, ein Holiday-Heart-Syndrom („Urlaubs-Herzsyndrom“) zu entwickeln. 

Welche Symptome gibt es beim Holiday-Heart-Syndrom?

Ein Holiday-Heart-Syndrom nach exzessiver Alkoholzufuhr binnen kurzer Zeit (Binge-Drinking, „Komasaufen“) äußert sich in Form von Herzrhythmusstörungen. Dabei kann es auch zu Vorhofflimmern kommen. 

Bleibt Vorhofflimmern über einen längeren Zeitraum bestehen, erhöht sich das Risiko für Schlaganfall oder Herzinsuffizienz. Der Zusammenhang zwischen akutem Alkoholmissbrauch und dem Auftreten von Herzrhythmusstörungen trifft auch auf Menschen zu, die eigentlich herzgesund sind.  

Im Jahr 1978 wurde das Holiday-Heart-Syndrom erstmals beschrieben. Kürzlich konnten Forscher vom Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München neue Einsichten in die Störung gewinnen.  

Herzrhythmusstörungen Stunden nach Alkoholkonsum

Auf dem Münchner Oktoberfest haben die Wissenschaftler vom Universitätsklinikum bereits vor zehn Jahren umfangreiche Daten zum Holiday-Heart-Syndrom gesammelt: In der sogenannten MunichBREW I-Studie stellten sie an über 3.000 Freiwilligen mithilfe eines tragbaren, Smartphone-basierten EKG-Systems fest, dass steigende Alkoholspiegel mit einem zunehmenden Risiko für Herzrhythmusstörungen korrelierten.  

Daraufhin wollten es die Forscher genauer wissen: Für ihre MunichBREW II-Studie suchten sie, ausgestattet mit mobilen EKG-Geräten, Partys junger Leute auf. Sie untersuchten rund 200 junge Partygänger, die Blutalkoholwerte zwischen 1,2 und 2,5 Promille aufwiesen. 

Bei mehr als fünf Prozent der ansonsten gesunden jungen Leute zeigten sich im 48-Stunden-Langzeit-EKG klinisch relevante Herzrhythmusstörungen, inklusive Vorhofflimmern. 

Auffallend war, dass die Rhythmusstörungen vor allem zeitverzögert bis zu 19 Stunden nach dem Alkoholkonsum in der Erholungsphase auftraten. Während der eigentlichen Trinkphase (Stunden 1 bis 5) waren dagegen die Herzraten erhöht – mit über 100 Schlägen pro Minute.  

Wie kommt es zum Holiday-Heart-Syndrom?

Die Münchner Wissenschaftler nehmen an, dass vor allem Fehlregulationen des vegetativen Nervensystems für die alkoholbedingten Rhythmusstörungen verantwortlich sind. 

Sie vermuten, dass Alkohol und sein Metabolit Acetaldehyd zunächst den Sympathikus aktivieren und den Parasympathikus unterdrücken, was zu einem immer schneller werdenden Puls führt. Dies könnte die Vorstufe zu dem in der parasympathischen Erholungsphase teilweise einsetzenden Vorhofflimmern sein. 

Eine andere Erklärung macht die harntreibende Wirkung von Alkohol für die Symptome verantwortlich. Dem Körper würden dadurch wichtige Elektrolyte entzogen, was das Herz aus dem Takt bringen könnte. 

Holiday-Heart-Syndrom verschwindet von allein wieder

Die beim Holiday-Heart-Syndrom auftretenden Rhythmusstörungen sind in der Regel zeitlich begrenzt. Nur selten ist es erforderlich, Betablocker oder Antiarrhythmika einzusetzen. 

Ob sich aber möglicherweise langfristig schädliche Effekte ergeben, muss noch weiter erforscht werden. In jedem Fall ist es natürlich am besten, den Alkoholkonsum von vornherein zu beschränken. Quellen: Klinikum der Universität München; European Heart Journal 2024, 45: 4938–49; Deutsche Herzstiftung e.V.; IPF Infozentrum für Prävention und Früherkennung  

Holiday-Heart-Syndrom in Kürze

  • Nach akutem exzessiven Alkoholgenuss auftretende Herzrhythmusstörungen; auch Vorhofflimmern möglich. 
  • Aktuelle Studie zeigt: Klinisch relevante Rhythmusstörungen erst Stunden nach der Trinkphase; in ersten 1 bis 5 Stunden jedoch Pulsbeschleunigung.  
  • Kommt typischerweise nach Wochenendpartys oder beim Feiern im Urlaub vor (daher der Name Holiday-Heart-Syndrom).
  • Auch junge, (herz-)gesunde Menschen betroffen.  
  • Bildet sich in der Regel von selbst zurück; selten Therapie mit Betablockern oder Antiarrhythmika nötig.
  • Pathomechanismen noch nicht abschließend geklärt; vermutlich Dysregulationen im vegetativen Nervensystem ursächlich.