Glatirameracetat: Warnung vor anaphylaktischen Reaktionen
0,3 Prozent der MS-Patienten berichten über anaphylaktische Reaktionen unter Glatirameracetat 40 mg/ml (gelegentliche Nebenwirkung: ≥ 1/1.000, <1/100), bei 20 mg/ml Glatirameracetat tritt die unerwünschte Arzneimittelwirkung „selten“ (≥ 1/10.000, <1/1.000) aufFachinfo Glatirameracetat AbZ 40 mg/ml Injektionslösung in einer Fertigspritze, Stand Februar 2024 .
Interessant ist, dass diese anaphylaktischen Reaktionen auch plötzlich Patienten treffen können, die das MS-Arzneimittel zuvor monate- oder jahrelang problemlos angewendet haben. Darüber informieren gemeinsam in einem Rote-Hand-Brief die Zulassungsinhaber Glatirameracetat-haltiger Arzneimittel sowie das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) seit dem 19. August 2024.
Gut zu wissen: Glatirameracetat für Menschen mit schubförmiger MS
Glatirameracetat (Copaxone® und Generika) ist zugelassen für Patienten mit schubförmiger Multipler Sklerose (MS). Patienten können das NBCD (non-biological complex Drug) entweder mit 20 mg einmal täglich subkutan (in Bauch, Arme, Hüfte oder Oberschenkel) injizieren oder sich für eine dreimal wöchentliche Injektion mit 40 mg entscheiden.
Glatirameroide zählen zur Wirksamkeitskategorie 1 der MS-Arzneimittel. Das heißt: In Studien konnten MS-Patienten verglichen mit Placebo ihre Schubrate um 30 bis 50 Prozent reduzieren.
Bei allergischer Reaktion: Therapieabbruch und ärztliche Notfallhilfe
Die anaphylaktischen Reaktionen traten „kurz nach Verabreichung“ des Arzneimittels auf. Teilweise sind der „Roten Hand“ zufolge auch Patienten an der schweren allergischen Reaktion verstorben.
Wichtig: Beim Auftreten einer anaphylaktischen Reaktion muss die Behandlung mit Glatirameracetat abgebrochen und unverzüglich ärztliche Notfallhilfe in Anspruch genommen werden.
Post-Injektionsreaktionen und Anaphylaxie können zusammen auftreten
Innerhalb von Minuten nach der Injektion sind sogenannte Post-Injektionsreaktionen möglich, die nach kurzer Dauer wieder verschwinden. Dazu zählen
- Gefäßerweiterung (Flush),
- Brustschmerzen,
- Dyspnoe (Atemnot oder Kurzatmigkeit),
- Herzklopfen oder
- Tachykardie (zu schneller Herzschlag).
Allerdings könnten sich Post-Injektionsreaktionen mit Anzeichen bzw. Symptomen einer tatsächlichen Anaphylaxie „überschneiden“, was möglicherweise die Identifizierung der anaphylaktischen Reaktion verzögere, heißt es im Rote-Hand-Brief.
Das ist nach Ansicht der Zulassungsinhaber und Arzneimittelbehörden insofern von besonderer Bedeutung, da MS-Patienten Glatirameracetat in der Regel zu Hause selbst anwenden und nicht im ärztlichen Umfeld.
Aus diesem Grund sollten MS-Patienten unter Glatirameracetat und deren betreuende Personen die Anzeichen und Symptome von anaphylaktischen Reaktionen kennen und wissen, dass sie im Notfall sofort ärztliche Hilfe holen sollen. Darüber sollten PTA und Approbierte ihre Glatirameracetat-Patienten bei Abgabe von Copaxone®, Clift® & Co. informieren.
Produktinformationen werden um Warnhinweise aktualisiert
Die Produktinformationen aller glatirameracetathaltigen Arzneimittel werden mit neuen Hinweisen zum Risiko von anaphylaktischen Reaktionen, einschließlich solcher anaphylaktischer Reaktionen, die erst Monate bis Jahre nach Beginn der Behandlung auftreten, und den neuen zu ergreifenden Maßnahmen aktualisiert.