Mit natürlicher Familienplanung sicher verhüten
Die natürliche Familienplanung, kurz NFP, ist eine Methode zur Bestimmung der fruchtbaren Tage einer Frau. Das Prinzip beruht auf der subjektiven Analyse verschiedener physiologischer Parameter, die sich im Laufe des Zyklus verändern.
Auf das Eingreifen in den natürlichen Zyklus von außen wird komplett verzichtet. NFP kommt außerdem ohne Hormone aus und wird deshalb als Verhütungsmethode sowie zur Unterstützung bei Kinderwunsch immer beliebter.
Mit NFP die fruchtbaren Tage bestimmen
Für das Eintreten einer Schwangerschaft muss die freigesetzte Eizelle bis maximal 24 Stunden nach dem Eisprung (Ovulation) befruchtet werden. In der Zyklusmitte ist der Estrogenspiegel bereits deutlich erhöht und es kommt zu einem sprunghaften Konzentrationsanstieg des luteinisierenden Hormons (LH), was die Ovulation auslöst.
Die höchste Wahrscheinlichkeit für eine Schwangerschaft liegt an den beiden Tagen vor dem Eisprung, wobei eine Schwangerschaft auch am Tag des Eisprungs selbst noch eintreten kann. Allerdings können Spermien bis zu fünf Tage im weiblichen Genitaltrakt überleben. Insbesondere bei Geschlechtsverkehr in der ersten Zyklushälfte kann die Eizelle deshalb Tage später noch befruchtet werden.
In der Phase zwischen dem ersten Zyklustag (an diesem beginnt die Periode) und der Ovulation sollte also auf ungeschützten Geschlechtsverkehr verzichtet werden. Erst in der zweiten Zyklushälfte, die nach dem Eisprung beginnt, ist der Verzicht auf ein zusätzliches Verhütungsmittel möglich.
NFP als Verhütungsmethode eignet sich vor allem für Frauen, die einen relativ gleichmäßigen Zyklus haben und die Signale ihres Körpers gut einschätzen können.
Gut zu wissen: Wann ist NFP zur Verhütung nicht geeignet?
- bei starken Zyklusschwankungen wie Amenorrhoe (Ausbleiben der Blutung) oder Oligomenorrhoe (seltene Periodenblutung)
- während einer Therapie mit teratogenen oder den Zyklus beeinflussenden Medikamenten (z. B. Zytostatika oder Psychopharmaka)
- Wenn die Frau unter kognitiven Einschränkungen leidet oder
- am Gebärmutterhals operiert wurde, was die Zervixschleim-Kontrolle uneindeutig macht.
NFP: Symptothermale Methode von Leitlinie empfohlen
Im Januar 2024 wurde erstmalig durch die Deutsche, Österreichische und Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe eine S2k-Leitlinie zum Thema „Nicht hormonelle Empfängnisverhütung“ veröffentlicht. Darin gehen die Autoren auch auf evaluierte Methoden im Bereich NFP ein und welche insbesondere zur Verhütung geeignet sind.
Laut Leitlinie ist die derzeit sicherste Variante die symptothermale Methode, bei der die beiden Werte Basaltemperatur und Zervixschleim-Konsistenz betrachtet werden. Da der Zyklus einer Frau nicht immer gleich lang ist und die Ovulation nicht immer genau in der Zyklusmitte stattfindet, sollten beide Parameter drei Monate lang bestimmt und mithilfe einer Handy-App oder eines Zyklusblattes dokumentiert werden.
So bekommt man einen guten Überblick über die Länge der beiden Zyklushälften und kann den Tag des Eisprungs grob einschätzen. Diese Testphase eignet sich auch, um mögliche Fehlerquellen in der Durchführung oder Zyklusunregelmäßigkeiten zu identifizieren. Bei Unsicherheiten ist ein Gespräch mit der Gynäkologin sinnvoll.
