Arthrose: Mit Ernährung Symptome lindern
Die Verschleißerkrankung Arthrose gehört zu den häufigsten Gelenkerkrankungen weltweit. Die Diätassistentin Kristin Quaas beschäftigt sich in ihrem beruflichen Alltag täglich mit den Themen Ernährungsberatung und Therapie.
Sie verrät im Interview, welche Ursachen es für Arthrose gibt, welche Empfehlungen sie den Patienten ausspricht und was sie selbst tut, um die Symptome ihrer beginnenden Kniearthrose zu verbessern.
Liebe Kristin, vielen Dank, dass du heute deine Erfahrungen mit uns teilst. Kannst du uns kurz einen Einblick in deine tägliche Arbeit geben?
Danke für die Einladung! Ich bin ausgebildete Diätassistentin und seit über neun Jahren, aktuell als stellvertretende Leiterin des Ernährungsteams, am Uniklinikum in Leipzig tätig.
Mein Alltag umfasst alle Bereiche der Ernährungstherapie, derzeit vor allem bei onkologischen Patienten. Die Beratung kann man häufig nicht auf eine einzelne Sache beschränken, denn die Patienten wollen ganzheitlich wissen, was sie im Alltag tun können. Da kommen natürlich ganz viele verschiedene Themen auf. Vorwiegend arbeite ich im stationären Bereich, betreue aber auch eine ambulante Sprechstunde.
Inwieweit spielt das Thema Arthrose in deinem beruflichen Alltag eine Rolle?
Arthrose tritt häufig als Begleitsymptom anderer Erkrankungen auf. Bei ungefähr 40–50 % der stationären geriatrischen Patienten stellt sie eine häufige Nebendiagnose dar.
Weiterhin hat die Uniklinik eine große Adipositas-Sprechstunde, da ist Arthrose natürlich ein primäres Thema. Aber auch die vielen orthopädischen Patienten, die bereits in Therapie sind und nun wissen wollen, was sie tun können, um nicht noch ein Gelenk künstlich ersetzen zu müssen, kommen in die Sprechstunde.
Es geht bei deiner Arbeit also immer um eine Kombination aus Prävention und Therapie einer bestehenden Erkrankung?
Definitiv. Innerhalb der Adipositas-Ambulanz werden auch ehemalige Leistungssportler betreut, die nach ihrer Karriere Probleme mit dem Gewichtsmanagement bekommen.
Durch den Leistungssport haben sie häufig zusätzlich einen Gelenkverschleiß. Meist wird während der Therapie erst klar, dass Veränderungen im Lebensstil und der Ernährung auch für die Arthrose gut sein können. Das ist vielen gar nicht bewusst.
Ursachen einer Arthrose
Was sind deiner Erfahrung nach die häufigsten Ursachen für eine Arthrose und welche Gelenke sind besonders betroffen?
Die drei klassischen Ursachen sind das Gewicht, Traumata sowie das Alter. Weiterhin kann eine angeborene Fehlstellung Einfluss nehmen, welche Knie und Hüfte zusätzlich belastet. Beispiele sind O- und X-Beine.
Typisch sind die Gonarthrose, also Arthrose im Kniegelenk, die Arthrose in der Hüfte oder, was derzeit immer mehr zunimmt, im Daumengrundgelenk, z. B. durch starke Handynutzung.
Schultergelenke sind eher berufsbedingt betroffen. Heute wird im Zusammenhang mit Arbeitsschutzmaßnahmen besonders protektiv gearbeitet, um die Gelenke lange zu schützen.
Arthrose: Tipps zur Prävention und Symptomlinderung
Was empfiehlst du Arthrose-Patienten als Erstes, wenn sie in deine Sprechstunde kommen?
Zuerst schaue ich: Wie ist das Gewicht? Das kann auch bei Patienten ohne Adipositas mit hoher Muskelmasse wichtig sein. Das Gewichtsmanagement steht immer im Vordergrund.
Außerdem erkundige ich mich nach der Bewegung im Alltag. Als problematisch gelten falsche und zu viel Bewegung. Low-Impact-Sportarten wie Schwimmen oder Fahrradfahren sollten High-Impact-Sportarten vorgezogen werden.
Ein Negativ-Beispiel ist das Joggen auf Asphalt, was mit häufigem Abstoppen und Stauchen verbunden ist. Auch Krafttraining mit hohen Gewichten spielt eine Rolle. Wichtig ist aber, dass eine Bewegung im Gelenk beibehalten wird, dabei aber passende Sportarten ausgewählt werden.
Welche konkreten Ernährungsempfehlungen sprichst du aus?
