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Schwangerschaft: Bettruhe günstig für fetales Wachstum?

Schwangere liegt in Seitenlage auf Bett und schläft
Ist das Ungeborene zu klein, könnte Bettruhe das Wachstum verbessern. | Bild: leszekglasner / AdobeStock

Während der Schwangerschaft kann es vorkommen, dass das Gewicht des Fötus schwankt oder nicht gleichmäßig und altersgerecht ansteigt. Um dies im Verlauf zu überprüfen, werden mittels Ultraschall bestimmte Parameter überprüft, die eine Einschätzung über Größe und Gewicht ermöglichen. 

Diese Werte werden im Mutterpass in eine Grafik eingetragen, die in vorgefertigte Perzentilen bzw. Wachstumskurven eingeteilt ist. Sie orientiert sich an durchschnittlichen Körpergrößen von Feten in einer bestimmten Schwangerschaftswoche. Fällt die ermittelte Größe unter die 10. Perzentile (niedrige Kurve), spricht man von SGA-Feten (SGA – Small for Gestastional Age).

Könnte Bettruhe Wachstum des Ungeborenen beeinflussen?

Da frühere Beobachtungsstudien und eine randomisierte Studie gegenteilige Ergebnisse, bezogen auf den Einfluss von Bettruhe der Schwangeren auf das fetale Wachstum, aufgezeigt hatten, wurde eine erneute Untersuchung durchgeführt. 

Derzeit werden Feten, deren Gewicht unter der 10. Perzentile liegt, regelmäßiger überwacht, um die zeitgerechte Entwicklung zu überprüfen und den Geburtszeitpunkt ggf. anzupassen. Die Ergebnisse der aktuellen Studie, welche von 2005 bis 2021 durchgeführt wurde, wurden im Mai 2024 im „American Journal of Obstetrics & Gynecology“ veröffentlicht.

Fetales Wachstum: Studie untersucht den Einfluss von Bettruhe der Mutter

In der retrospektiven Studie der Universität von Detroit wurde der Einfluss von Bettruhe der Mutter auf das fetale Wachstum unter die Lupe genommen. 

Die Untersuchung erfolgte an 265 Schwangeren in der Interventionsgruppe, die sich durchschnittlich in der 31. Schwangerschaftswoche befanden. Die Feten zeigten zu einem früheren Zeitpunkt in der Schwangerschaft bereits eine Körpergröße, welche über der 10. Perzentile lag. Im Verlauf wurde dann eine Absenkung unter diese Kurve beobachtet.

Ab diesem Moment wurde den Schwangeren für 14 Tage Bettruhe während des Tages verordnet. Sie sollten ausschließlich auf der linken Seite liegen und nach einer Stunde für 5 bis 10 Minuten aufstehen, sich strecken, ein Stück gehen und sich um individuelle Bedürfnisse kümmern. Danach war wieder Ruhe angesagt. 

Das Liegen auf der linken Seite steht in Zusammenhang mit einer besseren Blutversorgung des Fötus sowie einer normalen Herzleistung der Frau, da kein Druck auf die untere Hohlvene (Vena cava) ausgeübt wird. Nach diesen zwei Wochen wurde die Größe des Fötus erneut mittels Ultraschall überprüft.

Als Vergleich dienten zwei Kontrollgruppen mit Schwangeren aus Texas (37 Frauen) und Colorado (111 Frauen). Diesen wurde keine gezielte Bettruhe nach Feststellung des niedrigen Gewichts empfohlen.

Signifikanter Wachstumsanstieg durch Bettruhe

In den Kontrollgruppen erreichten nach 14 Tagen lediglich 12 % bzw. 19 % der Feten ein Gewicht, welches über der 10. Perzentile lag. In der Interventionsgruppe waren es stattdessen 75 % (199 von 265 Frauen). 

Durchschnittlich erhöhte sich der Wert von 6.8 auf 18.0. Ähnliche Veränderungen konnten auch im Bereich des Bauch- und Kopfumfangs sowie bei der Länge des Oberschenkelknochens festgestellt werden. Das Ergebnis stellt eine signifikante Verbesserung im Vergleich zu den Kontrollgruppen dar.

Gut zu wissen: Wann wird Schwangeren Bettruhe empfohlen?

  • Zerebrovaskuläre Ereignisse (z. B. Schlaganfall): absolute Bettruhe
  • Präeklampsie: Daten uneindeutig, Nutzen konnte nicht nachgewiesen werden, wird aber in der Praxis häufig angeraten.
  • drohende Fehlgeburt: Daten uneindeutig. In der S2k-Leitlinie „Prävention und Therapie der Frühgeburt“ von 2022 wird Bettruhe aufgrund ungenügender Datenlage nicht mehr primär empfohlen, da das Risiko für die Entstehung einer Thrombose, Muskelatrophie sowie Osteoporose erhöht ist. Das Nutzen-Risiko-Verhältnis muss individuell eingeschätzt werden. Generell gilt: besser Schonung als strikte Bettruhe, immer mit kleineren Bewegungsintervallen
  • Vorfall der Fruchtblase in den geöffneten Muttermund: Einzelfallentscheidung
  • Plazentablutungen: Einzelfallentscheidung

Ergebnis dient als Anregung für weitere Untersuchungen

Nach Einschätzung der Forscher ist das Ergebnis sehr positiv und soll aus deren Sicht als „hypothesengenerierend“ angesehen werden. Empfohlen werden weitere randomisierte Studien, um die Ergebnisse zu überprüfen bzw. zu untermauern. 

Auch der Einfluss der individuellen Ruhedauer der Schwangeren sollte in die Betrachtung besser mit einbezogen werden. Außerdem könnte ein längerer Beobachtungszeitraum von mehr als 14 Tagen angestrebt werden. Literatur:
https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Beguenstigt-Bettruhe-der-Mutter-doch-das-fetale-Wachstum-449961.html
https://www.ajog.org/article/S0002-9378(24)00530-1/fulltext
https://register.awmf.org/assets/guidelines/015-025l_S2k_Praevention-Therapie-Fruehgeburt_2022-09.pdf