Die symptothermale Methode ermöglicht eine relativ hohe Zuverlässigkeit, wenn sie richtig angewendet wird und die physiologischen Parameter richtig interpretiert werden. Eine relativ sichere Bestimmung des Eisprungs ist nur durch die Auswertung beider Parameter möglich.
Von den Leitlinienautoren wird derzeit explizit die Methode nach Sensiplan empfohlen, da diese am besten evaluiert ist. Sensiplan ist ein Projekt der Arbeitsgruppe NFP der Malteser Gesundheitsförderung, welche auch standardisierte Schulungen zum richtigen Umgang mit NFP anbietet. Dies erleichtert den Einstieg in das Verhütungskonzept der NFP und trägt ebenso wie die Testphase zur Zuverlässigkeit bei.
Gut zu wissen: NFP nicht mit Kalendermethode verwechseln
Die Kalendermethode, die hin und wieder noch mit dem Begriff NFP gleichgesetzt wird, beruht ausschließlich auf Wahrscheinlichkeitsrechnung und wird in der Leitlinie nicht empfohlen.
Bei der Kalendermethode geht man ausschließlich auf die durchschnittliche Zykluslänge ein, die man nach Beobachtung über sechs bis zwölf Monate definiert.
Es wird davon ausgegangen, dass in der Mitte des Zyklus der Eisprung stattfindet. Da dies nicht immer der Fall ist und keine weiteren Maßnahmen zur Kontrolle stattfinden, treten deutlich häufiger ungewollte Schwangerschaften ein als bei NFP.
Zervixschleim: Die richtige Beurteilung der Konsistenz
Der Zervixschleim ist ein Sekret, welches von Drüsen im Gebärmutterhals (Cervix uteri oder Zervix) gebildet wird und als deutlicher Ausfluss aus der Scheide bemerkbar ist. Die Konsistenz des Sekrets ändert sich im Verlauf des Zyklus, weshalb dies zur Bestimmung der fruchtbaren Tage herangezogen werden kann. Der Zervixschleim wird im Rahmen der NFP täglich direkt am Scheidenausgang kontrolliert und protokolliert.
Bis zum Eisprung ist der Ausfluss eher cremig, dicklich und milchig-weiß. An den Tagen um den Eisprung herum verändert sich die Konsistenz und wird dünn, dehnbar und klar. Sie ähnelt der Beschaffenheit von rohem Eiweiß. Dies ermöglicht den Spermien, besonders leicht in die Gebärmutter zu gelangen und die Eizelle zu befruchten.
Nach dem Eisprung wird die Konsistenz wieder dicker und zäher. Für das Zyklus-Monitoring ist der letzte Tag wichtig, an dem der Zervixschleim klar, dünn und spinnbar zwischen den Fingern ist, da dieser das Ende des Eisprungs signalisiert.
Wichtiger Parameter bei NFP: die Bestimmung der Basaltemperatur
Als zweiter Parameter der symptothermalen Methode zählt das Messen der Basaltemperatur. Unter der Basaltemperatur versteht man die Körpertemperatur nach dem Aufwachen.
Kurz nach dem Eisprung kommt es zu einem Temperaturanstieg von 0,2 °C–0,5 °C, der bis zum Einsetzen der Menstruation bestehen bleibt. Eine kontinuierliche Temperaturbestimmung über den kompletten Zyklus trägt deshalb dazu bei, die fruchtbaren Tage vor dem Eisprung von den unfruchtbaren abzugrenzen. Für die Auswertung der Messwerte eignet sich die grafische Darstellung auf einem speziellen Kurvenblatt oder in einer App.
Um diese minimale Temperaturveränderung feststellen zu können, müssen täglich annähernd gleiche Messbedingungen herrschen. Die Basaltemperatur ist sehr sensibel und kann bereits durch kleine Veränderungen im täglichen Ablauf, wie dem Genuss von Alkohol am Vorabend, einem Infekt oder Stress, beeinflusst werden.