Ich empfehle wie auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung einen Speiseplan aus 2/3 pflanzlichen und 1/3 tierischen Lebensmitteln. Das kann man auf jede Mahlzeit beziehen.
Der Fleischkonsum sollte reduziert werden, da das rote Fleisch, insbesondere vom Schwein, den Knorpelabbau befördert. Ich arbeite häufig mit einer Liste, auf der ich zusammen mit dem Patienten Lebensmittel farbig markiere, die gerne gegessen werden können. So fällt die Integration in den Alltag leichter und kommt ohne Verbote aus. Generell ist eine antientzündliche Ernährung anzustreben.
Kann man mit Ernährung eine Entzündung im Körper beeinflussen und welche Lebensmittel sind hierzu sinnvoll?
Ja, die Daten dazu gibt es. Es muss allerdings eine langfristige Umstellung erfolgen, um einen merklichen Effekt zu erzielen.
Ich empfehle drei Portionen Gemüse und zwei Portionen Obst pro Tag. Dabei gilt die eigene Hand als Maß für die Portionsgröße. Durch die sekundären Pflanzenstoffe hat man so eine zusätzliche antientzündliche Komponente ergänzt.
Dabei gilt: So unverarbeitet wie möglich verzehren, also auch Rohkost integrieren. Die Verfügbarkeit der sekundären Pflanzenstoffe ist dann viel besser, da viele Vertreter wasserlöslich oder hitzelabil sind.
Mein Tipp: Lauchgewächse wie Knoblauch oder Zwiebel sind super, sie dürfen auch gerne täglich verzehrt werden.
Du bist ja leider auch aufgrund einer Sportverletzung in der Jugend von beginnender Arthrose im Knie betroffen. Welche Maßnahmen hast du für dich im Alltag integriert?
Ich versuche im Alltag weiterhin Sport zu machen, um Bewegungseinschränkungen vorzubeugen. Fahrradfahren und Yoga gehören dazu.
Außerdem trinke ich seit einigen Jahren eine abgewandelte Form der Goldenen Milch, welche ihren Ursprung im Ayurveda hat. Sie enthält viel Curcuma, ein antientzündliches Gewürz.
Curcuma wird bei einigen entzündlichen Erkrankungen bereits in den Leitlinien empfohlen und gilt als sicheres Nahrungsergänzungsmittel. Curcuma hat einen positiven Effekt bezogen auf die Schmerzlinderung und Beweglichkeit.
Patienten mit Leber- oder Nierenerkrankungen sollten sich aufgrund des Wechselwirkungspotenzials vor der Einnahme ärztlich beraten lassen.
Arthrose und Ernährung: Beratungstipps für PTA
Was kannst du PTA für die Beratung von Arthrose-Patienten mitgeben?
Wichtig ist, mit dem Patienten zu überprüfen, ob alle Bereiche der Therapie bedacht werden. Das beinhaltet eine ärztliche, physiotherapeutische und ernährungsspezifische Betreuung, denn es gibt keine alleinige Therapie.
Außerdem sollten Präparate unbekannten Ursprungs und mit unklaren Wirkversprechen, insbesondere aus dem Internet, gemieden werden. Viele Zusammensetzungen sind kritisch zu sehen.
Nahrungsergänzungsmittel mit Omega-3-Fettsäuren sind nur nötig, wenn der Bedarf über die Ernährung nicht gedeckt werden kann und um das Verhältnis von Omega 3 zu Omega 6 zu optimieren. Hochwertige Öle wie Lein-, Oliven- oder Rapsöl eignen sich als natürliche Quellen für den Alltag.
Weiterhin empfehle ich eine jährliche Blutkontrolle der Calcium- und Vitamin-D-Spiegel. Bei einem Mangel sollte auch hier substituiert werden, da dieser im Alter bei der Entstehung einer Osteoarthritis eine Rolle spielen kann. Vor allem Frauen sind davon betroffen.
Gibt es noch etwas, das du unseren Lesern mitteilen möchtest?
Wichtig ist mir zu sagen, dass der Ernährungsberater-Begriff nicht geschützt ist. In diesem Zusammenhang sollte man beim Lesen von Artikeln im Netz oder in der Zeitung überprüfen, welchen Ursprung die Information hat.
Sobald ein einzelnes Produkt stark beworben wird, wäre ich immer sehr skeptisch, denn eine sinnvolle Ernährungsberatung sollte immer produktneutral erfolgen.
Liebe Kristin, vielen Dank für das informative Interview!
Über Kristin Quaas:
Stellvertretende Leiterin Ernährungsteam/Ernährungsambulanz
Staatl. geprüfte Diätassistentin
Zusatzqualifikation „Adipositastherapie/VDD“
Universitätsklinikum Leipzig