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Brustkrebs: Bisphos­phonate können Prognose verbessern

Ärztin untersucht die Brust einer jungen Frau per Ultraschall
Mit rund 70.000 Neuerkrankungen jährlich ist Brustkrebs (Mammakarzinom) die mit Abstand häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Vorsorge und Früherkennung sind die wichtigsten Parameter im Kampf gegen den Krebs. | Bild: dikushin / AdobeStock

Im Juli dieses Jahres ist der Beschluss des G-BA aus dem April in Kraft getreten: Vier Bisphosphonate dürfen – mit Zustimmung der pharmazeutischen Unternehmer – außerhalb ihrer Zulassung, also „Off-Label“, bei Brustkrebspatientinnen als „Add-on“ zur herkömmlichen Therapie auf Kassenrezept verordnet werden. 

Zoledronat, Ibandronat, Clodronat und Pamidronat sollen bei betroffenen Frauen für signifikant weniger Rezidive und Fernmetastasen sorgen sowie zur Verbesserung des Gesamtüberlebens führen. 

Die Bewertung gilt – bisher – ausschließlich für Brustkrebs (Mammakarzinom) im Frühstadium bei Frauen, die sich in der letzten Phase der Wechseljahre (postmenopausal) befinden und bei denen das Tumorwachstum hormonabhängig ist.

Zur Erinnerung: Was sind Bisphosphonate? 

Wirkstoffe: 

Endung „-dronat“ oder „-dronsäure“  

Beispiele: Alendronat, Clodronat, Etidronat, Ibandronat, Pamidronat, Risedronat und Zoledronat

Wirkmechanismus: 

Bisphosphonate (BPP) hemmen die Osteoklastenaktivität und reduzieren so den Knochenabbau (Osteoklasten = knochenabbauende Zellen, die an Umbauprozessen beteiligt sind).

BPP werden zur Vorbeugung und Therapie der Osteoporose und als zusätzliche Therapie bei Krebserkrankungen eingesetzt, bei der sie gegen Knochenmetastasen und tumorinduzierte Hyperkalzämie wirksam sind.

Dosierung (oral oder i.v.): 

Je nach Wirkstoff und Wirkstärke, Indikation, individueller Patientensituation und Applikationsart ist die Dosierung sehr unterschiedlich: von 1-mal täglich bis 1-mal jährlich.

Gängig in der Apotheke: Rezeptbelieferung für eine orale Einnahme 1-mal wöchentlich gegen Osteoporose (z. B. Alendronsäure, Risedronsäure)

Besonderheiten:

  • schlechte Resorption aus dem Darm + Komplexbildung mit Nahrungsbestandteilen → sehr schlechte orale Bioverfügbarkeit
  • Einnahmevorschriften genau einhalten! Morgens, nüchtern, mindestens 30 Minuten vor dem Frühstück mit einem großen Glas Wasser einnehmen, nicht noch einmal hinlegen (Schleimhautreizung der Speiseröhre). Achtung: Magensaftresistente Tabletten (z. B. bei einem Risedronat-Präparat) immer zum Essen einnehmen → Fachinformation bei der Abgabe beachten.
  • Bisphosphonate werden im Knochen eingelagert und gespeichert. Die Halbwertszeit im Skelett beträgt einige Jahre.

Mögliche UAWs: 

  • grippeähnliche Symptome
  • Nierenfunktionsstörungen
  • Magen-Darm-Störungen
  • Kiefernekrosen (selten, aber unter Bisphosphonat-Therapie besonders bei Metastasen (Dosierung höher) → regelmäßige Zahn- und Kieferkontrollen sollten erfolgen)

Bisphosphonate schützen die Knochen

Bisphosphonate wirken osteoprotektiv. Das bedeutet: Sie schützen den Knochen und reduzieren die Anzahl skelettaler Ereignisse wie Knochenschmerzen und Knochenbrüche. Mit steigendem Alter und damit sinkendem Östrogenspiegel steigt das Risiko für Osteoporose. 

Frauen mit Brustkrebs (Mammakarzinom) haben zusätzlich häufig eine verringerte Knochendichte, die sich sowohl durch Chemotherapie als auch durch eine endokrine Therapie mit z. B. Aromatasehemmern wie Letrozol noch verschlechtert.

