Hormonspirale kann Brustkrebsrisiko leicht erhöhen
Nutzen Frauen zur Verhütung Hormon-haltige intrauterine Systeme („Spiralen“), erhöhen sie damit ihr Brustkrebsrisiko leicht. Diesen Zusammenhang fanden Wissenschaftler des dänischen Krebsinstituts heraus, veröffentlicht in einem Brief an das „JAMA Network“JAMA Network: "Research Letter: Breast Cancer in Users of Levonorgestrel-Releasing Intrauterine Systems", Stand: 10/2024 .
Sie hatten anhand von dänischen Registerdaten 78.595 neue Nutzerinnen von Levonorgestrel-haltigen Spiralen (LNG-IUS) mit ebenso vielen Frauen verglichen, die nicht hormonell verhüteten (78.595). Die Frauen waren im Studienzeitraum (2000–2019) zwischen 15 und 49 Jahre alt. Die Nachbeobachtung der Frauen endete im Dezember 2022 oder jeweils zu dem Zeitpunkt, an dem die Frauen an Krebs erkrankten, schwanger wurden, in die Wechseljahre kamen und eine hormonelle Therapie begannen, sie auswanderten oder verstarben.
Gut zu wissen: Welche Levonorgestrel-haltigen Spiralen gibt es in Deutschland?
In Deutschland können Frauen – die eine Levonorgestrel-haltige Spirale nutzen möchten – in Absprache mit ihrer Gynäkologin zwischen verschiedenen Präparaten wählen. Sie enthalten unterschiedlich viel LNG im Depot und können entsprechend unterschiedlich lang getragen werden:
- Mirena® und Levosert® mit 52 mg LNG: Anwendung bis zu acht bzw. sechs Jahre
- Kyleena® mit 19,5 mg LNG: Anwendung bis zu fünf Jahre
- Jaydess® mit 13,5 mg LNG: Anwendung bis zu drei Jahre.
40 Prozent höheres Brustkrebsrisiko als Nichtanwenderinnen
Im Mittel konnten die Wissenschaftler jede Frau 6,8 Jahre nachbeobachten. In dieser Zeit erkrankten 1.617 Frauen an Brustkrebs (Mammakarzinom), wobei Frauen mit Levonorgestrel-haltigen Spiralen ein erhöhtes Risiko aufwiesen – und zwar um 40 Prozent (Hazard Ratio (HR) = 1,4 [95-%-Konfidenzintervall = 1,2 bis 1,5] – als Frauen ohne hormonelle Verhütung.
Das in der Studie festgestellte Risiko einer kurzzeitigen Anwendung einer Levonorgestrel-haltigen Spirale sei dabei ähnlich hoch (HR = 1,21) wie in einer früheren Studie.
Dabei scheint auf den ersten Blick die Dauer der Anwendung der Hormon-haltigen Spirale die Höhe des Krebsrisikos zu beeinflussen.
Brustkrebsrisiko nicht signifikant abhängig von Anwendungsdauer
Frauen, die die Spirale null bis fünf Jahre trugen, hatten ein 30 Prozent höheres Brustkrebsrisiko als Frauen, die auf eine hormonelle Kontrazeption verzichteten (HR = 1,3, 95-%-KI = 1,1 bis 1,5). Es erkrankten von 10.000 Nutzerinnen 14 mehr an Brustkrebs verglichen mit Nichtnutzerinnen.
Frauen, die die Spirale zwischen fünf und zehn Jahre anwendeten, erhöhten verglichen mit Nichtnutzerinnen ihr Risiko an Brustkrebs zu erkranken um 40 Prozent (HR = 1,4, 95-%-KI = 1,1 bis 1,7). Von 10.000 Frauen erhielten verglichen mit Nichtnutzerinnen 29 mehr eine Brustkrebsdiagnose.
Frauen, die zehn bis 15 Jahre eine Levonorgestrel-haltige Spirale trugen, hatten ein um 80 Prozent höheres Brustkrebsrisiko als Frauen ohne hormonelle Verhütung (HR = 1,8, 95%-KI = 1,2 bis 1,6). Von 10.000 Frauen erkrankten verglichen mit Nichtnutzerinnen 71 mehr an Brustkrebs.
Den Ergebnissen zufolge scheint das Brustkrebsrisiko mit der Anwendungsdauer zuzunehmen, allerdings war dieser Trend nicht statistisch signifikant, das bedeutet, er könne auch durch Zufall erklärbar sein.
Was bedeuten die Ergebnisse nun?
Wissenschaftler haben gegenüber dem Science Media Center die Studie eingeordnet. Prof. Amy Berrington de Gonzalez, Institut für Krebsforschung in London, betont die hochwertigen Registerdaten und die große eingeschlossene Population. Sie bestätigt, dass die Ergebnisse mit früheren Arbeiten übereinstimmten, die ein leicht erhöhtes Brustkrebsrisiko für Frauen, die hormonelle Kontrazeptiva nutzen, gezeigt hätten. Das werde nun auch für Levonorgestrel-haltige Spiralen festgestellt.
Allerdings hält sie das Risiko für gering – für junge Frauen wahrscheinlich noch kleiner, da sie ein geringeres Risiko für Brustkrebs hätten –, und sie betont die Vorteile dieser Verhütungsmethode.
Dr. Channa Jayasena, Reproduktionsendokrinologe am Imperial College London, hingegen überraschen die Ergebnisse: Da Spiralen Levonorgestrel direkt in die Gebärmutter freisetzen, hätte er mit einem geringeren Risiko gerechnet als bei anderen hormonellen Verhütungsmitteln. Allerdings erinnert er auch daran, dass Rauchen, Alkohol und Fettleibigkeit das Brustkrebsrisiko stärker beeinflussten als eine hormonelle Verhütung.
Dr. Mangesh Thorat – Chirurg für Brustchirurgie am Universitätskrankenhaus Homerton, Queen Mary Universität London – hält, wie auch Prof. Amy Berrington de Gonzalez, das Risiko für Brustkrebs bei jüngeren Anwenderinnen für geringer. Er rät, dass Frauen ab 40 Jahren sich mit ihrem behandelnden Arzt über nichthormonelle Methoden der Verhütung beraten. Quelle:
- https://jamanetwork.com/journals/jama/article-abstract/2825059