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Bei Nebennierenrindeninsuffizienz: Prednisolon besser auf Hydrocortison umstellen?

Verpackung von Prednisolon AL Tabletten; im Hintergrund liegt ein Tablettenblister
Erholt sich die Funktion der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse besser unter Einnahme von Hydrocortison statt unter Prednisolon? | Bild: Ralf / AdobeStock

Glucocorticoide wirken antientzündlich und sind daher bei entzündlichen Erkrankungen teils sehr wertvolle Arzneimittel. Gerade bei längerer systemischer Gabe – ab 5 mg Prednisolon (oder äquivalente Dosen eines anderen Glucocorticoids) täglich über mindestens vier Wochen – können Glucocorticoide jedoch die Nebennierenrindenfunktion und damit die körpereigene Cortisonproduktion unterdrücken. Folglich kann es zu einer Nebennierenrindeninsuffizienz kommen.

Aufgrund von Studiendaten schätzen Wissenschaftler, dass bei jedem zweiten, der orale Glucocorticoide einnimmt, das Risiko für eine Nebennierenrindensuppression besteht. Aus diesem Grund – und natürlich aufgrund der Nebenwirkungen von Cortikoiden wie z. B. Osteoporose, Immunsuppression, Stammfettsucht – versuchen Ärzte und Patienten, Glucocorticoide auszuschleichen und abzusetzen, sobald sie das entzündliche Geschehen kontrolliert haben. Doch wie gelingt das am besten?

Zur Erinnerung: Update zu Nebennieren

Die Nebennieren sitzen den Nieren polförmig auf. Sie bestehen funktionell aus zwei Teilen:

  • Nebennierenmark: Dort bildet der Körper Adrenalin und Noradrenalin.
  • Nebennierenrinde: Hier stellt der Körper Cortisol und Aldosteron (Mineralcorticoid) her.

Die Ausschüttung von Cortisol folgt einem Regelkreis und auf einen ersten Stimulus aus dem Hypothalamus: Das dort freigesetzte CRH – Corticotropin Releasing Hormone – führt in der Hypophyse (Adenohypophyse, Hypophysenvorderlappen) zunächst zur Ausschüttung von Corticotropin (Adrenocorticotropes Hormon, ACTH). Bindet ACTH an seinen Rezeptor in der Nebennierenrinde, regt dies dort die Bildung von Glucocorticoiden an.

Prednisolon: Umstellung auf Hydrocortison?

Wissenschaftler aus Sheffield im Vereinigten Königreich (UK) untersuchten in einer retrospektiven Studie„The Journal of Clincial Endocrinology & Metabolism“: „A Retrospective Study on Weaning Glucocorticoids and Recovery of the Hypothalamic–Pituitary–Adrenal Axis“ , ob es für Prednisolonpatienten vorteilhaft sein könnte, sie vor dem Ausschleichen auf Hydrocortison umzustellen. 

Prednisolon bindet stärker an den Glucocorticoid-Rezeptor als Hydrokortison. Zudem ist auch die Plasmahalbwertszeit von Prednisolon mit 120 bis 360 Minuten deutlich länger als von Hydrocortison (90 Minuten). Deswegen genügt bei Prednisolon in der Regel eine einmal tägliche Einnahme, während sich die Dosen von Hydrocortison auf zwei bis drei Einnahmen täglich verteilen. 

Die Idee ist, dass Hydrocortison die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse vielleicht weniger kontinuierlich unterdrückt und es ihr so leichter macht, sich zu erholen.

Wie gut erholt sich die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse?

Die Wissenschaftler untersuchten 206 Prednisolonpatienten (Rheumapatienten) auf eine Nebennierenrindeninsuffizienz: 176 dieser Patienten erhielten weiterhin Prednisolon, während 30 von ihnen auf Hydrocortison umgestellt wurden. 

Die Wissenschaftler verglichen sodann Patienten, die 4 bis 5 mg Prednisolon pro Tag einnahmen, mit Patienten, die auf 20 mg pro Tag Hydrocortison umgestellt worden waren. 

Wurde Prednisolon ausgeschlichen – nachdem die Patienten einen ACTH-Stimulationstest bestanden hatten –, so geschah dies mit einer Reduktion von 1 mg alle drei bis vier Wochen.

Gut zu wissen: Was ist ein ACTH-Stimulationstest

Ein ACTH-Stimulationstest wird zur Überprüfung der Funktion der Nebennierenrinde durchgeführt. Dabei wird den Patienten Blut abgenommen und anschließend wird ihnen 250 µg ACTH (Adrenocorticotropin) intravenös verabreicht. 

Nach etwa 30 Minuten wird erneut Blut abgenommen und der Cortisolgehalt in beiden Blutproben bestimmt. 

Bei gesunden Menschen ist ein Anstieg des Cortisolgehalts im Blut erkennbar. Der Grund dafür ist, dass ACTH die Bildung von Cortisol in der Nebennierenrinde stimuliert. 

Bei einer Unterfunktion der Nebennierenrinde kommt es hingegen nur zu einem geringen oder keinem Cortisolanstieg im Blut.

Die Wissenschaftler interessierten sich vor allem dafür, wie gut sich die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse erholte, was sie mittels ACTH-Stimulationstest ermittelten.

Kein Vorteil für Hydrocortison gegenüber Prednisolon

Von den Prednisolonpatienten konnten 137 von 176 (77,8 Prozent) ausgeschlichen werden. Die Wissenschaftler kommen daher zu dem Schluss, dass sich bei Patienten mit glucocorticoidinduzierter Nebennierenrindeninsuffizienz, die einmal täglich Prednisolon erhalten, die Funktion der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse nach dem Absetzen erholt. 

Verglichen die Wissenschaftler Patienten mit 4 bis 5 mg Prednisolon mit Patienten mit 20 mg Hydrocortison, stellten sie jedoch keinen Vorteil beim Ausschleichen zugunsten von Hydrocortison fest. Im Gegenteil: Die Funktion der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse erholte sich bei 7 von 10 Prednisolonpatienten (70 Prozent) und nur bei 2 von 13 Hydrocortisonpatienten (15 Prozent). 

Folglich konnten die Wissenschaftler „keinen offensichtlichen Vorteil“ hinsichtlich der Erholung der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse durch die Umstellung auf Hydrocortison feststellen.