Bisphosphonate im Frühstadium bei Brustkrebs

Der Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) stützt sich auf die Bewertung der Expertengruppe Off-Label vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Gegenstand der Untersuchung war der Einfluss von Bisphosphonaten auf die Prognose von Patientinnen mit Hormonrezeptor(HR)-positivem, postmenopausalem Mammakarzinom. 

Dabei lag der Fokus weder allein auf der Knochendichte noch auf der Behandlung von Knochenmetastasen durch Bisphosphonate, sondern richtete sich auf die adjuvante Therapie. Was bedeutet das?

In niedrigeren Dosierungen, als sie bei Metastasen im Knochen zum Einsatz kommen, können Bisphosphonate zusätzlich zur Haupttherapie (Chemotherapie, Hormontherapie, OP, Bestrahlung) im nichtmetastasierenden Frühstadium die Gesamtüberlebenschance der Frau positiv beeinflussen. Rezidive und Fernmetastasen treten weniger wahrscheinlich auf als ohne BPP-Therapie.  

Zu diesem Schluss kam die Expertengruppe durch Betrachtung von zwei Metaanalysen und zehn randomisierten, kontrollierten Studien (RCTs). Einbezogen wurden knochengerichtete Zielparameter, wie Knochendichte, Inzidenz und Ereigniszeiten für Frakturen und das Auftreten von sklelettbezogenen Ereignissen, aber auch tumorgerichtete Zielparameter wie Mortalität, das Auftreten von Rezidiven unter adjuvanter Chemo- oder endokriner Therapie.

Brustkrebs: Welche Bisphosphonate dürfen verordnet werden?

Die Empfehlung für den adjuvanten Therapieeinsatz schließt nur die vier oben genannten Bisphosphonate ein – wobei in Deutschland kein Pamidronat für den oralen Einsatz zur Verfügung steht. Für Alendron- und Risedronsäure gibt ein derzeit keine Bewertung. Auch der potente, osteoprotektive monoklonale Antikörper Denosumab war nicht Gegenstand der Untersuchung.  

Wichtig: Der Beschluss nennt ausdrücklich Dosierangaben und pharmazeutische Unternehmer (pU), die ihr Einverständnis zum Off-Label-Use, also der Anwendung außerhalb der Zulassung, dieser Bisphosphonate gegeben haben.  

Die pU sind:  

  • docpharm GmbH
  • Esteve Pharmaceuticals GmbH
  • HIKMA Farmacêutica (Portugal) S.A./Hikma Pharma GmbH
  • Juta Pharma GmbH
  • medac Gesellschaft für klinische Spezialpräparate m.b.H.
  • onkovis GmbH
  • ratiopharm GmbH
  • Teva B.V.
  • Vipharm GmbH

Mit den Dosierungen und Applikationsarten:

  • Clodronat p.o. 1.600 mg/d
  • Zoledronat i.v. 4 mg/6 m
  • Ibandronat p.o. 50 mg/d
  • Pamidronat p.o. (in oraler Form in Deutschland nicht verfügbar)

Quellen:
- https://www.bfarm.de/SharedDocs/Downloads/DE/Arzneimittel/Zulassung/BereitsZugelAM/offlabel/Bewertungen/2-Bisphosphonat-Therapie_Mammakarzinom.pdf?__blob=publicationFile#:~:text=Eine%20Zulassung%20beim%20Mammakarzinom%20der,der%20Bisphosphonate%20bei%20postmenopausalen%20Frauen.
- https://www.g-ba.de/downloads/39-261-6564/2024-04-18_AM-RL-VI_Bisphosphonate_Mamma-Ca_BAnz.pdf
- https://register.awmf.org/assets/guidelines/032-045OLk_S3_Mammakarzinom_2021-07_1.pdf
- https://www.aerztezeitung.de/Wirtschaft/Brustkrebs-im-Fruehstadium-G-BA-erlaubt-Off-Label-Use-von-Bisphosphonaten-451323.html?searchtoken=dWtywUoek5UW2fumZIGNmiDvSys%3d&starthit=2