Die Messung erfolgt immer morgens, zur annähernd gleichen Zeit und noch vor dem Aufstehen aus dem Bett. Optimalerweise wird rektal oder vaginal gemessen, da die orale Bestimmung ungenauer ist.
Geeignet sind spezielle Basalthermometer, die mit einer hohen Messgenauigkeit punkten, da sie mindestens zwei Zahlen nach dem Komma erfassen. Dazu gehören analoge (Geratherm® basal), digitale (Basalthermometer OT 30 Bluetooth®) und kontinuierlich aufzeichnende (OvulaRing®, verbleibt dauerhaft in der Vagina) Thermometer, welche die Messergebnisse teilweise in einer dazugehörigen Handy-App abbilden können.
Hat man sich einmal für ein Gerät und einen Messort entschieden, sollte innerhalb eines Zyklus nichts daran geändert werden. Nur so sind die ermittelten Werte wirklich vergleichbar und zuverlässig.
Gut zu wissen: Ertasten des Muttermundes
Ergänzend zur Bestimmung des Zervixschleims und der Basaltemperatur kann die Beschaffenheit des Muttermundes untersucht werden.
Dieser ist zu Zyklusbeginn fest verschlossen und ragt in die Scheide hinein, während er zum Eisprung eher weich ist, sich leicht öffnet und nach hinten gezogen ist.
Diese Beurteilung ist allerdings deutlich schwieriger und wird deshalb in der Leitlinie nicht bevorzugt empfohlen.
Wie zuverlässig ist NFP als Verhütungsmittel?
In einer Auswertung einer mittlerweile sehr großen deutschen Datenbank von 900 fruchtbaren Frauen, die gerade erst mit NFP starteten, wurden statistisch betrachtet 1,8 von 100 Frauen innerhalb eines Jahres ungewollt schwanger. Wurde in der fruchtbaren Phase auf Geschlechtsverkehr verzichtet oder zusätzlich ein Kondom angewendet, sank wurden nur noch 0,6 von 100 Frauen ungewollt schwanger.
Wie sicher ein Verhütungsmittel ist, wird auch mithilfe des sog. Pearl-Indexes beurteilt. Er beschreibt, wie viele Frauen innerhalb eines Jahres bei Nutzung einer bestimmten Methode schwanger werden. Je niedriger der Pearl-Index ausfällt, desto sicherer ist die Verhütungsmethode.
Der Pearl-Index der symptothermalen Methode liegt im Bereich zwischen 0,4 (bei fehlerfreier Anwendung) und 1,8 (unter Einbeziehung typischer Alltagsfehler), wenn an den fruchtbaren Tagen auf Geschlechtsverkehr verzichtet wird.
Im Vergleich dazu beträgt der Pearl-Index für die Antibabypille 0,1–0,9 und für das Kondom 2–12. Bei Geschlechtsverkehr ohne jegliche Verhütung liegt der Pearl-Index bei 85. Literatur:
https://register.awmf.org/assets/guidelines/015-095l_S2k_Nicht-hormonelle-Empfaengnisverhuetung_2024-08.pdf
https://www.klinikum.uni-heidelberg.de/verfahren/natuerliche-familienplanung-200343
https://www.profamilia.de/themen/verhuetung/pearl-index
Gut zu wissen: Wie wird der Pearl-Index berechnet?
Zur Berechnung des Pearl-Indexes wird meist folgende Formel angewendet:
Pearl-Index = Anzahl der Schwangerschaften x 12 Monate x 100 / Zahl der Anwendungsmonate x Zahl der Frauen
Langfristig wird der Pearl-Index von den Werten „Methodensicherheit“ (fehlerfreie Anwendung, „perfect use“) und „Gebrauchssicherheit“ (inklusive Anwendungsfehler, „typical use“) abgelöst, da diese die Zuverlässigkeit noch genauer abbilden können.